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Wer ein Pferd führt, reitet nicht… zumindest in Sachsen

entnommen wikimedia.org Urheber EddyDD www.tristan2002.de

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OLG haben es manchmal insofern schwer, als sie sich auch mit abgelegenen Materien befassen müssen. So das OLG Dresden, das sich im OLG Dresden, Beschl. v. 10.09.2015 – OLG 26 Ss 505/15 (Z) – mit der Auslegung des § 12 Abs. 1 WaldG Sachsen befassen musste. Der erlaubt das Reiten im Wald nur auf dafür ausgewiesenen Wegen. Im entschiedenen Fall hatte aber die Betroffene, die Betreiberin eines Reiterhofes ist, mit Gästen, mit denen sie einen Ausritt unternommen hatte, einen ausgewiesenen Reitweg verlassen, um zu einer Wiese zu gelangen, wo man einen Imbiss zu sich nehmen wollte. Dorthin wurde aber nicht geritten, sondern die Pferde wurden dorthin per Zügel geführt . Das AG hatte dennoch einen Verstoß gegen § 12 Abs. 1 des WaldG Sachsen angenommen. verstoßen zu haben.

Das OLG sieht es anders und meint: Wer führt, reitet nicht.  Die Auffassung des AG sei mit dem Wortsinn des § 12 Abs. 1 SächsWaldG im Hinblick auf die Auslegung des Wortes „Reiten“ nicht vereinbar:

„Das Amtsgericht hat vorliegend den Ordnungswidrigkeitentatbestand als erfüllt angesehen, weil zum Reiten im Sinne des § 12 SächsWaldG auch das Führen von Pferden gehöre, da es für das Entstehen von Schäden an Waldwegen unerheblich sei, ob ein Pferd geritten oder am Zügel geführt werde.

Diese am Schutzzweck des Sächsischen Waldgesetzes orientierte Auslegung des Begriffes „Reiten“ übersteigt jedoch die nach den vorgenannten Maßstäben zu bestimmende, vom möglichen Wortsinn der Bußgeldbewährung markierte, äußerste Grenze zulässiger richterlicher Auslegung.

a) Zwar wollte der Landesgesetzgeber nach dem erkennbaren Regelungszweck des §12 Abs. 1 Satz 1 SächsWaldG die Gefahren und Beeinträchtigungen vermeiden, die sich sowohl für Fußgänger als auch für Reiter aus einer Begegnung auf engem Raum ergeben. Zugleich dient die Beschränkung des Reitens im Wald dem Schutz des Waldbodens und damit auch dem Interesse des Waldeigentümers bzw. Besitzers (vgl. Sächsischer Verfassungsgerichtshof, Urteil vom 23.09.1999, Az.: Vf 47-IV-98).

Eine allein am Gesetzeszweck orientierte Auslegung des Begriffes „Reiten“ ließe daher auch ein (bloßes) Führen eines Pferdes am Zügel als unter den Verbotstatbestand fallend zu. Art. 103 Abs. 2 GG verbietet es jedoch, eine Straf- oder Bußgeldbestimmung über ihren eindeutigen, einer Auslegung nicht zugänglichen Wortlaut hinaus, allein im Blick auf den Normzweck anzuwenden (BVerfG, a. a. O.). Der mögliche Wortsinn des Gesetzes markiert die äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation (BVerfGE 64, 389; 71, 108). Die Wortsinngrenze ist dabei aus Sicht des Normadressaten zu bestimmen, da Art. 103 Abs. 2 GG die Vorhersehbarkeit der Strafandrohung für en Normadressaten garantieren will (vgl. BVerfGE 92, 1) .

b) Unter dem Wort „Reiten“ wird nach allgemeiner Auffassung verstanden, eine Fortbewegungsart eines Menschen auf dem Rücken eines Tieres, meist eines Pferdes, bzw. das Sichfortbewegen auf einem Reittier (besonders einem Pferd) (vgl. Duden online, Stichwort Reiten; Wikipedia, Stichwort Reiten).

Demgegenüber ist das Führen eines Pferdes am Zügel gerade keine Nutzung des Tieres zur Fortbewegung, sondern insoweit ein Aliud zum Reiten. Der – auch vom Amtsgericht herangezogenen – Ansicht des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg, das Führen eines Pferdes stelle sich als Unterfall des Reitens dar (vgl. OVG Brandenburg, NUR 1997, 562), kann jedenfalls insoweit nicht gefolgt werden, als damit die Auslegung des Begriffes „Reiten“ über seinen Wortsinn hinaus auch das Führen eines Pferdes erfassen sollte.

Die hier vertretene Auffassung, dass zwischen dem Reiten und dem Führen eines Pferdes schon vom Wortsinn her ein Unterschied besteht, wird auch dadurch gestützt, dass der Bundesgesetzgeber etwa in § 28 Abs. 2 StVO zwischen dem Reiten und dem Führen eines Pferdes ausdrücklich unterscheidet, indem es dort heißt: „Wer reitet, Pferde oder Vieh führt oder Vieh treibt, unterliegt sinngemäß den für den gesamten Fahrverkehr einheitlich bestehenden Verkehrsregeln und Anordnungen“.“

Wer auf einem rollenden Fahrrad fährt, führt

FahrradfahrerUm eine verkehrsrechtlich interessante Entscheidung handelt es sich bei dem VGH München, Beschl. v. 17.11.2014 – 11 ZB 14.1755, die ich dann auch gleich mal in meinen entsprechenden Sammelordnern abgeheftet habe. Es geht mal wieder um eine „Trunkenheitsfahrt“ mit einem Fahrrad. Dem Kläger ist die Fahrerlaubnis entzogen worden und er streitet mit der Verwaltungsbehörde um deren Neuerteilung, die abgelehnt worden ist. Dabei geht es um eine „Fahrt“ am 10.01.2013. Da ist der Kläger auf einem Fahrrad sitzend und rollend beobachtet worden. Festgestellt wurde eine BAK von 2,42 Promille.

