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StPO III: Bestechung der Polizei nach Verkehrs-Owi, oder: Einheitliche Tat ==> Strafklageverbrauch

 

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Und zum Tagesschluss dann noch der OLG Stuttgart, Beschl. v. 15.03.2023 – 1 ORs 28 Ss 120/23, lso schon etwas älter, aber jetzt gerade erst erhalten.

Es geht um einen etwas kuriosen Sachverhalt: Gegenstand des Verfahrens ist der Vorwurf, der Angeklagte habe sich einer Bestechung schuldig gemacht. Er soll am 29.06.2021 gegen 21:20 Uhr als Führer eines Pkws auf der Steiermärker Straße in Stuttgart-Feuerbach ein Mobiltelefon benutzt haben. Die ihn dabei beobachtenden Polizeibeamten sollen ihn nach kurzer Hinterherfahrt durch den dortigen ca. ein Kilometer langen Tunnel an der Kreuzung Pforzheimer Straße angehalten und ihn mit dem Verdacht der Begehung einer Ordnungswidrigkeit konfrontiert haben. Im Laufe der Anzeigenaufnahme habe der Angeklagte den beiden Polizeibeamten sodann angeboten, ihnen bei Gelegenheit als Kfz-Sachverständiger „mit ihren privaten Pkw weiterhelfen zu können“, wenn sie denn statt eines punktbewehrten Handyverstoßes einen nicht punktbewehrten Gurtverstoß aufnehmen würden.

Der Angeklagte ist mit Urteil des AG Stuttgart vom 21.02.2022 nach mündlicher Verhandlung zur Sache wegen eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVO zu einer Geldbuße von 120 EUR verurteilt worden. Die Entscheidung ist seit dem 01.03.2022 rechtskräftig.

Der Angeklagte ist wegen des Vorfalls (außerdem) durch das AG Stuttgart-Bad Cannstatt hatte den Angeklagten durch Urteil vom 28.03.2022 wegen Bestechung zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 40 EUR verurteilt worden. Die Berufungen der StA und des Angeklagten hat das LG verworfen. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten führt  dann beim OLG wegen eines Verfahrenshindernisses zur Aufhebung des Urteils und Einstellung des Verfahrens:

„2. Dem weiteren Verfahren steht ein dauerndes Verfahrenshindernis entgegen, weil durch das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 21. Februar 2022 Strafklageverbrauch eingetreten ist. Das Verfahren ist daher gemäß § 206a i.V.m. § 354 Abs. 1 StPO einzustellen.

a) Nach § 84 Abs. 2 OWiG schließt die gerichtliche Entscheidung über die Tat deren erneute Verfolgung unter allen rechtlichen Gesichtspunkten als Ordnungswidrigkeit wie auch als Straftat aus. Der Begriff der Tat ist dabei im verfahrensrechtlichen Sinne des § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 264 StPO zu bestimmen (KK-OWiG/Lutz, 5. Aufl. 2018, OWiG § 81 Rn. 6); auf die materiell-rechtliche Einordnung als Tateinheit nach § 52 StGB oder Tatmehrheit nach § 53 StGB kommt es nicht an. Eine Tat in diesem Sinne liegt demnach vor, wenn die einzelnen Handlungen nicht nur äußerlich ineinander übergehen, sondern wegen der ihnen zugrunde liegenden Vorkommnisse unter Berücksichtigung ihrer strafrechtlichen Bedeutung auch innerlich derart miteinander verknüpft sind, dass der Unrechts- und Schuldgehalt der einen Handlung nicht ohne die Umstände, die zu der anderen Handlung geführt haben, richtig gewürdigt werden kann, und ihre getrennte Würdigung und Aburteilung als unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs empfunden würde (BGH, Beschluss vom 19. November – 2 StR 358/20 -, BeckRs 2020, 42039; KG Berlin, Beschluss vom 12. Oktober 2018 – 3 Ws (B) 250/18 juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 1. Juli 2021 – 1 Rv 13 Ss 421/21 -, juris).

