Der Ball rollt – zur großen Freude all derer, die Fußball mögen, mein Ding ist es nicht unbedingt. Ich – und auch all die anderen, die Fußball nicht mögen – dürfen sich dann auf eine wunderbare Serie „oller Kamellen“ im Fernsehen freuen – ich weiß gar nicht, woher die alten Schätzchen alle kommen. Aber was soll es, meine Mitleidensgenossen und ich werden es überstehen (müssen). Ab 10.07.2016 läuft der Ball dann wieder „normal“.
Zu dem gestrigen Auftakt der Fußball-EM passt dann ganz gut das LG Düsseldorf, Urt. v. 19.04.2016 – 6 O 226/15, über das ja auch schon an anderer Stelle berichtet worden ist. Es geht um den Unterlassungsanspruch der Qatar Football Association gegen Dr. Theo Zwanziger, der früher Mitglied des Exekutivkomitees der FIFA gewesen ist. Der hatte in einem Interview mit dem Hessischen Rundfunk am 02.06.2005 geäußert:„Ich habe immer klar gesagt, dass Katar ein Krebsgeschwür des Weltfußballs ist.“
Die Qatar Football Association hat Unterlassung verlangen. Das LG hat das abgelehnt. Begründung: Die Aussage sei durch die in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährte allgemeine Meinungsfreiheit gerechtfertigt. Die Gründe der umfangreichen Entscheidung sind in der PM des LG ganz schön zusammen gefasst. Da heißt es:
Die 6. Zivilkammer des Landgerichts urteilte, dass die Bezeichnung „Krebsgeschwür“ eine Beleidigung im Sinne von § 185 StGB sei. Die Aussage „Krebsgeschwür“ sei ein Werturteil, das der Qatar Football Association Eigenschaften zuspreche, die in höchstem Maße negativ und schädlich seien. Es sei massiv herabwürdigend, weil die Qatar Football Association damit den Status einer tödlichen Krankheit erhalte, die mit aller Macht zu bekämpfen sei. „Krebsgeschwür“ stehe für einen bösartigen Tumor, der sich im menschlichen Körper ausbreite und schlimmstenfalls zum Tode führe.
Die Qatar Football Association kann jedoch nicht Unterlassung der beleidigenden Äußerung, Katar sei ein „Krebsgeschwür des Weltfußballs“ verlangen. Denn die Aussage sei, so das Gericht, durch die grundrechtlich geschützte Freiheit der Meinungsäußerung in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz gerechtfertigt. Dr. Theo Zwanziger habe die Aussage in Wahrnehmung des berechtigten Interesses getätigt, die öffentliche Debatte über die Vergabe der Fußball-WM nach Katar anzuregen und die Vergabeentscheidung zu kritisieren. Entgegen der Auffassung der Klägerin spreche nichts dafür, dass Dr. Theo Zwanziger das Interview inszeniert habe, um von eigenem Fehlverhalten abzulenken. Der Vergleich der Klägerin mit einem Krebsgeschwür übersteige (noch) nicht die Grenze der Erforderlichkeit und Angemessenheit und sei keine Schmähkritik. Es habe nicht die öffentliche Diffamierung der Qatar Football Association, sondern die Rechtmäßigkeit und Überprüfung der Vergabeentscheidung für die Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar im Vordergrund gestanden. Wer Kritik an öffentlichen Missständen übe, sei nicht auf das mildeste Mittel zur Verdeutlichung seines Standpunktes beschränkt. Im Hinblick auf die sportliche, wirtschaftliche und politische Bedeutung des Austragungsorts einer Fußballweltmeisterschaft sei der Zweck der Äußerung, die Augen der Öffentlichkeit kritisch auf die Arbeitsweise und Entscheidungsfindung der FIFA zu lenken, höher anzusetzen, als der Ehrenschutz der Qatar Football Association.“
Die Sache wird dann wahrscheinlich in Karlsruhe entschieden werden.