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StPO III: Wirksames Einverständnis mit formloser Einziehung, oder: Einziehung beim sog. „Hawala-Banking“

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Und als dritte Entscheidung der LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 17.10.2024 – 12 Qs 33/24 – , der zu den Grenzen der Wirksamkeit des Einverständnisses mit der formlosen Einziehung im laufenden Ermittlungsverfahren Stellung nimmt.

In dem Fall hatte die Polizei nach einer Überprüfung des Beschuldigten aufgrund telefonisch eingeholter staatsanwaltschaftlicher Anordnung beim Beschuldigten vorgefundenes Bargeld in Höhe von insgesamt 142.295 EUR und dessen Mobiltelefone sicher gestellt. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth leitete dann gegen den Beschuldigten alsbald ein Ermittlungsverfahren wegen Geldwäsche ein.

Das AG hat die Beschlagnahme des Bargeldes gem. §§ 111b, 111j Abs. 1 Satz 1 StPO angeordnet. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beschuldigten, die Erfolg hatte:

„Die Beschwerde ist begründet.

1. Die Beschwerde ist zulässig erhoben. Allerdings verweist die Staatsanwaltschaft in ihrer Zuleitungsverfügung darauf, dass sich der Beschuldigte unwiderruflich mit der formlosen Einziehung des Bargeldes einverstanden erklärt habe. Wäre diese Erklärung wirksam, könnte sich der Beschuldigte mangels Rechtsschutzbedürfnisses nicht mit Erfolg gegen die Beschlagnahme beschweren. Das ist jedoch nicht der Fall.

Richtig ist, dass ein Beschuldigter bereits im Rahmen einer polizeilichen Vernehmung wirksam erklären kann, mit der formlosen Einziehung eines bei ihm sichergestellten Gegenstandes einverstanden zu sein. Diese Erklärung beinhaltet jedoch nicht den unwiderruflichen Verzicht auf Herausgabeansprüche (so noch BayObLG, Beschluss vom 08.07.1996 – 4 St RR 76/96, juris Rn. 8 ff.), sondern stellt lediglich eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung des Angeklagten – einen Antrag – an den Justizfiskus dar, diesem das Eigentum an dem sichergestellten Gegenstand zu übertragen, der vom Staat erst angenommen werden muss (BGH, Beschluss vom 11.12.2018 – 5 StR 198/18, juris Rn. 15 ff.).

a) Hier ist schon kein wirksamer Antrag abgegeben worden. Es liegt ein vom Beschuldigten unterschriebenes Sicherstellungsprotokoll vor, das mehrere, von der Polizeibeamtin … am Computer vorgenommene Einträge und Ankreuzungen enthält. Der mit „Einverständnis des Betroffenen mit“ überschriebene Block besteht aus fünf Zeilen, in denen einzelne Maßnahmen aufgeführt sind und die jeweils mit anzukreuzenden Kästchen mit „ja“ und „nein“ abschließen. Bei der Maßnahme „Sicherstellung“ ist ein „nein“, bei der Maßnahme „unwiderrufliches Einverständnis des Betroffenen mit der formlosen Einziehung“ ist ein „ja“ angekreuzt. Diese beiden Ankreuzungen sind in sich widersprüchlich, weil danach der Beschuldigte einerseits zum Ausdruck gebracht haben soll, dagegen zu sein, dass die Polizei das Geld vorläufig an sich nimmt (Sicherstellung nein), andererseits aber dafür zu sein, das Eigentum an dem Geld aufzugeben (Einziehung ja). In sich widersprüchliche, perplexe Erklärungen sind nichtig (vgl. nur HK-BGB/Schulze, 12. Aufl., § 133 Rn. 14; Jauernig/Mansel, BGB, 19. Aufl., § 133 Rn. 2).

Hielte man diesen Widerspruch im Wege der Auslegung gleichwohl für auflösbar, bliebe das Ergebnis gleich. Denn dann spräche alles dafür, die Bejahung der Einziehung als ein Versehen und damit nicht maßgeblich zu werten. In den weiteren polizeilichen Vermerken findet sich nämlich kein Widerhall eines Einziehungseinverständnisses und ein solcher wäre auch völlig lebensfremd. Nach Lage der Dinge und nach den zur Herkunft des Geldes vorgebrachten Erklärungen gäbe es für den Beschuldigten keinen nachvollziehbaren Grund, unmittelbar nach seiner Kontrolle einfach so auf 142.295 € zu verzichten. Beurteilte man, dies nur am Rande bemerkt, das polizeiliche Formular rein nach zivilrechtlichen Maßstäben, hielte die dortige Einziehungsregelung § 305c Abs. 1 BGB kaum stand.

