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Pflichtverteidiger verklagen Staat

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Nun „Pflichtverteidiger verklagen Staat“?, richtig, allerdings nicht bei uns, sondern in Belgien. Dieses Posting geht zurück auf eine schon etwas zurück liegende Meldung des belgischen Rundfunks, auf die mich vor einiger Zeit ein Kollege hingewiesen hat. Danach wollten/wollen in Belgien die sog. Pro-Deo-Anwälte wegen ihrer Bezahlung vor Gericht ziehen. Hintergrund sind Verhandlungen, die seit rund einem Jahr zwischen der Anwaltskammer und Justizministerin Annemie Turtelboom über eine einvernehmliche Bezahlung der Pflichtverteidiger für Menschen, die sich aus finanziellen Gründen keinen Rechtsbeistand leisten können, gelaufen sind. Die Anwälte fühlen sich von Justizministerin Annemie Turtelboom im Stich gelassen, nachdem diese im vergangenen Jahr Zusagen für eine höhere Entschädigung der sogenannten Pro-Deo-Anwälte erteilt hatte. Bislang sind nach Auffassung der Rechtsanwälte die Versprechen nicht eingehalten worden.

Was daraus geworden ist, weiß ich nicht. Aber: Eine interessante Vorstellung, dass hier in der Bundesrepublik  die Rechtsanwälte den Staat wegen zu niedriger Gebühren verklagen könnten. Der Kollege, der mir die Nachricht hat zukommen lassen, meint: „das Rechtssystem im Nachbarland und die eingeräumten Klagemöglichkeiten sind irgendwie vorbildlich.“ Nun ja, eine Klagemöglichkeit hätte vielleicht dazu geführt, dass die linearen Anhebungen der Anwaltsgebühren nicht 20 Jahre hätten auf sich warten lassen. Nun ist aber nach Inkrafttreten des 2. KostRMoG v. 23.07.2013 erst mal alles gut, zumindest teilweise :-).

Sorry, aber das kann der Rechtspfleger nicht ernst gemeint haben, oder doch?

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Im gebührenrechtlichen Forum auf meiner Homepage Burhoff-online hat ein Kollege vor einigen Tagen eine Frage  eingestellt, die mich dann doch ein wenig in Erstaunen – gelinde ausgedrückt – versetzt hat. Er schreibt:

„Ich benötige mal Hilfe in folgender Sache:
Mandant bekommt Pflichtverteidiger im Ermittlungsverfahren.
Es meldet sich ein Wahlverteidiger
Daraufhin wird gemäß § 143 StPO die PV zurückgenommen.
Bevor der Beschluss nach § 143 StPO zugestellt wurde, haben wir die bisherigen Kosten bei Gericht geltend gemacht. Nachdem der Beschluss ergangen ist, hat der Kostenbeamte die Erstattung der Gebühren mit dem Hinweis der Rücknahme des § 143 StPO abgelehnt.
Gibt es da eine Entscheidung zu? Ich finde hierüber nichts.
Laut Argumentation des Gerichts würde kein Pflichtverteidiger Geld bekommen wenn der Pflichtverteidiger entpflichtet wird oder die PV zurückgenommen wird.
Die Gebühren sind ja schon vor der Rücknahme entstanden.
Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass keine Entpflichtung stattgefunden hat, sondern eine Rücknahme der PV so dass die Gebühren und Auslagen eines PV nicht festgesetzt werden können.

Sorry, aber das kann der Rechtspfleger nicht ernst gemeint haben. Daher mein Antwort:

„Hallo, in meinen Augen nicht haltbar, ich wollte erst schreiben „Blödsinn“. Zunächst: Wo bitte soll der Unterschied zwischen einer Rücknahme und einer Entpflichtung liegen? Den sehe ich nicht.
Und dann: Die bis zur Beendigung der Pflichtverteidigung entstandenen Gebühren bleiben dem ehemaligen Pflichtverteidiger (natürlich) erhalten (das ergibt sich schon aus dem Rechtsgedanken des § 15 Abs. 4 RVG). Die Auffassung des Rechtspflegers würde ja dazu führen, dass in allen Fällen der Entpflichtung/Rücknahme die Staatskasse „vergütungsfrei“ würde und der Pflichtverteidiger „umsonst“ gearbeitet hätte.“

Aber, man weiß ja nie. Vielleicht habe ich ja auch ein gebührenrechtliches Brett vor dem Kopf.

Ich brauche jetzt aber keinen Kommentar, der auf § 54 RVG verweist. Den kenne ich und die Problematik stellt sich nach dem Sachverhalt.

 

Mal wieder die Gebühren des Terminsvertreters… nur die Terminsgebühr

Nach längerer Zeit mal wieder ein Beschluss zur Frage, wie und was der Terminsvertreter des Pflichtverteidigers an Gebühren für seine Teilnahme an der Hauptverhandlung abrechnen kann. Nur die Terminsgebühr, oder auch noch die Grundgebühr und ggf. auch die Verfahrensgebühr: Der AG Sinzig, Beschl. v. 11.07.2012 – 2090 Js 71483/10 jug 3 Ds – meint:

Ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts als Terminsvertreter für einen Pflichtverteidiger für einen Hauptverhandlungstermin erfolgt und hat der originär bestellte Verteidiger die Gebühren für die vorgelagerte Tätigkeit schon verdient (Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG und Verfahrensgebühr nach Nr. 4106 VV RVG), hat die Landeskasse nur noch die Terminsgebühr nach Nr. 4108 VV RVG nebst Umsatzsteuer zu erstatten.

