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Verkehrsrecht III: Das Schieben eines Fahrrades, oder: Wer seine Fahrerlaubnis liebt, der schiebt ….

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Und als letzte Entscheidung des Tages dann hier noch das LG Freiburg (Breisgau), Urt. v. 26.10.2021 – 11/21 10 Ns 530 Js 30832/20 – zur Frage: Ist das bloße Schieben eines Fahrrades  Führen i.S. des § 316 StGB – also eine Trunkenheitsfahrt?

Das LG hat das verneint und den Angeklagten wird freigesprochen.

„Die Staatsanwaltschaft Freiburg legte dem Angeklagten mit dem am 12.10.2020 vom Amtsgericht pp. erlassenen Strafbefehl zur Last, am 09.08.2020 gegen 6.30 Uhr mit dem Fahrrad auf der Straße pp. in pp. gefahren zu sein, obwohl er aufgrund vorangegangenen Alkoholkonsums fahruntüchtig gewesen sei. Daher sei er auf die Fahrbahn gestürzt. Eine am selben Tag um 07.34 Uhr entnommene Blutprobe habe eine Blutalkoholkonzentration von 2,3 Promille im Mittelwert ergeben. Er habe sich hiermit der fahrlässigen Trunkenheit im Straßenverkehr gem. § 316 Abs. 1 und 2 StGB strafbar gemacht.

Das Amtsgericht verurteilte am 18.03.2021 den Angeklagten nach Beweisaufnahme entsprechend dieses Tatvorwurfs zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen à 35,- €. Die fristgerecht und mit dem Ziel eines Freispruchs eingelegte Berufung des Angeklagten wurde durch Beschluss der Berufungsstrafkammer vom 10.08.2021 angenommen. Die Berufung hatte Erfolg.

II.

Der Angeklagte besuchte am Abend des 08.08.2020 eine private Feier, die im Vereinshaus des Sportvereins pp. ausgerichtet wurde. Hierbei trank er alkoholische Getränke im Übermaß, was dazu führte, dass er noch am 09.08.2020 um 07.34 Uhr eine Blutalkoholkonzentration von 2,3 Promille aufwies. In den frühen Morgenstunden des 09.08.2020 wollte er mit dem Fahrrad nachhause fahren. Zu diesem Zweck zog er das Rad aus dem Fahrradständer und schloss es auf. Bereits hierbei fiel er mit dem Fahrrad zu Boden. Er bemerkte, dass er zu betrunken war, um auf das Fahrrad aufzusteigen, und wollte das Fahrrad daher die ca. 3 bis 4 km bis zu seinem Wohnort schieben. Hierbei stieß er wegen seiner alkoholbedingten Gleichgewichtsstörungen noch einmal an einer Brücke gegen das Brückengeländer. Einige hundert Meter weiter geriet er, das Fahrrad schiebend, nach links vom Weg ab. Dort fiel er mit seinem Fahrrad in die Böschung. Das Fahrrad ließ er dort liegen und ging dann noch wenige Meter weiter, bevor er alkoholbedingt stürzte bzw. sich zum Schlafen auf der Straße niederließ. Jedenfalls lag er gegen 6.28 Uhr bewusstlos auf der kleinen Straße, wo er von einem zufällig auf privatem Weg befindlichen Polizeibeamten aufgefunden wurde. Dieser verständigte über Notruf Polizei und Rettungsdienst. Nachdem diese gegen 6.40 Uhr eingetroffen waren, wachte der Angeklagte langsam auf. Auf die Frage des Zeugen POM …, was geschehen sei, antwortete der Angeklagte, er sei vom Fahrrad gefallen.

III.

Diese Feststellungen entsprechen im Wesentlichen der nicht widerlegten Einlassung des Angeklagten. Die Strafkammer konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Angeklagte auf dem Weg vom Vereinsheim bis zu der Stelle, an der er bewusstlos aufgefunden wurde, zu irgendeinem Zeitpunkt mit dem Fahrrad gefahren ist. (pp.)

IV.

Der Angeklagte hat somit sein Fahrrad nicht geführt im Sinne des § 316 StGB. Zwar bedient der Schiebende sich dafür in aller Regel des Lenkers (s. BayObLG VRS 75 127, 128), so dass das Zweirad unter eigenverantwortlicher Handhabung einer seiner wesentlichen technischen Vorrichtungen durch den öffentlichen Verkehrsraum geleitet wird. Dennoch geht die herrschende Meinung, der die Strafkammer sich anschließt, davon aus, dass das Schieben eines Fahrrads nicht als Führen im Sinne des § 316 StGB angesehen werden kann (König in Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 13. Aufl. 2021, § 315 c Rn. 14; zweifelnd Fischer, StGB, 68. Aufl., 2021, § 315c Rn. 3a). Die Gefahrenlage ist so viel geringer, dass es sachgerecht erscheint, einschlägige Verhaltensweisen im Wege der teleologischen Reduktion aus dem Tatbestand zu eliminieren. Dafür kann stützend die Wertung der StVO, so z. B. § 25 Abs. 2 StVO, herangezogen werden, wonach die genannten Phänomene wesentlichen Regelungen des Fußgängerverkehrs unterworfen sind (König, a.a.O.).

Sich betrunken zu Fuß im öffentlichen Verkehrsraum zu bewegen, ist somit auch dann nicht strafbar, wenn hierbei ein Fahrrad geschoben wird.

Der Angeklagte war daher aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen freizusprechen.