Auf die vom Verteidiger namens des Beschuldigten erklärte Anfechtung seiner Willenserklärung (§§ 119, 123, 142 Abs. 1, § 143 BGB) kommt es aus Sicht der Kammer nach allem nicht mehr an.

b) Es fehlt auch eine Annahme vonseiten der Staatsanwaltschaft. In der Hauptverhandlung, in der sich der Angeklagte mit der formlosen Einziehung einverstanden erklärt, kann der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft eine korrespondierende Willenserklärung mit Wirkung für den Fiskus auch konkludent abgeben (BGH, Beschluss vom 11.12.2018 – 5 StR 198/18, juris Rn. 23 ff.). Die dort geltenden Maßstäbe sind auf den hiesigen Fall aber nicht übertragbar. Eine Hauptverhandlung findet statt, nachdem das Ermittlungsverfahren durchgeführt, auf dessen Grundlage eine Anklage erhoben und vom Gericht zugelassen wurde. Dann ist nach übereinstimmender Auffassung der Staatsanwaltschaft und des Gerichts eine tatsachenbasierte, überwiegende Verurteilungswahrscheinlichkeit gegeben, die es rechtfertigt, mit dem Einverständnis des Angeklagten einen in dessen Eigentum stehenden (Vermögens)Gegenstand endgültig in die staatliche Sphäre zu überführen. Anders hier: Das Ermittlungsverfahren befindet sich an seinem Anfang, die Verdachtslage ist derzeit eher dünn und der Angeklagte ist mit der Weggabe der erheblichen Geldsumme nicht einverstanden. Hinzu kommt, dass es nicht zu den gesetzlichen Aufgaben der Staatsanwaltschaft gehört, losgelöst von den Ergebnissen ihrer Ermittlungen, Einnahmen zu generieren. Es wäre rechtsstaatlich mehr als befremdlich, würde man der Staatsanwaltschaft unterstellen – und ihr Verhalten entsprechend auslegen –, sie wolle, gleichgültig wie der Fall liegt, den Fiskus einfach nur auf Kosten derer bereichern, derer sie habhaft wird.

Dies vorweg geschickt ist festzustellen, dass eine ausdrückliche Annahmeerklärung der Staatsanwaltschaft der Akte nicht zu entnehmen ist. Der Hinweis in der Beschwerdevorlage ist im Lichte der vorstehenden Ausführungen nicht als Annahme auszulegen, auch deshalb nicht, weil er nicht gegenüber dem Beschuldigten oder dessen Verteidiger abgegeben wurde (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB). Insgesamt dürfte im Stadium des noch laufenden Ermittlungsverfahrens für die Bejahung einer konkludenten Annahmeerklärung der Staatsanwaltschaft, wenn überhaupt, nur in besonderen Konstellationen ein Anwendungsfall zu finden sein – bei Bargeld in erheblicher Höhe jedenfalls nicht.

2. In der Sache hat die Beschwerde Erfolg, die Beschlagnahme war aufzuheben.

Die Beschlagnahme gem. § 111b StPO darf angeordnet werden, um Gegenstände für eine etwaige spätere Einziehung zu sichern. Es handelt sich dabei um eine vorläufige Maßnahme im Ermittlungsverfahren, weshalb deren Anordnungsvoraussetzungen deutlich geringer sind als diejenigen im späteren gerichtlichen Einziehungsverfahren. Es reicht der Anfangsverdacht einer Straftat sowie eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass eine Einziehung des zu beschlagnahmenden Gegenstandes erfolgen wird (BGH, Beschluss vom 12.07.2007 – StB 5/07, juris Rn. 5; Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, StPO, 67. Aufl., § 111b Rn. 5, 6). An letzterem fehlt es.

a) Es besteht zwar der auf Tatsachen gestützte Anfangsverdacht einer Straftat (§ 152 Abs. 2 StPO).

aa) Nach gegebenem Ermittlungsstand liegt ein von den Ermittlungsbehörden noch vertretbar bejahter (vgl. LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 27.05.2022 – 12 Qs 24/22, juris Rn. 20) Anfangsverdacht dahingehend vor, dass der Beschuldigte Geldgeschäfte in Form des sog. Hawala-Bankings betreibt und hierzu Bargeld von Kunden entgegennimmt und an sie auszahlt, was gem. § 63 Abs. 1 Nr. 4 ZAG strafbar wäre, weil der Beschuldigte offensichtlich über keine Erlaubnis nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ZAG und keine Registrierung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 ZAG verfügt.