b) Diesen Maßstab zugrunde gelegt ist hier davon auszugehen, dass die durch Urteil des Amtsgericht Stuttgart vom 21. Februar 2022 geahndete Ordnungswidrigkeit dieselbe Tat im prozessualen Sinne wie die in der angegriffenen Entscheidung betrifft. Der motivische Anlass der Bestechung liegt in dem Hinterherfahren, Anhalten und der Eröffnung des Verdachts der Begehung einer punktbewehrten Verkehrsordnungswidrigkeit begründet. Die Bestechungshandlung bildet als direkte und spontane Reaktion auf die befürchteten Folgen mit der Ordnungswidrigkeit einen einheitlichen Lebensvorgang. Die Bestechung wurde gerade nicht bei Gelegenheit begangen, sondern war unmittelbar durch die vorangegangene Ordnungswidrigkeit veranlasst. Der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat kann nur in Zusammenhang mit dem Vorgeschehen und der Anzeigenaufnahmesituation gewürdigt werden. Zwischen dem Handyverstoß und der Bestechung besteht damit eine unlösbare innere Verknüpfung, die über den bloßen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang der Ausführung der Tathandlungen hinausgeht. Dieser innere Bedingungszusammenhang begründet die Annahme einer prozessualen Tat. Es ist auch ohne Bedeutung, dass materiell-rechtlich die Ordnungswidrigkeit bereits beendet war, als die Straftat begangen wurde (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 12. Oktober 2018 – 3 Ws (B) 250/18 juris). Auch der Umstand, dass mindestens zehn Minuten zwischen der Ordnungswidrigkeit und der Bestechungshandlung lagen, lässt weder einen engen zeitlichen Zusammenhang noch den ausschlaggebenden Motivzusammenhang entfallen. Gleiches gilt für die zurückgelegte Wegstrecke bis zum Ort des Anhaltens, zumal nicht festgestellt werden konnte, zu welchem genauen Zeitpunkt der Angeklagte möglicherweise auch erst kurz vor dem Anhalten – das Mobiltelefon zur Seite legte. c) Nachdem mit Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 21. Februar 2022 über die Tat des Angeklagten als Ordnungswidrigkeit rechtskräftig entschieden worden ist, kann sie wegen der in § 84 Abs. 2 OWiG normierten Sperrwirkung folglich nicht mehr als Straftat verfolgt werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten beruht auf § 467 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO. Der Senat hat von dem ihm eingeräumten Ermessen dahin Gebrauch gemacht, nicht davon abzusehen, die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse aufzuerlegen. Maßgebend dafür ist, dass das Verfahrenshindernis bereits vor dem erstinstanzlichen Urteil bestanden hat (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Mai 2022 – 2 StR 394/21 -, juris Rn. 21).“

Gebührenunterschreitung, oder: Der bestochene Notar

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Heute dann mal ein wenig materielles Recht. Und in dem Zusammenhang weise ich dann zunächst auf das BGH, Urt.  v. 22.03.2018 – 5 StR 566/17 – hin.  Seine Bedeutung ergibt sich u.a. aus dem Umstand, dass es für eine Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung BGHSt vorgesehen ist.

Den Angeklagten ist Bestechung bzw. Bestechlichkeit vorgeworfen worden. Das LG hat aus Rechtsgründen freigesprochen. Die Anklage hatte den beiden Angeklagten Folgendes zur Last gelegt:

„Der Angeklagte D. habe als Immobilienkaufmann zahlreiche Geschäfte durchgeführt, für die notarielle Beurkundungen angefallen seien. Im Jahr 2005 habe er dem inzwischen verstorbenen Notar Sc. und nach dessen Ausscheiden aus dem Notariat dessen Nachfolger, dem Angeklagten S. , in Aussicht gestellt, sie bevorzugt mit Beurkundungsvorgängen zu betrauen. Hierdurch sollte den Notaren die Möglichkeit eröffnet werden, über längere Zeiträume regelmäßige und sichere Mehreinnahmen zu erzielen. Zu einer solchen bevorzugten Beauftragung sei der Angeklagte D. aber nur bereit gewesen, wenn die Notare im Gegenzug von ihm nicht die vollen gesetzlichen Gebühren gefordert, sondern nur die Hälfte dieser Gebühren geltend gemacht hätten. Obwohl allen Beteiligten klar gewesen sei, dass die Notare hierdurch ihre Dienstpflichten verletzten, hätten sich die Notare damit einverstanden erklärt, weil sie auf diese Weise Mehreinnahmen hätten generieren können, die ihnen auf andere Weise nicht zugeflossen wären.

