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Einziehung von unversteuerten/“illegalen“ Zigaretten, oder: Wie hoch ist der Gegenstandswert?

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Die zweite Entscheidung, der  OLG Frankfurt, Beschl. v. 09.02.2022 – 2 Ws 33/21 – hat seinen Ausgangspunkt in einem Verfahren wegen Steuerhehlerei an illegal produzierten und unversteuerten Zigaretten. In dem gegen den ehemaligen Angeklagten geführten Strafverfahren wegen Tabaksteuerhinterziehung wurde in der Anklageschrift auch angeführt, dass die in dem Verfahren sichergestellten Zigarettenherstellungsmaschinen, Tabak, Zigaretten, Verpackungs- und Herstellungsmaterialien gemäß § 375 Abs. 2 Nr. 1 AO der Einziehung unterliegen. Der Angeklagte ist dann frei gesprochen worden.

Der Verteidiger des Angeklagten hat angekündigt, die Festsetzung einer Verfahrensgebühr nach Nr. 4142 VV RVG beantragen zu wollen. Er hat die Festsetzung des Gegenstandswertes seiner anwaltlichen Tätigkeit in Bezug auf die Einziehung beantragt. Das LG hat den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit auf 2.733.829,12 EUR, dem Betrag der dem ehemaligen Angeklagten in der Anklageschrift vorgeworfenen hinterzogenen Tabaksteuer, festgesetzt. Auf die Beschwerde der Bezirksrevisorin hat das LG den Gegenstandswert dann gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG auf 5.000,00 EUR fest.

Hiergegen wendet sich der Rechtsanwalt mit seiner Beschwerde. Die hatte beim OLG keinen Erfolg. Das OLG hat sie als unbegründet angesehen und den Gegenstandswert in Höhe von 0 EUR festgesetzt.

„Die Beschwerde ist gemäß § 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft und auch im Übrigen zulässig; sie ist jedoch unbegründet und führt zu einer Wertfestsetzung in Höhe von 0 €.

Das Landgericht hat den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers in Bezug auf eine Einziehung rechtsfehlerhaft zu hoch, nämlich auf € 5.000,00, festgesetzt. Dies kann im Beschwerdeverfahren korrigiert werden, da das Verbot der reformatio in peius im Rahmen der Wertfestsetzung nach § 33 RVG nicht gilt.

Die Gebühr gemäß Nr.?4142 VV entsteht, wenn der Rechtsanwalt eine auf die Einziehung und verwandte Maßnahmen gerichtete Tätigkeit für den Beschuldigten ausübt (BGH, Beschluss vom 29. November 2018 – 3 StR 625/17; Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 25. Auflage 2021, RVG VV 4142 Rdn. 6) und sich dadurch für das – oft besonders wertvolle – Eigentum des Mandanten einsetzt (KG, Beschluss vom 30. Juni 2021 – 1 Ws 16/21). Sinn und Zweck der Einziehungsgebühr besteht darin, dem Rechtsanwalt eine besondere Vergütung für seinen Einsatz zu gewähren, der sich auf die Bewahrung des Eigentums des Mandanten bezieht, da die Anordnung einer Einziehungsmaßnahme eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung für den Beschuldigten haben kann (BT- Drucksache 15/1971 S. 228). In diesen Fällen gestaltet sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts häufig aufwendiger und umfangreicher (KG, Beschluss vom 18. Juli 2005 – 5 Ws 256/05). Erfasst werden von ihr sämtliche Tätigkeiten, die der Rechtsanwalt im Hinblick auf die Einziehung erbringt und die zumindest auch einen Bezug zur Einziehung haben. Nr. 4142 VV RVG setzt dabei keine gerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts voraus. Auch Besprechungen und Beratungen des Mandanten lösen die Gebühr aus, sofern die Tätigkeit nach Aktenlage geboten war (vgl. Burhoff, aaO, RVG VV 4142 Rdn. 10, 12). Allein der Umstand, dass im Fall der Verurteilung eine derartige Maßnahme gegebenenfalls in Betracht kommen könnte, reicht für die Entstehung der Gebühr dagegen nicht aus (KG, Beschluss vom 17. Juni 2008 – 1 Ws 123/08).

