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Das beim Raub offen mitgeführte Messer…

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Gestern war eine ganze Reihe von Entscheidungen des 3. Strafsenats des BGH auf der HP des BGH eingestellt, die sich mit materiell-rechtlichen Fragen befasst haben. Eine war der BGH, Beschl. v. 08.05.2012 – 3 StR 97/12 -, in dem der BGH eine Verurteilung wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung aufgehoben hat., weil die Voraussetzungen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht ausreichend dargelegt waren:

a) Nach den Feststellungen begaben sich der mit einem Brotmesser bewaffnete Angeklagte und der frühere Mitangeklagte B. , der einen ungelade-nen Revolver mit sich führte, entsprechend dem gemeinsamen Tatplan in eine Spielhalle. Dort forderte B. die Spielhallenaufsicht unter Vorhalt des Revol-vers zur Übergabe von Geld auf, woraufhin sie aus Angst den zum Öffnen der Kasse erforderlichen Code eingab und begann, Scheine aus der Kasse her-auszugeben. Währenddessen hielt sich der Angeklagte mit dem Messer, das die Spielhallenaufsicht wahrnahm, im Eingangsbereich auf und bewachte die Tür. Da B. die Herausgabe des Geldes nicht hinreichend schnell ging, entnahm er der Kasse selbst weiteres Geld. Anschließend verließen der Angeklag-te und B. die Spielhalle.

b) Diese Feststellungen belegen nicht die Verwendung eines anderen gefährlichen Werkzeugs gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, die allein in dem Einsatz des Messers, aber nicht des ungeladenen Revolvers gelegen haben könnte (BGH, Urteil vom 20. Oktober 1999 – 1 StR 429/99, BGHSt 45, 249, 250 f.).

aa) Eine Waffe oder – wie hier – ein Messer als ein anderes gefährliches Werkzeug wird nur dann im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB bei der Tat verwendet, wenn es der Täter als Raubmittel oder Mittel der räuberischen Erpressung zweckgerichtet einsetzt, das Opfer die Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben mittels des gefährlichen Werkzeugs wahrnimmt und somit in die entsprechende qualifizierte Zwangslage versetzt wird (BGH, Beschluss vom 8. November 2011 – 3 StR 316/11, StV 2012, 153 mwN). Kein Verwenden ist dagegen das bloße Mitsichführen, und zwar grundsätzlich auch dann nicht, wenn es offen geschieht (BGH, Urteil vom 18. Februar 2010 – 3 StR 556/09, BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Verwenden 9 mwN).

bb) Die Feststellungen ergeben nicht, dass das Messer verwendet wurde, indem der Angeklagte und B. – zumindest durch schlüssiges Verhalten – mit seinem Einsatz drohten. Die Urteilsgründe teilen über den Umstand hinaus, dass die Spielhallenaufsicht das Messer sah, nicht mit, ob und wie es der Angeklagte hielt bzw. der Spielhallenaufsicht präsentierte. Die Urteilsgründe bele-gen damit lediglich ein offenes Mitsichführen, das die Qualifikation des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht erfüllt.

Ist schon alles schwierig :-).

Und nochmals: Der Pkw als gefährliches Werkzeug

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Dass ein Pkw – im übertragenen Sinn – eine Waffe bzw. ein gefährliches Werkzeug sein kann, davon wird allgemein ausgegangen. Er kann es aber auch im Sinn der Köperverletzungdelikte des StGB sein. Darauf weist jetzt noch einmal der BGH, Beschl. v. 25. 4. 2012 – 4 StR 30/12 – hin. Danach ist ein fahrendes Kraftfahrzeug, das zur Verletzung einer Person eingesetzt wird, in der Regel als ein gefährliches Werkzeug im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB anzusehen. Die Frage ist, wie sich aus der Begründung des BGH ergibt, schon mehrfach entschieden worden. Der BGH weist zudem auf einen Unterschied hin, den man beachten muss.

Für die neue Hauptverhandlung bemerkt der Senat das Folgende:

Sollte der neue Tatrichter wieder zu der Überzeugung gelangen, dass der Angeklagte die Nebenklägerin entsprechend den Feststellungen unter III. 3. der Urteilsgründe mit ihrem Pkw angefahren und dadurch zu Fall gebracht hat, stünde es der Annahme einer gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht grundsätzlich entgegen, dass die erlittenen Verletzungen (multiple Prellungen) erst durch den Sturz verursacht worden sind.