In Umsetzung dieser Abrede habe der Notar Sc. zwischen 2005 und 2007 in 94 Fällen für den Angeklagten D. Beurkundungen vorgenom-men, für die insgesamt gesetzliche Gebühren in Höhe von 264.826,85 Euro angefallen seien. Vereinbarungsgemäß habe der Angeklagte D. hingegen nur 112.804,76 Euro gezahlt. Zwischen 2005 und 2009 habe der Angeklagte S. die getroffene Abrede in ähnlicher Weise in 49 Fällen umgesetzt.

Anstelle der für seine Beurkundungen angefallenen gesetzlichen Gebühren in Höhe von insgesamt 69.193,05 Euro habe er nur 34.526,62 Euro vom Angeklagten D. erhalten.“

Das LG hat hat in der Hauptverhandlung keine Beweiserhebung durchgeführt und keinerlei Feststellungen getroffen, weil die Angeklagten aus Rechtsgründen von den Anklagevorwürfen freizusprechen seien. Allein das hat schon zur Aufhebung geführt. Denn auch ein aus Rechtsgründen freisprechendes Urteil muss Feststellungen zur Sache treffen.

Zur Sache gibt der BGH dann dem LG mit auf den Weg:

„2. Ein Notar ist gemäß § 1 BNotO Amtsträger im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2b StGB (vgl. Eser/Hecker in Schönke/Schröder, 29. Aufl., § 11 Rn. 19) und nimmt mit der Erhebung der gesetzlich vorgeschriebenen Gebühren nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BNotO eine Diensthandlung gemäß §§ 332, 334 StGB vor.

a) Eine Diensthandlung liegt jedenfalls vor, wenn das Handeln zu den dienstlichen Obliegenheiten des Amtsträgers gehört und von ihm in dienstlicher Eigenschaft vorgenommen wird (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1983 – 4 StR 375/82, BGHSt 31, 264, 280; MüKo-StGB/Korte, 2. Aufl., § 331 Rn. 84). Dies ist bei der Gebührenerhebung durch einen Notar zu bejahen (vgl. Usinger/ Jung, wistra 2011, 452, 455; abweichend für einen Fall nachträglicher Rückgewähr von Gebührenteilen OLG Stuttgart NJW 1969, 943).

Der Notar ist – verfassungs- und europarechtskonform (vgl. nur BVerfG, NJW 2015, 2642 m. Anm. Terner; EuGH NJW 2011, 2941) – gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BNotO zur Erhebung der gesetzlichen Gebühr amtlich verpflichtet (BGH, Urteil vom 24. November 2014 – NotSt [Brfg] 1/14, DNotZ 2015, 461, 465). Durch diese Amtspflicht soll namentlich verhindert werden, dass es zu einem Verdrängungswettbewerb unter den Notaren kommt; die Vorschrift bezweckt die Sicherung einer funktionsfähigen Rechtspflege, indem leistungsfähi-ge Notariate und die Versorgung der Bevölkerung mit notariellen Dienstleistungen gesichert werden (vgl. BVerfG, NJW-RR 2011, 855, 856).

b) Das angeklagte Verhalten wäre auch pflichtwidrig. Unterschreitet der Notar die gesetzlichen Gebühren, verletzt er grundsätzlich seine Pflicht aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BNotO (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2017 – NotSt [Brfg] 2/17 Rz. 24). Der Anspruch des Notars ist gemäß § 17 Abs. 1 BNotO öffentlich-rechtlicher Natur. Deswegen sind die Gebühren des Notars – von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen – jeglicher Vereinbarung entzogen, die sich auf ihre Höhe auswirkt (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 2014 – NotSt [Brfg] 1/14, DNotZ 2015, 461, 466; OLG Celle, NJOZ 2012, 1071; vgl. § 125 GNotKG bzw. § 140 Satz 2 KostO aF). Gleichwohl getroffene Vereinba-rungen sind nichtig und befreien den Notar nicht von der Pflicht zur Erhebung der gesetzlich vorgesehenen Gebühren (vgl. BGH aaO; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 26. November 2012 – 20 W 154/11 mwN). Diese Pflicht ist gleichermaßen verletzt, wenn der Notar Gebührenrechnungen nur zum Schein in voller Höhe ausstellt, dem Kostenschuldner aber von vornherein zusi-hert, nur einen Teil davon tatsächlich geltend zu machen.

c) Der Angeklagte S. und der inzwischen verstorbene Notar Sc. sollten – den Anklagevorwurf als zutreffend unterstellt – für ihre pflichtwidrigen Diensthandlungen auch Vorteile im Sinne von §§ 332, 334 StGB erhalten, nämlich die Erteilung von Beurkundungsaufträgen durch den Angeklagten D. im Gegenzug für die Ermäßigung der gesetzlichen Notargebüh-ren.