M.E. nicht richtig, da auch der Rechtsanwalt eigenständiger Verteidiger ist und sich einarbeiten muss. Also ist die Grundgebühr zumindest auch festzusetzen. So steht es auch bei uns im Kommentar, für den ich hier dann mal wieder Werbung mache :-).

Hinweis: Überschrift nachträglich berichtigt

 

Aus neun mach eins – aus eins mach (wieder) neun – ist für die Kasse interessant

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Gebührenrechtlich interessant ist der LG Bremen, Beschl. v. v. 13.06.2012 – 5 Qs 146/12. Nicht wegen der allgemeinen Ausführungen des LG zur Terminsgebühr, denn es  ist unebstritten, dass der Rechtsanwalt/Verteidiger die Terminssgebühr bereits dann verdient, wenn ein (gerichtlicher) Termin stattgefunden hat, an dem er teilgenommen hat. Dabei ist grundsätzlich ausreichend, wenn der Rechtsanwalt anwesend ist. Er muss im Termin keine besonderen Tätigkeiten erbracht haben. Der Umfang der Tätigkeiten hat nur über die Zeitdauer und damit mittelbar Auswirkungen.

Nein interessanter wegen der Häufigkeit des Anfalls der Gebühren bei folgender Konstellation: Gegen den Betroffenen sind neun Bußgeldverfahren anhängig, die zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden werden (als keine Verschmelzungsverbindung). In der Hauaptverhandlung nimmt der Betroffene dann den Einspruch im führenden Verfahren zurück. Es ergeht dann „Auf Antrag des Betroffenen und seines Verteidigers“ folgender Beschluss: Die verbundenen Verfahren 73 OWi 630 Js 6155/11, 6963/11, 12684/11, 13223/11, 16869/11, 19310/11, 21843/11 und 620 Js 24772/11 werden jeweils abgetrennt und gemäß § 47 Abs.2 OWG eingestellt. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen fallen der Staatskasse zur Last.“

Ergebnis: Die verbundenen Verfahren folgen (wieder) eigenen Regeln. Dazu das LG Bremen:

Deshalb hat der Verteidiger in diesem Verfahren nach Abtrennung von dem führenden Verfahren die Terminsgebühr in allen verbunden gewesenen Verfahren verdient, denn sie sind „jeweils“ von dem führenden Verfahren abgetrennt und sonach (gesondert) eingestellt worden. Zumindest bis zur Verfahrenseinstellung ist über die Verfahrenseinstellung auch Hauptverhandlung geführt worden, denn die Verfahrenseinstellung ist innerhalb und nicht außerhalb der Hauptverhandlung erfolgt.“

Und verdient wird nicht nur achtmal die Terminsgebühr, sondern auch die übrigen Gebühren mal acht.Die insoweit bereits entstandenen Gebühren sind durch die Verbindung nicht verloren gegangen. 🙂

Den Rechtsanwalt freut das sicherlich. 😀

Änderungen des Gebührenrechts kommen – nur was kommt, das weiß man nicht

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Bei LTO lese ich gerade, dass die Bundesjustizminsterin auf der Eröffnungsfeier zum 63. Deutschen Anwaltstag versprochen hat, sich dafür einzusetzen, dass der Gesetzentwurf zur Kostenrechtsmodernisierung bis zum Sommer vorliegt.

Dazu heißt es bei LTO:

„Die Bundesjustizministerin strebt noch in diesem Sommer einen Kabinettsbeschluss zu beiden Elementen des geplanten Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes an. Sowohl die Anwaltsgebühren als auch die Gerichtskosten sollen angepasst werden. Damit hält die Ministerin den Zeitrahmen ein, den sie der Anwaltschaft zugesagt hatte, um noch innerhalb dieser Legislaturperiode das Gesetz verabschieden zu können.

Absehbar ist allerdings, dass das verabschiedete Gesetz erhebliche Änderungen gegenüber dem Ende letzten Jahres veröffentlichten Referentenentwurf enthalten wird. Auch wenn die Bundesjustizministerin hervorhob, die Gebührenerhöhung solle auch dazu beitragen, dass die Juristerei weiterhin eine gute Grundlage für Broterwerb ist, ließ sie sich zu detaillierteren Äußerungen nicht hinreißen.

Na, da darf man dann gespannt sein, wenn von dem Referentenentwurf zum 2. KostRMoG, nachdem nun die Länder Stellung genommen haben, noch übrige geblieben ist. Das, was in München gesagt worden ist, klingt für mich nebulös und lässt nichts Gutes ahnen. Und: „..versprochen hat, sich einzusetzen..“, das klingt etwas so wie in einem Zeugnis: „er hat sich immer bemüht…“ 🙂