bb) Der Anfangsverdacht für die im angegriffenen Beschluss genannte Geldwäsche gem. § 261 StGB ist demgegenüber nicht begründet. Dafür, dass die möglicherweise vom Beschuldigten im Rahmen des Hawala-Banking eingesammelten Gelder ihrerseits aus rechtswidrigen Taten stammen, fehlen Anhaltspunkte. Die schlichte Behauptung leichtfertiger Geldwäsche (§ 261 Abs. 6 StGB) ohne eine tatsächliche Stütze hierfür wäre nicht tragfähig, weil das Hawala-Banking auch, und wohl überwiegend, legalen Zwecken dienen kann (vgl. Eggers/van Cleve, NZWiSt 2020, 426, 427). Rechtlich stünde, nimmt man den ZAG-Verstoß als hier mögliche Straftat an, zudem § 261 Abs. 7 StGB einer Strafbarkeit wegen Geldwäsche nach Lage des Falls entgegen.

b) Auf dieser Grundlage besteht allerdings keine ausreichende Wahrscheinlichkeit, dass eine Einziehung des beschlagnahmten Geldes erfolgen kann.

aa) Sofern eine Strafbarkeit nach § 63 Abs. 1 Nr. 4 ZAG inmitten steht, sind die beim Beschuldigten sichergestellten mutmaßlichen Kundengelder des Hawala-Bankings als Tatobjekte i.S.d. § 74 Abs. 2 StGB zu werten (BGH, Beschluss vom 28.06.2022 – 3 StR 403/20, juris Rn. 38). Bei diesen kommt die Einziehung nur dann in Betracht, wenn eine in § 74 Abs. 2 StGB genannte sondergesetzliche Ermächtigung besteht, was im Fall des ZAG-Verstoßes gerade nicht der Fall ist (vgl. BGH, aaO, Rn. 40).

Für eine tatsächliche Differenzierung dahingehend, dass es sich bei einem Teil des beschlagnahmten Geldes um Provisionen für den Beschuldigten handeln könnte, die nach §§ 73, 73c StGB als Taterträge eingezogen werden könnten (vgl. BGH, aaO, Rn. 34), fehlt es an Indizien.

bb) Eine Einziehung des Geldes als Beziehungsgegenstand (§ 261 Abs. 10 StGB) oder nach den §§ 73 ff., §§ 74 ff. StGB scheidet aus, sofern man die Geldwäsche als hier mögliche Straftat ansähe. Denn für die fehlt es derzeit an einem greifbaren Anfangsverdacht.

cc) Aus diesem Grund ist auch nicht damit zu rechnen, dass eine erweiterte selbständige Einziehung (§ 76a Abs. 4 StGB) in Betracht kommen könnte. Nach dieser Norm kann Vermögen von letztlich unklarer Herkunft unabhängig vom Nachweis einer konkreten rechtswidrigen Tat und von einem subjektiven Verfahren eingezogen werden (vgl. Fischer, 71. Aufl., StGB, § 76a Rn. 9). Allerdings setzt die Vorschrift zumindest den Verdacht einer Katalogtat nach § 76a Abs. 4 Satz 3 StGB voraus. Zu diesen zählt zwar die Geldwäsche (§ 76a Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 Buchstabe f StGB), nicht jedoch die Straftat nach dem ZAG.“

Zwang II: Durchsuchung wegen Geldwäscheverdachts, oder: Nach wie vor: „doppelter Anfangsverdacht“?

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Und als zweite Zwangsmaßnahme kommt dann hier etwas zur Durchsuchung, und zwar der LG Saarbrücken, Beschl. v. 18.07.2024 – 13 Qs 19/24 – zur Durchsuchungsanordnung wegen des Vorwurfs der Geldwäsche.

Gegen den Beschuldigten wird ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche geführt. Am 24.08.2022 hatte eine Bank auffällige und ungewöhnliche Vorgänge auf dem Konto des Beschuldigten mit einer bestimmten der IBAN gemeldet. Dort gingen seit der Kontoeröffnung am 30.07.2022 und der Kündigung durch die Bank am 25.08.2022 eine Vielzahl von Überweisungsgutschriften von Privatpersonen ein, welche taggleich vom beschuldigten Kontoinhaber auf dessen Konto bei einem anderen Zahlungsdiensteanbieter sowie auf Konten anderer Privatpersonen weitertransferiert wurden. Auf dem Konto des Beschuldigten gingen im Zeitraum 16.03.2022 bis 15.10.2022 insgesamt Gutschriften in einer Höhe von 92.762,50 EUR ein, welche jeweils binnen weniger Minuten nach deren Eingang vollständig auf Konten bei  Kryptowährungsdienstleistern weitertransferiert wurden. Angesichts der Umstände, dass der Beschuldigte die Mittelherkunft gegenüber der Bank nicht erklären konnte, jedenfalls eine der überweisenden Privatpersonen ihrerseits wegen Betruges strafrechtlich in Erscheinung getreten war und sämtliche Geldeingänge auf seinem Konto zeitnah und vollständig vom Beschuldigten in den Bereich der Kryptowährung weitergeleitet wurden, hegten die Ermittlungsbehörden den Verdacht, dass die auf den Konten des Beschuldigten eingegangenen Gelder aus Straftaten stammten und der Beschuldigte dies wusste.

