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Der Rechtsassessor im Strafvollzug

Nein, es geht nicht um den Rechtsassessor als Insasse einer JVA, sondern um den Rechtsassessor, der für einen Rechtsanwalt in Untervollmacht strafrechtliche Mandate wahrnimmt. Der Rechtassessor ist ehemaliger Rechtsanwalt, der seine Zulassung verloren hat. Er ist bei einem Rechtsanwalt tätig, der ihm regelmäßig Untervollmacht in strafrechtlichen Mandaten erteilt, auf Grund derer der Rechtsassessor Gefangene in der JVA aufsuchte. Die JVA sah ihn nicht als Verteidiger an und behandelte seine Besuche als reguläre Gefangenenbesuche. Das hat beim OLG Celle „gehalten“.

In OLG Celle, Beschl. v. 10.05.2011 1 Ws 170/11 (StrVollz) heißt es dazu:

Ein Rechtsassessor, der in Untervollmacht für einen Rechtsanwalt strafrechtliche Mandate wahrnimmt, kann eine Verletzung eigenen Rechts i.S.d. § 109 Abs. 2 StVollzG nicht geltend machen, wenn die Justizvollzugsanstalt ihm die für einen Verteidiger bestehenden Besuchsprivilegien verwehrt, solange er nicht in einer konkreten Strafsache mit gerichtlicher Genehmigung nach § 138 Abs. 2 S. 1 StPO zum Verteidiger gewählt worden ist.“

iPad in der JVA – Diskussion

Im Forum bei „Heymanns Strafrecht“ ist in den vergangenen Tagen die Frage diskutiert worden: Darf ich mein iPad mit in die JVA nehmen“, und zwar mit folgendem Ausgangsposting:

Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen,

jetzt muss ich mich mal mit einem kleinen (bzw. für mich grossen) Problem an das Forum wenden:

Schon seit längerem habe ich meine Akten, insbesondere die Ermittlungsakten nur noch in digitaler Form. Für Gerichtsverhandlungen und JVA-Besuche verwendete ich zunächst ein Netbook, später dann ein ipad. Das war

bislang auch problemlos möglich ( ja, selbst in Bayern), bis es vor ein paar Wochen plötzlich hieß : keine ipads mehr, damit könne man ja schließlich ins Internet. Ich habe mich dann schriftlich bei der Anstaltsleitung beschwert, ausführlich darauf hingewiesen, dass ich ja mitgedacht hätte und extra ein ipad ohne UMTS-Karte gekauft hätte sodass ich nur dann ins Internet könne wenn im Anstaltsbereich ein ungesichertes W-lan Netz wäre, wovon wohl kaum ausgegangen werden könne. Im übrigen sei ich ja auch gerne bereit, anwaltlich zu versichern keinesfalls gar nie nicht zu versuchen, in der Anstalt ins Internet zu gehen, was man mir als Organ der Rechtspflege doch bitteschön glauben möge. Ach, und das ipad könne man gerne auf seine UMTS-Fähigkeit überprüfe.

Heute flatterte mir dann ein Brief der Anstaltsleitungins Haus der neben dem üblichen Bla Bla und der Bitte um Verständnis die Kernaussage enthielt Mit dem ipad kann man grundsätzlich ins Internet, wie auch immer, ein entsprechender Kontrollaufwand wäre viel zu gross um alles zu überprüfen deshalb bleibt es dabei – kein ipad. 👿

Deshalb jetzt meine Frage, was kann man eigentlich gegen die „Entscheidung“ machen, gibt es da einen Rechtsweg, wenn ja welchen ? Ich wollte eigentlich künftig nicht wieder zu einer umfangreichen Papiersammlung zurückkehren….

Ich hoffe auf hilfreiche Antworten und verbleibe…..“

Ich stelle die Frage dann auch hier mal zur Diskussion. Nicht wegen des Rechtsweges, sondern wegen der Frage: Darf das iPad mit rein?

Wir haben bei „Heymanns Strafrecht“ eifrig diskutiert.

In der JVA spielt man nicht, schon gar nicht mit Nintendo

Ist der Besitz eines Nintendo-Spielgerätes in der JVA erlaubt?

Das OLG Celle sagt im Beschl. v. 13.10.2010 – 1 Ws 488/10 StrVollz: Nein. Denn der Besitz eines Strafgefangenen an dem Spielgerät „Nintendo DS Lite“ stelle eine Gefahr für die Sicherheit der Anstalt im Sinne von § 67 Abs. 1 Satz 2 NJVollzG (entspricht § 70 Abs. 2 Nr. 2 StVollzG) dar, weil dadurch eine unkontrollierte Datenübertragung ermöglicht werde, die weder technisch noch durch Kontrollmaßnahmen hinreichend sicher verhindert werden kann, ohne das Gerät zu zerstören.

Also: Andere Weihnachtsgeschenke in die JVA schicken :-).

