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Haft III: Sechs-Monats-Haftprüfung beim OLG II, oder: Wenn die Hauptverhandlung schon begonnen hat, …..

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Und dann zum Tagesschluss eine weitere Entscheidung aus dem Verfahren nach den §§ 121, 122 StPO. Hier sind die Akten ziemlich knapp vorgelegt worden, jedenfalls hatte die Hauptverhandlung schon begonnen. Dazu sagt das OLG Brandenburg im OLG Brandenburg, Beschl. v. 25.01.2024 – 2 Ws 5/24 – dann: Jetzt gibt es keine Entscheidung mehr:

„Eine Haftprüfungsentscheidung des Senats ist nicht veranlasst, weil der Fristablauf nach § 121 Abs. 3 Satz 1 und 2 StPO derzeit ruht und nach der gefestigten Rechtsprechung (vgl. KK-StPO/Gericke, 9. Aufl., § 121 Rn. 5 m. w. N.), der sich auch der Senat anschließt, die Prüfungskompetenz des Oberlandesgerichts im besonderen Haftprüfungsverfahren grundsätzlich mit dem Beginn der Hauptverhandlung in der anhängigen Sache endet. Der Senat teilt die Auffassung, dass ab diesem Zeitpunkt nach dem Sinn und Zweck der Regelungen der §§ 121, 122 StPO ein Bedürfnis, die Fortdauer der Untersuchungshaft durch das Oberlandesgericht im besonderen Haftprüfungsverfahren überwachen zu lassen, nicht mehr besteht (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 12. Juni 2020 – H 7 Ws 54/20, BeckRS 2020, 14088, Rn. 6 m. w. N.; OLG Bremen, Beschluss vom 28. Oktober 2020 – 1 Hes 2/20, BeckRS 2020, 36498 Rn. 7 m. w. N.; KK-StPO/Gericke, a. a. O.; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 121 Rn. 31 m. w. N.). Vielmehr obliegt es dem Tatgericht, während der Dauer der Hauptverhandlung im Rahmen des § 120 Abs. 1 StPO jederzeit von Amts wegen die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu prüfen (vgl. OLG Stuttgart, a. a. O., Rn. 11; OLG Bremen, a. a. O., Rn. 7).“

Haft II: Sechs-Monats-Haftprüfungsverfahren I, oder: Wer zu früh kommt……

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Dei zweite Entscheidung kommt aus dem Haftprüfungsverfahren beim OLG nach den §§ 121 ff. StPO.

In dem zugrunde liegenden Verfahren sind die Angeklagten jeweils am 09.08.2023 festgenommen worden und befinden sich seit diesem Tage ununterbrochen in Untersuchungshaft. Die Angeklagten befanden sich deshalb erst mit dem 10.02.2024 sechs Monate lang in Untersuchungshaft. Dennoch waren die Akten bereits im Dezember 2023 dem OLG zur Haftprüfung vorgelegt worden. Das OLG hat nicht in der Sache entschieden, sondern die Akten an die Strafkammer zurückgegeben.

Das das OLG Schleswig führt im OLG Schleswig, Beschl. v. 03.01.2024 – 1 Ws 44/23 H – aus:

„…

Die besondere Haftprüfung nach §§ 121, 122 StPO durch den Senat ist deshalb noch nicht zulässig.

1. Der zuständige gesetzliche Richter (Art. 101 Abs. 2 Satz 1 GG) für die weiteren gerichtlichen Entscheidungen über die Untersuchungshaft vor Erreichen der Grenze von sechs Monaten ist hier nach § 126 Abs. 2 StPO allein die Strafkammer. Der Senat könnte nur nach §§ 117 Abs. 2, 304 StPO als Beschwerdegericht tätig werden, Beschwerde ist aber nicht eingelegt.