Eine gefährliche Körperverletzung mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) begeht, wer seinem Opfer durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes gefährliches Tatmittel eine Körperverletzung im Sinne von § 223 Abs. 1 StGB beibringt (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2011 – 4 StR 266/11, Tz. 5; Beschluss vom 12. Januar 2010 – 4 StR 589/09, NStZ-RR 2010, 205, 206; Beschluss vom 16. Januar 2007 – 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405; Urteil vom 22. Dezember 2005 – 4 StR 347/05, NStZ 2006, 572). Ein fahrendes Kraftfahrzeug, das zur Verletzung einer Person eingesetzt wird, ist in der Regel als ein gefährliches Werkzeug im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB anzusehen (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2011 – 4 StR 266/11, Tz. 5; Beschluss vom 16. Januar 2007 – 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405). Wird eine Person durch ein gezieltes Anfahren zu Fall gebracht, kann darin eine gefährliche Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB liegen, wenn bereits durch den Anstoß eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens und damit eine körperliche Misshandlung gemäß § 223 Abs. 1 StGB ausgelöst worden ist. Erst infolge des anschließenden Sturzes erlittene Verletzungen sind dagegen nicht auf den unmittelbaren Kontakt zwischen Kraftfahrzeug und Körper zurückzuführen, sodass eine Verurteilung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB allein darauf nicht gestützt werden kann (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2011 – 4 StR 266/11, Tz. 5; Beschluss vom 16. Januar 2007 – 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405).

 Dessen ungeachtet wird der neue Tatrichter in diesem Fall auch zu prüfen haben, ob sich der Angeklagte eines vorsätzlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, § 315 Abs. 3 StGB schuldig gemacht hat.

Das Kraftfahrzeug ein/als gefährliches Werkzeug

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Auf den BGH, Beschl. v. 25.04.2012 – 4 StR 30/12 hatte ich ja wegen der darin behandelten verfahrensrechtlichen Problematik – Stichwort: Vorhalt von sieben eng beschriebenen Seiten – , die zur Aufhebung des landgerichtlichen Urteils geführt, schon hingewiesen. Der BGH behandelt in einer Segelanweisung zudem eine materielle Frage, zu der der ein oder andere sagen wird: Habe ich ja immer schon gesagt: Das Kraftfahrzeug ist ein gefährliches Werkzeug.

So auch noch einmal der BGH, der die die Frage allerdings in anderem Zusammenhang noch einmal anspricht. Nämlich im Hinblkick auf § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB – also das Kraftfahrzeug als gefährliches Werkzeug i.S. der Körperverletzungsvorschriften.

Für die neue Hauptverhandlung bemerkt der Senat das Folgende:

Sollte der neue Tatrichter wieder zu der Überzeugung gelangen, dass der Angeklagte die Nebenklägerin entsprechend den Feststellungen unter III. 3. der Urteilsgründe mit ihrem Pkw angefahren und dadurch zu Fall gebracht hat, stünde es der Annahme einer gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht grundsätzlich entgegen, dass die erlittenen Verletzungen (mul-tiple Prellungen) erst durch den Sturz verursacht worden sind.

Eine gefährliche Körperverletzung mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) begeht, wer seinem Opfer durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes gefährliches Tatmittel eine Körperverletzung im Sinne von § 223 Abs. 1 StGB beibringt (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2011 – 4 StR 266/11, Tz. 5; Beschluss vom 12. Januar 2010 – 4 StR 589/09, NStZ-RR 2010, 205, 206; Beschluss vom 16. Januar 2007 – 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405; Urteil vom 22. Dezember 2005 – 4 StR 347/05, NStZ 2006, 572). Ein fahrendes Kraftfahrzeug, das zur Verletzung einer Person eingesetzt wird, ist in der Regel als ein gefährliches Werkzeug im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB anzusehen (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2011 – 4 StR 266/11, Tz. 5; Beschluss vom 16. Januar 2007 – 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405). Wird eine Person durch ein gezieltes Anfahren zu Fall gebracht, kann darin eine gefährliche Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB liegen, wenn bereits durch den Anstoß eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens und damit eine körperliche Misshandlung gemäß § 223 Abs. 1 StGB ausgelöst worden ist. Erst infolge des an-schließenden Sturzes erlittene Verletzungen sind dagegen nicht auf den unmittelbaren Kontakt zwischen Kraftfahrzeug und Körper zurückzuführen, sodass eine Verurteilung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB allein darauf nicht gestützt wer-den kann (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2011 – 4 StR 266/11, Tz. 5; Beschluss vom 16. Januar 2007 – 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405).

Wofür man „Haushaltsmittel“ alles verwenden kann – Das gefährliche Werkzeug „Pumpsprühflasche“

Der Angeklagte verwendet bei einem tätlichen Angriff gegen das Opfer eine Pumpsprühflasche mit Haushaltsreiniger. Er wird wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Das LG ist von einem gefährlichen Werkzeug nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB ausgegangen. Der BGH, Beschl. v. 20.03.2012 – 4 StR 20/12 – hat das anders gesehen:

