Und als dritte Entscheidung stelle ich dann noch einen AG-Beschluss vor, und zwar zur Frage der Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen (vgl. dazu neulich auch das AG Schmallenberg, Urt. v. 12.10.2022 – 5 Ds 47/22 und dazu AG III: Wenn der Sachverständige befangen ist, oder: “Diener zweier Herren” geht nicht ).
Im AG Freiberg, Beschl. v. 23.11.2022 – 1 Ds 210 Ja 1296/20 – haben wir eine etwas andere Konstellation, aber es geht in dieselbe Richtung. Ergangen ist der Beschluss in einem Verfahren mit dem Vorwurf einer fahrlässigen Tötung, aufgrund von Behandlungsfehlern des behandelnden Arztes. Der Sachverständige, der nun als gerichtlicher Sachverständiger tätig werden sollte, hatte für die Eltern des Verstorbenen bereits im Ermittlungsverfahren Gutachten erstattet. Das geht so nicht, meint das AG:
„Der Sachverständige Dr. pp. hat für die Eltern des Verstorbenen zunächst das Gutachten vom 23.03,2019 und dann eine Stellungnahme vom 28.6.2019 erstellt. Auftraggeber war jeweils Herr Dr. pp. Dieser hat die Eltern des Verstorbenen im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren vertreten und sowohl durch seinen Sachvortrag als auch durch die Vorlage des vorgenannten Gutachtens erreicht, dass die staatanwaltschaftlichen Ermittlungen wieder aufgenommen wurden. Die Eltern haben zwischenzeitlich ihre Zulassung als Nebenkläger beantragt, inzwischen jedoch wieder zurückgezogen. Nichts destotrotz ergibt sich aus der Stellung von Dr. pp. im Ermittlungsverfahren die Besorgnis, dass dieser bei der Erstattung seines Gutachtens im Hauptverfahren nicht unbefangen sein wird. Denn mit dem schriftlichen Gutachten wollten die Eltern ersichtlich Behandlungsfehler der behandelnden Ärzte nachweisen. In dem privat erstatteten Gutachten hat Dr. pp. bereite Behandlungsfehler erkannt und sich insoweit festgelegt.
Auf Antrag der Verteidiger der beiden Angeklagten ist Dr. pp. daher wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen.
Zur morgigen Hauptverhandlung ist er abzuladen.“