Außer der Zuständigkeitsregelung liegt dieser Beurteilung der Befugnis des Senats zur besonderen Haftprüfung auch die Erwägung zugrunde, dass die Aufhebung der Untersuchungshaft mangels besonderer, ihre Fortdauer rechtfertigenden Umstände nach § 121 Abs. 1 StPO gegenüber den allgemeinen Haftvorschriften eine Ausnahmeregelung ist. Wenn die allgemeinen Haftvoraussetzungen vorliegen und die Untersuchungshaft weder unverhältnismäßig noch der Vollzug des Haftbefehls aussetzbar ist, darf das Gericht von der Untersuchungshaft nicht absehen. Eine Ermächtigung hierzu gewähren allein die §§ 121, 122 StPO (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Auflage, § 121 Rz. 27). Die Untersuchungshaft muss danach mindestens sechs Monate gedauert haben (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 26. Juli 1988 – HEs 40/88 –, Rn. 1 – 2, juris m. w. N.).

Wenn sich abzeichnet, dass die Untersuchungshaft voraussichtlich über sechs Monate lang dauern wird, ehe ein Urteil ergehen kann, so sind die Akten dem Oberlandesgericht nach §§ 121 Abs. 3 Satz 1, 122 Abs. 1 StPO vor Ablauf der 6-Monats-Frist vorzulegen (vgl. Nr. 56 Abs. 1 RiStBV). Das sollte trotz des Ruhens der Frist nach Vorlage gemäß § 121 Abs. 3 Satz 1 StPO so rechtzeitig geschehen, dass das Oberlandesgericht unter Einschluss der für die Anhörung nach § 122 Abs. 2 StPO benötigten Zeit unmittelbar vor sechsmonatiger Haftdauer entscheiden kann. Wenn diese Voraussetzung vorliegt, ist das Oberlandesgericht auch dann zur Haftprüfung befugt, wenn seine Entscheidung schon einige Tage vor Ablauf der 6-Monats-Frist ergehen kann, nicht aber schon Wochen vorher (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 26. Juli 1988 – HEs 40/88 –, Rn. 5, juris, Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Auflage, § 122 Rz. 14 m. w. N.).

Hier liegt dieser Zeitpunkt noch über einen Monat im voraus. Die Sache ist deshalb der vorlegenden Strafkammer zurückzugeben.

2. Darüber hinaus ist vorliegend die besondere Haftprüfung nach den Umständen des Einzelfalls weder veranlasst noch möglich. Denn es fehlt insoweit an einer konkret nachvollziehbaren Beurteilungsgrundlage für die Frage, ob das hier in Rede stehende Verfahren gemäß dem Beschleunigungsgebot in Haftsachen, insbesondere noch bis zum Vorlagezeitpunkt, aber auch mit Blick auf den nachfolgenden Haftprüfungstermin zum 9-Monats-Zeitpunkt (§ 122 Abs. 4 Satz 2 StPO) adäquat gefördert wird (vgl. zu den Beschleunigungsmöglichkeiten und -erfordernissen im Einzelnen KK-StPO/Gericke, 9. Aufl. 2023, StPO § 121 Rn. 20). Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Kammer hier derzeit noch den Beginn der Hauptverhandlung für den Fall der Eröffnung erst frühestens Anfang Mai 2024 erwägt. Für die Entscheidung des Oberlandesgerichts kommt es auf das Vorliegen der Verlängerungsvoraussetzungen (§ 121 Abs. 1 letzter Teilsatz StPO) zum Zeitpunkt des Fristablaufs an. Die tatsächlichen Umstände können sich bei — wie hier — sehr früher Vorlage bis dahin noch ändern (vgl. Gärtner in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl. 2019, § 122 Besondere Haftprüfung durch das Oberlandesgericht).

Dabei merkt der Senat an, dass unter dem Beschleunigungsaspekt regelmäßig auch die Vorbereitung von Eröffnungsentscheidungen, insbesondere aber die frühzeitige Abstimmung von Hauptverhandlungsterminen für den Fall der Eröffnung sowie ggf. Vorgespräche (§ 213 Abs. 2 StPO), insgesamt aber eine tragfähige und konkrete Perspektive zur Verfahrensplanung parallel zu laufenden Hauptverhandlungen zu erwarten sein dürften.“