Ein gefährliches Werkzeug im Sinne dieser Vorschrift ist jeder Gegen-stand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen (st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 27. Januar 2011 – 4 StR 487/10, NStZ-RR 2011, 275, 276; vom 27. September 2001 – 4 StR 245/01, NStZ 2002, 86). Nach den Feststellungen der Strafkammer nahm der Angeklagte die Pumpsprühflasche mit dem Haushaltsreiniger und sprühte aus kurzer Distanz einen Sprühstoß in Richtung des Gesichts des Tatopfers, das an der rechten Gesichtshälfte getroffen wurde. Der Sprühstoß aus der Flasche konnte „gegebenenfalls eine Reizreaktion“ aufgrund der enthaltenen Chemikalien, nicht aber Defekte der Hornhaut des Auges oder der Haut zur Folge haben. Tatsächlich trug das Opfer eine vorübergehende Reizung des rechten Auges davon. Damit ist die für die Annahme eines gefährlichen Werkzeugs nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB erforderliche potentielle Gefährlichkeit der konkreten Benutzung des Werkzeugs (vgl. BGH, Beschluss vom 5. September 2006 – 4 StR 313/06, NStZ 2007, 95) nicht belegt. Die bloße Eignung, nicht näher konkretisierte Reizreaktionen auszulösen, reicht hierfür nicht aus. Soweit die Strafkammer in ihrer rechtlichen Würdigung auf mögliche Entzündungen der Bindehäute und Reizungen der Haut verweist, wird dies durch die Urteilsausführungen zur Beweiswürdigung, insbesondere zu den wiedergegebenen Darlegungen des hierzu gehörten rechtsmedizinischen Sachverständigen, nicht getragen.“

Messer nicht gesehen – kein besonders schwerer Raub – so einfach ist das…

Der BGH, Beschl. v. 08.11.2011 – 3 StR 316/11 behandelt eine Raubproblematik,die m.E. auf der Hand liegt. Ausgangspunkt war folgendes Sachverhalt:

Die Angeklagten überfielen zusammen mit dem gesondert Verfolgten Y. aufgrund eines gemeinsamen Tatplans nachts auf offener Straße zwei Passanten. Während Y. dem Zeugen K. ein Teppichmesser an den Hals hielt und der Angeklagte S. dessen Taschen durchwühlte, forderte der Angeklagte B. von der Zeugin L. die Herausgabe von deren Handtasche. Die Zeugin hatte zwar das Teppichmesser nicht gesehen, gab aber aufgrund der von ihr als gefährlich und bedrohlich eingeschätzten Situation die Handtasche heraus, aus welcher der Angeklagte B. das Portemonnaie mit 50 € Bargeld, Kredit- und EC-Karten und Ausweispapieren entnahm. Parallel zu diesem Geschehen gelang es dem Zeugen K. , an einem Haus die Klingel zu betätigen. Beim Erscheinen einer Person in der Haustüre flüchteten die Täter, ohne diesem Zeugen etwas weggenommen zu haben…

Dazu der BGH – m.E. zutreffend:

b) Damit ist entgegen der Ansicht des Landgerichts der Tatbestand des vollendeten besonders schweren Raubes gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht erfüllt. Eine Waffe oder – wie hier – ein anderes gefährliches Werkzeug wird nur dann im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB „bei der Tat verwendet“, wenn der Täter den Gegenstand als Raubmittel zweckgerichtet einsetzt und wenn das Opfer die Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben mittels des Gegenstandes wahrnimmt und somit in die entsprechende qualifizierte Zwangs-lage versetzt wird (BGH, Beschluss vom 1. September 2004 – 2 StR 313/04, BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Verwenden 5). Da die Zeugin L. das Teppichmesser nicht bemerkte, wurde es bei der Tat ihr gegenüber nicht als Drohmittel verwendet. Die Feststellungen ergeben indes einen zum Nachteil dieser Zeugin begangenen schweren Raub nach § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB, da der gesondert Verfolgte Y. bei der Tat ein gefährliches Werkzeug bei sich führte. Bei dieser Tatqualifikation wird eine Kenntnis des Opfers von der Existenz des gefährlichen Werkzeugs nicht vorausgesetzt.

Und zu den Konkurrenzen:

d) Der vollendete schwere Raub zum Nachteil der Zeugin L. und der versuchte besonders schwere Raub zum Nachteil des Zeugen K. stehen im Verhältnis der Idealkonkurrenz, § 52 StGB. Anders als in den Fällen, in denen sich die Tat nur gegen ein Opfer richtet (BGH, Beschluss vom 1. September 2004 – 2 StR 313/04, BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Verwenden 5), tritt hier der versuchte besonders schwere Raub nicht hinter dem vollende-ten schweren Raub zurück. Raub und räuberische Erpressung sind Willensbeugungsdelikte. In das höchstpersönliche Rechtsgut der Willensfreiheit haben die Angeklagten zum Nachteil beider Zeugen eingegriffen. Wer durch eine Handlung höchstpersönliche Rechtsgüter von mehreren Personen angreift, begeht dadurch die gleiche Tat mehrmals (BGH, Urteil vom 28. April 1992 – 1 StR 148/92, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Konkurrenzen 2). Wenn der Täter mehrere Personen an der Ausübung von Widerstand gegen eine Wegnahme hindern will, ist der Tatbestand mehrfach erfüllt (BGH aaO für den Fall der Nöti-gung mehrerer Personen zur Vornahme einer vermögensschädigenden Hand-lung). Hieraus ergibt sich, dass auch in Fällen wie dem vorliegenden die ange-messene Bewertung des Tatunrechts die Annahme von Tateinheit erfordert.“