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OWi II: Wirksamkeit der Einspruchsbeschränkung, oder: Haben alle das OLG Frankfurt falsch verstanden?

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Bei der zweiten Entscheidung, die ich vorstelle, handelt es sich um den OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 24.11.2022 – 2 Ss-OWi 1149/22. Es geht noch einmal um die Wirksamkeit der Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen nach einem richterlichem Hinweis. Die Wirksamkeit ist vom OLG Frankfurt am Main in der Vergangenheit verneint worden. Jedenfalls habe andere OLG das so verstanden.

Nun hatte das OLG Frankfurt am Main erneut mit der Frage zu tun und ausgeführt, dass auch nach seiner Auffassung die nachträgliche Beschränkung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid auf die Rechtsfolgen auch nach richterlichem Hinweis auf möglicherweise vorsätzliches Handeln wirksam ist.

Gegen die Betroffene war mit Bußgeldbescheid vom 30.11.2021 wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße von 440 EUR festgesetzt und ein Fahrverbot von zwei Monaten angeordnet worden. Dagegen hat die Betroffene rechtzeitig Einspruch eingelegt. Das AG hat die Betroffene mit Schreiben vom 31.01.2022 u.a. darauf hingewiesen, dass auch eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung in Betracht komme. Dabei hat es auch auf die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main v. 23.3.2016 (2 Ss-OWi 52/16, NStZ-RR 2016, 215), nach der eine Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen nicht mehr zulässig sei. Mit Schriftsatz ihres Verteidigers vom 19.07.2022 hat die Betroffene den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid auf die Rechtsfolgen beschränkt. Das AG hat die Betroffene dennoch mit Urteil v. 21.07.2022 wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 880 EUR verurteilt sowie ein Fahrverbot von drei Monaten gegen sie verhängt. Unter Hinweis auf die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main ist es davon ausgegangen, dass die Beschränkung des Einspruchs nicht wirksam sei. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Betroffenen hatte nach Übertragung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auf den Senat Erfolg. Wir haben das OLG – so verstehe ich seine Ausführungen – alle falsch verstanden:

„Die zulässige Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache überwiegend Erfolg. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts war die Beschränkung des Einspruchs wirksam, so dass das Amtsgericht an der Änderung des Schuldspruchs gehindert war und nur noch über die Rechtsfolgen auf der Grundlage des rechtskräftig festgestellten fahrlässigen Geschwindigkeitsverstoßes zu entscheiden hatte. Dies hatte der Senat auf die erhobene Sachrüge hin von Amts wegen zu überprüfen.

Die in der Beschränkung des Einspruchs liegende Teilrücknahme ist wirksam. Aus dem Schriftsatz vom 19. Juli 2022 ergibt sich, dass der Verteidiger hierzu von der Betroffenen hinreichend im Sinne des § 302 Abs. 2 StPO (i.V.m. § 46 OWiG) ermächtigt war. Darin wird nämlich „namens und in Vollmacht der Betroffenen“ erklärt, „dass die Rechtmäßigkeit der vorgenommenen Geschwindigkeitsmessung nicht mehr diskussionswürdig“ und die Messung „nachweislich nicht fehlerhaft“ sei; aus diesem Grund sei der ursprünglich unbeschränkt eingelegte Einspruch nunmehr „auf die Rechtsfolge des Fahrverbotes“ zu beschränken.

Aufgrund der Wechselwirkung zwischen Geldbuße und Fahrverbot war allerdings die weitere Beschränkung innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs nur auf die Rechtsfolge des Fahrverbots nicht wirksam, so dass über die Rechtsfolgen der rechtskräftig festgestellten fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung insgesamt zu entscheiden war.

Die von dem Amtsgericht zitierte und zutreffend wiedergegebene Entscheidung eines Einzelrichters des damals einzigen Bußgeldsenats des OLG Frankfurt am Main vom 23. März 2016 – 2 Ss-OWi 52/16 steht der Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen nicht entgegen. In ihrem tragenden Teil ist diese Entscheidung nämlich bereits nicht einschlägig. Nach den dortigen Feststellungen war das Verteidigungsverhalten des Betroffenen widersprüchlich, indem auch nach der vermeintlichen Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen noch erklärt wurde, die Richtigkeit der Geschwindigkeitsmessung solle noch überprüft werden. Deshalb wurde die Beschränkung dort als nicht wirksam erachtet, weil eine Prozesserklärung unmissverständlich sein müsse und bedingungsfeindlich sei. Ein solches widersprüchliches Verhalten ist nach der oben wiedergegebenen Erklärung vorliegend gerade nicht gegeben. Die auch hier im Vorfeld vorgebrachten Einwendungen gegen die Geschwindigkeitsmessung wurden ausdrücklich nicht aufrechterhalten und diese ohne jeden Vorbehalt als richtig akzeptiert.

