wenn er eine Richterin, die einen Polizeibeamten wegen des Einsatzes von Pfefferspray verurteilt hat, vor der Vorlage des schriftlichen begründeten Urteils anschreibt und „abmahnt“ (wenn man es denn so bezeichnen will)?
Offenbar gar nichts, denn sonst würde der Innenminister des Landes Schleswig-Holstein Schlie die Kollegin nicht angeschrieben und gleich dann auch noch durch Veröffentlichung des Schreibens bei den Polizeibeamten des Landes an den Pranger gestellt haben. Zu dem Thema ist ja schon im Lawblog gepostet worden (vgl. hier „Minsterin bietet Richterin „Nachhilfe„) oder beim Kollegen Nebgen. Beide haben schön herausgearbeitet, worum es gehen kann, nämlich um die richterliche Unabhängigkeit.
Dem ist nichts hinzuzufügen, außer: Ein wenig beruhigt hat mich die Reaktion des Kollegen Justizminister aus Schleswig-Holstein, der sich in seinem Schreiben dann doch mit recht deutlichen – öffentlich gemachten – Worten vor die Kollegin und die Richter des Landes gestellt hat. Wann liest man schon mal in der Politik „aus mehreren Gründen unangebracht„, oder unter: „5. Schließlich bitte ich bei Ihrem künftigen Umgang mit den schleswig-holsteinischen Gerichten…“ oder „Das ist schlicht nicht hinnehmbar.“ Alles in allem ein deutlicher Rüffel für den IM Schlie.
Was ich mich frage:
- Wo sind denn eigentlich die juristischen (und auch politischen) Berater des IM gewesen, als man das Schreiben erwogen hat. Normalerweise gibt es die in jedem Ministerium (oder ist Schleswig-Holstein so pleite, dass man sich die nicht mehr leistet bzw. leisten kann?). Die hätten sicherlich von der Absendung des Schreibens abgeraten. Oder haben Sie abgeraten und der IM hat allein entschieden?
- Und wenn ich mir die politische Vita des IM ansehe (hier auf Wikipedia – wenn es denn richtig ist -).
- „Schlie trat als Schüler 1971 in die Junge Union und 1972 auch in die CDU ein. Seit 1999 ist er Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Herzogtum Lauenburg. Von 1978 bis 2005 gehörte er dem Kreistag des Kreises Herzogtum Lauenburg und von 1986 bis 1990 der Ratsversammlung der Stadt Mölln an.
- Von 1996 bis zur Niederlegung seines Mandates am 27. April 2005 war er Mitglied des Landtages von Schleswig-Holstein. Hier war er von 2000 bis 2005 stellvertretender Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion. Außerdem war er von 1997 bis 2000 stellvertretender Vorsitzender des Sonderausschusses „Verfassungsreform“. Im Jahr 2000 zog er über die Landesliste in den Landtag ein, bei der Landtagswahl 2005 wurde er mit 46,9 % der Erststimmen im Wahlkreis Lauenburg-Mitte direkt gewählt.
- Am 27. April 2005 wurde Schlie Staatssekretär für Verwaltungsmodernisierung und Entbürokratisierung im Finanzministerium. Am 27. Oktober 2009 folgte die Ernennung zum Innenminister.“
dann fragt man sich dann doch: „stellvertretender Vorsitzender des Sonderausschusses „Verfassungsreform“? Hat man da nicht vielleicht den Bock zum Gärtner gemacht?
Der jungen Kollegin (Proberichterin!!) kann man nur wünschen, dass Sie trotz dieses Schreibens den Spaß am Beruf behält.