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Tagessatzhöhe beim Hartz-4 Empfänger: 5 € sind genug, aber nicht noch weniger

Die Tagessatzhöhe bei einem Hartz-4-Empfänger spielt in der Praxis immer wieder eine Rolle und kann für den Angeklagten von existenzieller Bedeutung sein. Mit der Problematik hat sich vor kurzem das LG Köln in einem Urteil v. 07.10.2010 – 156 Ns 49/10 – auseinandergesetzt. Das LG Köln sagt:

„Die Höhe des Tagessatzes war gemäß § 40 StGB angesichts der am Rande des Existenzmininums liegenden Einkünfte des Angeklagten mit 5,- € festzusetzen. Grundsätzlich ist bei der Bestimmung des Tagessatzes nach § 40 Absatz 2 StGB vom Nettoeinkommen auszugehen, dass der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte. Zum Nettoeinkommen im Sinne des § 40 StGB zählen dabei alle Einkunftsarten, sowohl Arbeitslohn und Vermögenserträgnisse als auch Rentenleistungen, Versorgungsleistungen und Unterhaltsleistungen (OLG Köln NJW 1976, 636). Zu den Einkünften in diesem Sinn ist auch die Sozialhilfe zu rechnen, jedenfalls dann, wenn sie als Hilfe zum Lebensunterhalt durch laufende Leistungen erbracht wird (OLG Köln Ss 380/75), ebenso die nach dem SGB II zu erbringenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sowie der Kosten für Unterkunft und Heizung.

 Hier entfallen von den nach dem SGB II von der ARGE Oberberg-Radevormwald für den Angeklagten und seine Familie insgesamt gezahlten Leistungen in Höhe von 1.386,20 € monatlich auf den Angeklagten Leistungen in Höhe von 323,- € zur Sicherung des Lebensunterhalts inklusive Mehrbedarfs und 141,55 € an Kosten für Unterkunft und Heizung, insgesämt somit 464,55 €. Ein dreißigste! hiervon beträgt 15,48 €. …….

 Nach diesen Grundsätzen ist die Tagessatzhöhe hier unter erheblicher Absenkung des sich rechnerisch ergebenden 30tel des monatlichen Nettoeinkommens von 15,48 € mit 5,- € festzusetzen.

Ds LG hat sich auch mit der Frage auseinandergesetzt, ob nicht ggf. die Tagessatzhöhe noch niedriger festzusetzen ist, die Frage aber verneint, weil dann „die Wahrung der Strafe als ernsthaft fühlbares Übel nicht mehr gewährleistet wäre.“  An der Stelle finde ich die Argumentation leicht zynisch, wenn dem Angeklagten vorgehalten wird, dass er ja den in Hartz-4 enthaltenen Anteil für Kultur pp. zur Bezahlung der Strafe aufwenden könne.

Was an dem Urteil allerdings (auch) überrascht? Dass es angesichts der Vielzahl von Vorstrafen überhaupt noch eine Geldstrafe gegeben hat.

Insolvenzrecht meets Strafrecht… Die Insolvenzanfechtung der Zahlung einer Geldstrafe

Manchmal stößt man ja auf recht interessante Entscheidungen. So z.B. das Urt. des BGH v. 14.10.2010 – IX ZR 16/10. Dort hatte ein Gläubiger wenige Tage vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen die Zahlung einer gegen ihn zuvor verhängten Geldstrafe veranlasst. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor, trotz Kenntnis des bereits gestellten Insolvenzeröffnungsantrages, sofortige Zahlung der Geldstrafe verlangt und für den Weigerungsfall Zwangsmaßnahmen bis hin zur Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe in Aussicht gestellt. Der Insolvenzverwalter erklärte die Anfechtung der Zahlung. Seine Klage gegen die Justizkasse auf Rückzahlung hatte beim BGH Erfolg. Warum, kann man in der Entscheidung des BGH nachlesen.

Für den Schuldner stellt sich die Frage: Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe oder besteht wegen der erfolgten Zahlung ein Vollstreckungshindernis, für dessen Entfallen der Schuldner ja nicht verantwortlich ist.

Kommt das dicke Ende hinterher, oder: Haftet der (Steuer)Berater für Geldstrafen seines Mandanten?

Schaut man mal über den Tellerrrand, dann stellt man fest, dass das Strafrecht über seinen eigentlichen Bereich hinaus doch auch an manchen anderen Stellen eine Rolle spielt bzw. spielen kann.

So auch im Urt. des BGH v. 15. 4. 2010 – IX ZR 189/09. Dort hat der BGH entschieden, dass ein Steuerberater, der bei der Steuererklärung unrichtige Angaben gemacht hat, seinem Mandanten gegenüber verpflichtet sein kann, die gegen diesen verhängte Geldstrafe wegen vorsätzlicher Steuerhinterziehung als entstandenen Vermögensschaden zu ersetzen, wenn sich keine konkreten Feststellungen zur subjektiven Tatbestandsseite des Mandanten treffen ließen. Es gehöre zu den vertraglichen Pflichten eines Steuerberaters, seinen Mandanten vor der Begehung einer steuerlichen Straftat oder Ordnungswidrigkeit und deren Folgen zu schützen. Die gegen den Mandanten verhängte Geldstrafe sei nach dieser Entscheidung gem. § 249 BGB erstattungsfähig (ähnlich auch schon der BGH in früheren Entscheidungem für die leichtfertige Steuerhinterziehung).

Liest man die Entscheidung stellt sich dann doch die Frage: Der Mandant war wegen einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung verurteilt worden, im Zivilrecht wird aber demgegenüber ein Schadensersatzanspruch bejaht mit der Begründung, dass nicht von einem vorsätzlichen Verhalten ausgegangen werden dürfe, weil keine tatsächlichen Feststellungen hierzu getroffen worden seien. Ok, Bedingungswirkung gibt es nicht.

Im Übrigen aber dennoch: Auch für Verteidiger in der Beratung von Interesse. Sei es, dass man den Mandanten berät – dann für den „Angriff“ – sei es, dass man den Steuerberater berät – dann für die Abwehr- bzw. Folgenberatung.

BGH verbietet Aufrechnung des Staates gegen Entschädigungsanspruch des Strafgefangenen wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen

Die öffentlichen Kassen müssen wirklich leer sein. Sonst würde eine Justizverwaltung (hoffentlich) nicht auf die Idee gekommen sein, gegenüber dem Anspruch eines Strafgefangenen auf Geldentschädigung wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen mit einer Gegenforderung auf Erstattung offener Kosten des Strafverfahrens aufzurechnen. Das hat der BGH jetzt gestoppt. Die Aufrechnung sei der Justizverwaltung unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) grundsätzlich verwehrt.

Recht so. Denn es kann doch nicht sein, dass man zunächst nicht für menschenwürdige Unterbringung sorgt, dann aber aufrechnet.

BGH, Urteil v. 1.10.2009 – III ZR 18/09

Neue Höchstsätze für Geldstrafen

Die für die Bemessung von Geldstrafen geltende und seit 1975 im Kern unveränderte Höchstgrenze der Tagessätze ist angehoben worden. Die Obergrenze für einen Tagessatz beträgt jetzt 30.000 €. Damit steigt der mögliche Höchstbetrag einer Geldstrafe auf 10.800.000 € bei einer Einzeltat und auf 21.600.000 €  bei Tatmehrheit.

Das diese Änderung enthaltende 42. StrÄndG wurde im BGBl. I 2009, 1658 vom 03.07. 2009 Nr. 38 verkündet. Das Gesetz ist damit am Tag nach der Verkündung in Kraft getreten.