Nach ergebnisloser Überwachung der Telekommunikation des Beschuldigten im Zeitraum 22.03.2023 bis 31.05.2023 erließ das AG einen Beschluss, der die Durchsuchung der Wohnung und Geschäftsräume, Nebenräume, Garagen und PKWs des Beschuldigten sowie dessen Person anordnete. Der Beschluss wurde am 21.02.2024 vollzogen. Der Beschuldigte händigte sein Mobiltelefon, ein Smartphone Apple iPhone 14 pro max, freiwillig aus, welches sodann von den Beamten vor Ort sichergestellt wurde.

Mit Schriftsatz vom 23.02.2024 legte der Beschuldigte über seinen Verteidiger Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss und die Beschlagnahme sämtlicher Gegenstände ein und beantragte, den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss aufzuheben und die sichergestellten Gegenstände herauszugeben. Das LG hat die Beschwerde des Beschuldigten, soweit sie die Durchsuchungsanordnung selbst betrifft, als zulässig und begründet angesehen. es führt u.a. aus:

„2. Die im Übrigen zulässige Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung ist begründet. Die Voraussetzungen für den Erlass der Durchsuchungsanordnung nach §§ 102, 105 StPO lagen zum Zeitpunkts ihres Erlasses nicht vor.

Es bestand kein auf konkreten Tatsachen beruhender Verdacht einer Straftat nach § 261 Abs. 1 S. 1 StGB.

a) Mit der Garantie der Unverletzlichkeit der Wohnung durch Art. 13 Abs. 1 GG erfährt die räumliche Lebenssphäre des Einzelnen einen besonderen grundrechtlichen Schutz, in den mit einer Durchsuchung schwerwiegend eingegriffen wird. Zur Rechtfertigung dieses Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung zum Zwecke der Strafverfolgung ist daher der Verdacht erforderlich, dass eine Straftat begangen wurde. Dieser Anfangsverdacht muss auf konkreten Tatsachen beruhen; vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen reichen nicht aus. Ein Verstoß gegen diese Anforderungen liegt vor, wenn sich sachlich zureichende plausible Gründe für eine Durchsuchung nicht finden lassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.8.2014 – 2 BvR 969/14 m.w.N.).

Eine Wohnungsdurchsuchung wegen des Verdachts der Geldwäsche setzt zudem voraus, dass ein Anfangsverdacht nicht nur für die Geldwäschehandlung vorliegt, sondern auch für das Herrühren des Vermögensgegenstands aus einer Vortat gegeben ist (sog. „doppelter Anfangsverdacht“, vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.1.2020 – 2 BvR 2992/14). Dass eine Vortat begangen wurde, ist ein wesentliches Merkmal der Strafbarkeit der Geldwäsche. Erst die Vortat versieht das Geld oder den sonstigen Gegenstand, mit dem der Geldwäschetäter umgeht, mit dem Makel, der einer neutralen, sozialtypischen Handlung wie beispielsweise einer Geldzahlung das Unwerturteil der Strafbarkeit zuweist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. 7. 2006 – 2 BvR 950/05). Nicht ausreichend für die Annahme eines Anfangsverdachts ist es demnach, wenn keine über bloße Vermutungen hinausgehende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Vortat bestehen (BVerfG, Beschl. v. 19.4.2023 – 2 BvR 2180/20BKR 2023, 723).

Aus dem Umstand, dass der Wortlaut des § 261 Abs. 1 StGB in seiner seit dem 18. März 2021 geltenden Fassung – anders als zum Zeitpunkt der vorgenannten Entscheidung – keine bestimmte Katalogtat als Vortat mehr erfordert, sondern lediglich irgendeine rechtswidrige Vortat verlangt (sog. „all-crimes“-Modell), ergibt sich nach Auffassung der Kammer nichts Anderes. Mit dem Verzicht auf einen selektiven Vortatenkatalog sollte zwar die Beweisführung in Bezug auf die Vortat erleichtert werden (Herzog/El-Ghazi in Achenbach/Ransiek/Rönnau, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 6. Auflage 2024, Rn.109). Aus der Gesetzbegründung ergibt sich aber auch, dass insbesondere Feststellungen, die sich nur auf ein Fehlen von ausreichendem, legalem Einkommen beziehen, für die Konkretisierung einer Vortat nicht ausreichen sollen (BT-Drs. 19/24180, S. 29,30). Eine Beweiserleichterung gegenüber den allgemeinen Beweisgrundsätzen im Strafverfahren ist mit dem Wechsel zum „all-crimes“- Ansatz nicht verbunden (El-Ghazi in: Herzog, Geldwäschegesetz, 5. Auflage 2023, StGB § 261, Rn. 59).