Auch das gibt es: Handeltreiben mit Betäubungsmitteln durch eine JVA-Bedienstete unter Einsatz ihrer weiblichen Reize

Ein interessanter Sachverhalt lag der hier nachlesbaren Entscheidung des OLG München v. 28.6.2010 – 5 St RR (I) 34/10 zugrunde.: Versuchter BtM-Handel in einer JVA und/unter Einsatz weiblicher Reize der JVA-Angestellten.

Die Entscheidung führt dann zu etwa folgenden Leitsätzen:

  1. Wer den Vertrieb von Betäubungsmitteln in einer Justizvollzugsanstalt in der Weise plant, dass er als dort Beschäftigter einem Strafgefangenen von ihm eingeschmuggelte Betäubungsmittel in beliebiger Menge sowie ein Mobiltelefon zur Verfügung stellen und an dem von dem Gefangenen erzielten Verkaufsgewinn hälftig partizipieren will, hat – wenn dies alles nur noch von der Zustimmung des Gefangenen abhängt – nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestands des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unmittelbar angesetzt, da er Handlungen vorgenommen hat, die nach seiner Vorstellung im Falle des ungestörten Fortgangs ohne Zwischenakte unmittelbar in die Tatbestandserfüllung hätten einmünden können.
  2. Ein Strafgefangener in einer Justizvollzugsanstalt steht zu einer dort beschäftigten Sozialarbeiterin mit „Schlüsselgewalt“, die u.a. auch Deutschkurse und andere Werkprojekte leitet, in einem Unterordnungsverhältnis und ist ihr i.S. von § 174a Abs. 1 StGB „anvertraut“.
  3. Ergibt eine Gesamtschau, dass intime Kontakte bis zum Geschlechtsverkehr nicht auf einer Liebesbeziehung beruhen, sondern Teil der geplanten Vertriebskonzeption von Betäubungsmitteln sind, stellen sie einen sexuellen Missbrauch von Gefangenen dar.
  4. War der Gefangene mit den sexuellen Handlungen einverstanden, bedarf die Verhängung kurzfristiger Freiheitsstrafen für die Fälle des sexuellen Missbrauchs einer besonderen Begründung.

Neues (?) aus Hamm zur menschenunwürdigen Unterbringung…………

Keine Entschädigung wegen menschenunwürdiger Haftsituation in der Justizvollzugsanstalt Detmold

Der 11. Zivilsenat des OLG Hamm hat am 29.09.2010 die Klagen zweier Strafgefangener abgewiesen, die von dem beklagten Land eine Entschädigung wegen menschenunwürdiger Unterbringung in der Justizvollzugsanstalt Detmold verlangt hatten ( I-11 U 88/08 und I-11 U 367/09).  In der PM heißt es:

Die klagenden Gefangen waren jeweils mehrere Monate in Gemeinschaftshafträumen untergebracht. In einem Fall standen vier Gefangenen eine Fläche von knapp 18 m² und eine nicht abgeschlossene Toilette zur Verfügung, in dem anderen Fall mussten sich zwei Inhaftierte einen Haftraum von 9 m² teilen, die Toilette war durch eine Schamwand abgetrennt. Der 11. Zivilsenat des OLG hat einen Entschädigungsanspruch dieser Gefangenen nun verneint. Eine gemeinsame Unterbringung mehrerer Gefangener in einem Haftraum sei menschenunwürdig, wenn die Grundfläche des Haftraums pro Gefangenem 5 m² unterschreite oder wenn sich in dem Haftraum eine Toilette ohne ausreichenden Sicht-, Geruchs- und Geräuschschutz befinde. Eine derartige Unterbringung verstoße gegen die im Justizvollzug bestehende Kardinalpflicht, Häftlinge menschenwürdig zu behandeln. Soweit diese Unterbringung nicht nur kurzfristig erfolge, begründe dies eine schuldhafte und entschädigungspflichtige Amtspflichtverletzung, wenn der Häftling keine Möglichkeit habe, dieser Art der Unterbringung zu entgehen. Es sei nicht erforderlich, dass psychische oder körperliche Gesundheitsschäden eingetreten seien, weil andernfalls die erhebliche Rechtsverletzung sanktionslos bliebe und so der Schutz der Menschenwürde und des Persönlichkeitsrechts verkümmern würde.

Den klagenden Strafgefangen stehe aber keine Entschädigung zu, weil ihnen seinerzeit geeignete Haftplätze in anderen Anstalten angeboten worden waren und sie sich in Kenntnis dieser Angebote schriftlich mit der nun beanstandeten Unterbringung einverstanden erklärt und auch im weiteren Verlauf keine Verlegung mehr verlangt hatten.

Zu der Problematik vgl. auch hier, hier und hier.

Urteile vom 29.09.2010, Az.: I-11 U 88/08 und I-11 U 367/09

PM vom 29.09.2010