Und nun streitet man sich um die Frage: Hat der Kläger ein Fahrrad geführt? Der VGH München sagt: Ja:

„Entgegen diesem Vorbringen ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Kläger am 10. Januar 2013 ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer BAK von 2,41 Promille geführt hat. Nach der Aussage des Zeugen, POM L., ist es ausgeschlossen, dass der Kläger das Fahrrad geschoben hat, also neben dem Fahrrad herging, wie der Kläger ursprünglich geltend gemacht hatte. Die Bewegungsmuster einer ein Fahrrad schiebenden Person und einer auf einem rollenden Fahrrad sitzenden Person sind, worauf das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat, so unterschiedlich, dass das auch bei einer nur kurzen Beobachtung zu unterscheiden ist.

Das Sitzen auf einem rollenden Fahrrad stellt ein Führen dieses Fahrrads dar, weil ein rollendes Fahrrad mit einer darauf sitzenden Person offensichtlich des Führens bedarf. Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt, dies gelte unabhängig davon, ob die Bewegungsenergie aus einem aktuellen Betätigen der Pedale gezogen werde, aus einer vorhergehenden Pedalbewegung herrühre oder etwa nur aus der Schwerkraft beim Befahren einer Gefällstrecke. Kennzeichnend für das Führen eines Fahrzeugs sei, dass die Räder rollten, also ein eigenständiger Bewegungsvorgang des Fahrzeugs ausgelöst worden sei, was bei einem Fahrrad dann anzunehmen sei, wenn sich Fahrer und Fahrrad zusammen bewegten und der Bodenkontakt mit beiden Füßen gelöst sei.

Daran bestehen keine ernstlichen Zweifel. Die Auffassung entspricht der Rechtsprechung zu § 316 StGB und der Kommentarliteratur zu dieser Vorschrift. Nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27. Oktober 1988 (4 StR 239/88BGHSt 35, 390) kann in Abgrenzung zur bloßen Vorbereitung Führer eines Fahrzeuges nur sein, wer sich selbst aller oder wenigstens eines Teiles der wesentlichen technischen Einrichtungen des Fahrzeugs bedient, die für seine Fortbewegung bestimmt sind. Es muss also jemand, um Führer eines Fahrzeugs sein zu können, das Fahrzeug unter bestimmungsgemäßer Anwendung seiner Antriebskräfte unter eigener Allein- oder Mitverantwortung in Bewegung setzen oder das Fahrzeug unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum ganz oder wenigstens zum Teil lenken (ebenso Fischer, StGB, 61. Aufl. 2014, § 315 c Rn. 3a). Führer ist auch, wer nur einzelne dieser Tätigkeiten vornimmt, jedenfalls solange es sich dabei um solche handelt, ohne die eine zielgerichtete Fortbewegung des Fahrzeugs im Verkehr unmöglich wäre (BGH, B.v. 18.1.1990 – 4 StR 292/89BGHSt 36, 341). Auch zum Begriff des Führens eines Kraftfahrzeuges ohne Fahrerlaubnis hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es auf den „Bewegungsvorgang“ (U.v. 9.7.1959 – 2 StR 240/59BGHSt 13, 226) oder das „Abrollenlassen“ eines Kraftfahrzeugs (B.v. 29.3.1960 – StR 55/60 -BGHSt 14, 185) ankommt, wobei der Motorkraft als Ursache der Bewegung keine Bedeutung zukommt. Daher führt auch der, der ein Mofa fortbewegt, indem er sich -auf dem Fahrersattel sitzend – mit den Füßen vom Boden abstößt, ein Fahrzeug (OLG Düsseldorf, U.v. 29.9.1981 – 2 Ss 426/81VRS 62, 193).“

Ich habe mal eine Frage: Ist das „Schieben“ ein „Führen eines Kraftfahrzeuges“?

© angelo sarnacchiaro – Fotolia.com

Mich erreicht gerade die Anfrage eines Kollegen, die ich hier mal weitergebe:

„Ich hoffe, ich darf Ihnen eine Nachfrage aus dem FA-Lehrgang stellen: ein Mandant von mir, ohne Führerschein, hat am Neujahrstag, restalkoholisiert etc., sein Auto, das „schräg“ abgeparkt war und derzeit nur von seiner Frau gefahren wird, zwei Meter unter Lösung, der Handbremse und des Lenkradschlosses, aber ohne Motor an Lenker und Holm „besser“ in die Parklücke vor seinem Haus geschoben. Er soll nach §§ 21 StVG und 316 StGB bestraft werden.

 Ich bin mir nicht sicher, ob DIESE Art von Schieben nun Führen ist oder nicht.“

M.E. ist es kein Führen eines Kraftfahrzeuges. Hauptargument: Die Motorkraft des Fahrzeuges wird nicht ausgenutzt. Es ist auch kein Anschieben mit dem Ziel des „Motor Anspringens“. Es ist nur ein einfaches Schieben. Ich bin mal gespannt,w as daraus wird.