Das Amtsgericht führt dazu aus, angesichts des vorherigen wiederholten und dezidierten Bestreitens der Richtigkeit der Messung sei die Aussage in dem Schriftsatz vom 19. Juli 2022, dass man nun (aufgrund eines eingeholten Gutachtens) von der Richtigkeit der Messung überzeugt sei, „derartig widersprüchlich, dass eine tragfähige geständige Einlassung nicht anzunehmen“ sei. Das verkennt, dass eine wirksame Beschränkung des Einspruchs kein Geständnis voraussetzt. Die Betroffene eines Bußgeldverfahrens hat es vielmehr wie auch sonst jeder potentielle Rechtsmittelführer selbst in der Hand, ob und in welchem Umfang sie den gegen sie ergangenen Bußgeldbescheid rechtskräftig werden lässt, auch wenn sie ihn inhaltlich für falsch hält. Das gilt offensichtlich für die anfängliche Entscheidung, ob überhaupt und wenn ja, in welchem Umfang Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt wird. Für die spätere (Teil-)Rücknahme kann nichts Anderes gelten.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der weiteren, für die damalige Entscheidung nicht tragenden Ausführungen der zitierten Entscheidung des OLG Frankfurt am Main. Danach soll die Einspruchsbeschränkung nach einem Hinweis des Gerichts, dass statt der im Bußgeldbescheid angenommenen Fahrlässigkeit eine vorsätzliche Begehung in Betracht komme, nicht mehr zulässig sein. Der Senat teilt jedoch diese Auffassung nicht, die soweit ersichtlich obergerichtlich vereinzelt geblieben (der Anschluss in OLG Bamberg, Beschluss vom 30. Oktober 2017 – 3 Ss OWi 1206/17 betraf nur den tragenden Teil der Entscheidung) und nie als tragende Begründung angewendet worden ist, sondern schließt sich den überzeugend begründeten Entscheidungen des OLG Rostock (Beschluss vom 14. April 2022 – 21 Ss OWi 24/22, Entscheidung in der Besetzung des Senats mit drei Richtern) und des OLG Oldenburg (Beschluss vom 7. März 2016 – 2 Ss (OWi) 55/16) an. Es steht nicht in Zweifel, dass eine von Anfang an erfolgende Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen gemäß § 67 Abs. 2 OWiG zulässig ist, sofern der Bußgeldbescheid den gesetzlichen Anforderungen des § 66 Abs. 1 OWiG entspricht (OLG Rostock und OLG Oldenburg a.a.O. jeweils m.w.N.). Ebenso ist im Strafprozessrecht (das gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 OWiG auch für den Einspruch gilt) anerkannt, dass eine Teilrücknahme und die darin liegende nachträgliche Rechtsmittelbeschränkung in gleicher Weise und in gleichem Umfang zulässig ist wie eine von vornherein erklärte Beschränkung des Rechtsmittels (BGHSt 33, 59; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Auflage 2022, § 302 Rdnr. 2). Warum dies im Ordnungswidrigkeitenrecht und insbesondere nach einem gerichtlichen Hinweis anders sein soll, erschließt sich nicht. Die Hinweispflicht gemäß § 265 StPO auf eine möglicherweise veränderte rechtliche Bewertung dient der Sicherung der umfassenden Verteidigung des Betroffenen und Gewährleistung seines Anspruchs auf ein faires Verfahren; er soll seine Verteidigung auf den veränderten Gesichtspunkt einrichten können. Die hier abgelehnte Auffassung würde hingegen bedeuten, dass der Betroffene aufgrund eines solchen richterlichen Hinweises ihm sonst zustehende prozessuale Rechte verliert und damit den Sinn und Zweck der Hinweispflicht in das Gegenteil verkehren. Ebenso wenig trifft es zu, dass Schuldform und Rechtsfolgen so eng miteinander verbunden wären, dass das Amtsgericht nach einer solchen Beschränkung des Einspruchs die Rechtsfolgen nicht auf der Grundlage der im Bußgeldbescheid angenommenen Fahrlässigkeit bestimmen könnte (OLG Rostock a.a.O.) – dagegen spricht bereits, dass dies auch bei einer von Anfang an erfolgenden Beschränkung des Einspruchs gelten müsste, was aber auch nach der zitierten Einzelrichterentscheidung des früheren Bußgeldsenats des OLG Frankfurt am Main gerade nicht in Frage gestellt wird.

Da die Beschränkung des Einspruchs wirksam war, war nur noch über die Rechtsfolgen auf der Grundlage des rechtskräftig festgestellten fahrlässigen Geschwindigkeitsverstoßes zu entscheiden…..“