Der Angeklagte wird wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Der Vorsitzende der Schwurgerichtskammer hatte einen an der Tat beteiligten und deswegen rechtskräftig abgeurteilten Cousin des Angeklagten als Zeugen geladen und ihn in der Hauptverhandlung wegen seines Verwandtschaftsverhältnisses zum Angeklagten gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 StPO belehrt. Der Zeuge sagte zunächst zur Sache aus, auf „nochmalige Belehrung gemäß § 52 StPO“ erklärte er aber, dass er von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch mache. Die Kammer hat das hingenommen. Die Revision des Angeklagten hatte Erfolg. Dazu der BGH, Beschl. v. 27. 11. 2012 – 5 StR 554/12:
Durch die Zubilligung eines Zeugnisverweigerungsrechts nach § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO hat das Landgericht § 245 Abs. 1 StPO verletzt, wonach die Beweisaufnahme auf alle vom Gericht vorgeladenen und erschienenen Zeugen zu erstrecken ist. Der Cousin des Angeklagten durfte als lediglich im vierten Grad mit dem Angeklagten Verwandter (§ 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO, § 1589 BGB) das Zeugnis nicht verweigern.
Der Senat kann nicht sicher ausschließen, dass das Urteil auf diesem Rechtsfehler beruht (zum Maßstab vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1996 – 2 StR 596/95, NJW 1996, 1685 mwN). Im Urteil ist die Aussage des Zeugen, die er bis zu seiner Zeugnisverweigerung getätigt hat, weder mitgeteilt noch beweisrechtlich gewürdigt worden. Wiedergegeben ist lediglich die Aus-sage eines an den Gewalthandlungen unbeteiligten Zeugen, der danach mit einer weiteren Person den Angeklagten und dessen Cousin vom Opfer getrennt und weggebracht hat (UA S. 11). Das deutet darauf hin, dass der Cousin des Angeklagten zumindest das Kerngeschehen wahrgenommen, wenn nicht sogar sich selbst daran beteiligt hat. Auch in seiner von der Revision mitgeteilten Beschuldigtenvernehmung schildert der Zeuge das Tatvorgeschehen, Provokationen und die nachfolgenden Gewalthandlungen. Mit Blick auf die mögliche Bedeutung seiner Zeugenaussage kann deshalb ein Beruhen des Urteils auf seiner partiell unterbliebenen Zeugenaussage trotz an sich rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung nicht ausgeschlossen werden.
Da hat man sich in der Kammer bei der Ermittlung des Verwandtschaftsgrades wohl verzählt. Am besten macht man sich da ein „Tableau“. Das gibt es übrigens u.a. in Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 7. Aufl., 2013 (das war jetzt Werbung :-)).