Auch nach neuer Rechtslage ist es daher für die Einleitung von Ermittlungsmaßnahmen nicht ausreichend, wenn lediglich ungesicherte Anhaltspunkte dafür vorliegen, das betroffene Geld stamme aus irgendeiner Straftat (Hiéramente, jurisPR-StrafR 9/2021 Anm. zu BVerfG, Beschluss v. 03.03.2021 – 2 BvR 1746/18; a.A. LG Saarbrücken, Beschluss v. 04.08.1997 – 8 Qs 72/97 – zur alten Rechtslage). Für diese Ansicht spricht auch, dass die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer Zwangsmaßnahme durch den Ermittlungsrichter nur dann sinnvoll möglich ist, wenn die betreffende Vortat jedenfalls in ihren wesentlichen Konturen bekannt ist. Darüber hinaus wird die Begrenzungsfunktion einer Durchsuchungsanordnung aufgelöst, wenn in Ermangelung eines konkreten tatsachenbasierten Tatvorwurfs der äußere Rahmen einer Durchsuchung fehlt und damit eine grenzenlose Ausforschung des Adressaten ermöglicht wird (Anm. Neumann zu BVerfG, Beschl. v. 19.4.2023 – 2 BvR 2180/20).

Daher können auch nach neuem Recht die auf der Grundlage des Geldwäschegesetzes (GwG) erfolgten Meldungen alleine nicht ausreichen, um einen Anfangsverdacht einer Vortat der Geldwäsche zu begründen. Nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 GwG hat der Verpflichtete der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen bereits dann Meldung zu machen, wenn Tatsachen vorliegen, die darauf hindeuten, dass ein Vermögensgegenstand, der mit einer Geschäftsbeziehung, einem Maklergeschäft oder einer Transaktion im Zusammenhang steht, aus einer strafbaren Handlung stammt, die eine Vortat der Geldwäsche darstellen könnte. Hiermit ist allenfalls eine kursorische Prüfung verbunden, ob überhaupt eine Geldwäsche vorliegen kann (Erbs/Kohlhaas/Häberle, 251. EL März 2024, GwG § 43 Rn. 3; BVerfG, Beschluss v. 31.01.2020 – 2 BvR 2992/14). Eine Durchsuchung darf aber gerade nicht dazu dienen, diejenigen Tatsachen erst zu ermitteln, die zur Begründung eines Anfangsverdachts erforderlich sind (BVerfG, Beschl. v. 03.07. 2006 – 2 BvR 2030/04; Verfassungsgerichtshof des Saarlandes, Urteil. v. 21.06.2024 – Lv 3/23).

b) Ausweislich der Ermittlungsvermerke vom 10.10.2022, Bl. 333 d.A. und 07.06.2023, Bl 364 d.A., liegen über die in den Meldungen der Banken enthaltenen Informationen (unbekannte Mittelherkunft der eingezahlten Gelder; keine Einnahmen aus legaler Tätigkeit; Durchlaufcharakter des Kontos; Kontakt mit bereits gemeldeten Kunden) hinaus keine weiteren Anhaltspunkte vor, die auf eine Vortat hindeuten. Die Herkunft der Gelder bleibt daher letztlich ungeklärt. Es kann folglich auch nicht beurteilt werden, ob sie aus einer Straftat stammen oder die dem Beschuldigten zur Last gelegte Handlung eine Straftat möglicherweise erst vorbereiten soll oder sich gar als strafrechtlich neutral erweist. Aus der Verschleierungshandlung allein auf die Annahme einer bereits begangenen Straftat zu schließen, lässt in diesem Zusammenhang mögliches strafloses Alternativverhalten unberücksichtigt und widerspricht somit den oben dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Anfangsverdacht als Rechtfertigung eines Eingriffs in Art. 13 Abs. 1 GG. Dies gilt vorliegend umso mehr, nachdem die bereits durchgeführte Überwachung der Telekommunikation keinerlei weitere Hinweise auf mögliche Vortaten ergeben hat.“