Vorliegend wurde in der Anklageschrift vom 06. September 2013 die Einziehung der in dem Verfahren sichergestellten Zigarettenherstellungsmaschinen, Tabak, Zigaretten, Verpackungs- und Herstellungsmaterialien gemäß § 375 Abs. 2 Nr. 1 AO beantragt. Der Beschwerdeführer trägt zudem vor, es sei im Laufe der Hauptverhandlung mehrfach über die Möglichkeit dieser Einziehung gesprochen worden und er habe den vormals Angeklagten hierzu entsprechend beraten.

Die Beratung des vormals Angeklagten hinsichtlich der Einziehung dieser Gegenstände kann zwar grundsätzlich eine Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG auslösen; diese Gegenstände haben jedoch – wie das Landgericht zutreffend erkannt hat – keinen Gegenstandswert. Maßgeblich für den Gegenstandswert ist nämlich der normativ zu bestimmende objektive Geldwert des Gegenstandes. Das subjektive Interesse des Täters ist unbeachtlich (Mayer in Gerold/Schmidt, aaO, § 2 RVG Rdn. 9). Gegenstände, denen die Rechtsordnung keinen messbaren Wert zuschreibt, fehlt ein derartiger Wert. Die illegal hergestellten und unversteuerten Zigaretten sind unter Beachtung der Rechtsordnung nicht handelsfähig. Sie unterliegen ebenso wie Betäubungsmittel der Einziehung und werden vernichtet. Damit hat ihr ggf. auf dem Schwarzmarkt erzielbarer Preis bei der Wertfestsetzung außer Betracht zu bleiben, da dieser allein das subjektive Interesse der beteiligten Straftäter am verbotenen Handel mit illegal produzierten und unversteuerten Zigaretten beziffert (vgl. Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 19. Januar 2010 – 2 Ws 79/09; LG Berlin, Beschluss vom 13. Oktober 2006 – 536 Qs 250/06, bestätigt durch Beschluss des KG, Beschluss vom 20. Dezember 2006 – 5 Ws 687/06). Der Wert der illegal produzierten und unversteuerten Zigaretten sowie des Feinschnitttabaks ist daher auf 0 € festzusetzen. Die Zigarettenfabrikationsanlage sowie die Verpackungs- und Herstellungsmaterialen sind aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses ebenfalls mit 0 € zu bewerten.

Sofern der Beschwerdeführer geltend macht, bei der Festsetzung des Wertes der anwaltlichen Tätigkeit in Bezug auf die Einziehung müsse zumindest ergänzend auf die in der Anklageschrift vorgeworfene verkürzte Steuer abgestellt werden, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar hat die Kammer im weiteren Verlauf des Ursprungsverfahrens – nach Abtrennung des Verfahrens und Freispruch des vormals Angeklagten B – hinsichtlich vormals Mitangeklagter zum Teil auch auf Einziehungsentscheidungen in Höhe der jeweils hinterzogenen Steuern erkannt, die vor dem BGH allerdings keinen Bestand hatten (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2019 – 1 StR 225/19). Der Beschwerdeführer hat jedoch nicht vorgetragen, dass eine derartige Einziehungsentscheidung auch bezüglich des Angeklagten B im Raume stand, ggf. sogar ein entsprechender richterlicher Hinweis nach § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO erteilt wurde, und Gegenstand seiner anwaltlichen Beratung war. Im Rahmen des im Kostenfestsetzungsverfahrens grundsätzlich geltenden Beibringungsgrundsatzes (Toussaint, Kostenrecht, 51. Auflage, § 11 RVG Rdn. 61; § 33 Rdn. 21) wäre daher zu erwarten gewesen, dass der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde eine dem Vergütungsanspruch zugrundeliegende Tätigkeit vorträgt. Dies ist vorliegend jedoch nicht erfolgt.

Das Verschlechterungsverbot steht der Aufhebung des Beschlusses vom 19. August 2019 und der Herabsetzung des durch das Landgericht festgesetzten Wertes nicht entgegen. ….. „