Ein Vorteil im Sinne der Bestechungsdelikte ist jede Leistung, auf die der Amtsträger keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert (vgl. nur BGH, Urteile vom 10. März 1983 – 4 StR 375/82, BGHSt 31, 264, 279, und vom 14. Oktober 2008 – 1 StR 260/08, BGHSt 53, 6; MüKo-StGB/Korte, 2. Aufl., § 331 Rn. 60 mwN).

Er kann auch im Abschluss eines Vertrages mit dem Amtsträger bestehen, auf den dieser keinen Anspruch hat (vgl. BGH, Urteile vom 10. März 1983 – 4 StR 375/82, BGHSt 31, 264, 279 f.; vom 21. Juni 2007 – 4 StR 99/07, NStZ 2008, 216 f., und vom 26. Mai 2011 – 3 StR 492/10, StV 2012, 19). Nach diesen Grundsätzen liegt ein Vorteil auch in der Erteilung eines Beurkundungs-auftrags, auf die der Notar keinen Rechtsanspruch hat (vgl. LK-StGB/Sowada, 12. Aufl., § 331 Rn. 47). Dies war vorliegend nach der Anklage der Fall.“

„Affäre um Hotelrechnungen: Wulff bleibt Korruptionsprozess wohl erspart“

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Das Jahr 2013 fängt für Christin Wulff dann doch noch ganz gut an: Unter der Überschrift „Affäre um Hotelrechnungen: Wulff bleibt Korruptionsprozess wohl erspart“ finde ich bei Stern.de nämlich gerade die (Vorab)Meldung, das Altbundespräsident Christian Wulff dann doch wohl ein Korruptionsprozess beim LG Hannover erspart bleiben wird, und zwar- das muss man ja immer mit anführen – in dem Verfahren wegen der Hotelrechnungen. Zur ganzen Meldung hier.

Interessant aus der Meldung der letzte Absatz:

„Dem Bericht zufolge blieben bei den Ermittlern zwar einige Restzweifel. Für eine Anklage sähen sie aber keine hinreichende Grundlage. Die Staatsanwaltschaft Hannover will ihre Entscheidung, ob sie Anklage gegen Wulff erheben wird, erst nach der niedersächsischen Landtagswahl am kommenden Sonntag offiziell bekanntgeben.

Der Staatsanwaltschaft bleibe nichts anderes übrig, als das Ermittlungsverfahren mangels Tatverdachts einzustellen, sagte Strafverteidiger und FDP-Politiker Wolfgang Kubicki dem Blatt: „Herr Wulff hat sich aus strafrechtlicher Sicht nichts zu Schulden kommen lassen.““

Also „nur“ ein Freispruch zweiter Klasse – mangels Beweisen, und: Warum offiziell erst nach der Wahl, wenn man jetzt schon Politiker das Ergebnis kommentieren lässt. Das verstehe, wer will. Ich nicht.

BGH zu Geschäftspraktiken von Schulfotografen

Bisher liegt zum BGH, Urt. v. 26.05.2011 – 3 StR 491/10 – nur die PM des BGH vom selben Tage vor, in der über das Urteil des BGH in der Frage berichtet wird. Das LG Hildesheim hatte die beiden Angeklagten vom Vorwurf der Bestechung frei gesprochen. Das hat beim BGH nicht gehalten. Dazu heißt es in der PM:

„Das Landgericht Hildesheim hat zwei Angeklagte vom Vorwurf der Bestechung freigesprochen. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat das Urteil auf die Revision der Staatsanwaltschaft aufgehoben.

Gegenstand des Verfahrens sind Fälle des Geschäftsmodells der Schulfotografie, bei dem der Fotograf der Schule, in der er die Schüler ablichten kann, eine an der Anzahl der Schüler oder der verkauften Bilder orientierte Geld- oder Sachzuwendung gewährt. Die Schule übernimmt die Organisation des Fototermins, verteilt die gefertigten Bilder an die Schüler, sammelt nicht abgenommene Aufnahmen sowie das Geld für gekaufte Fotos wieder ein und gibt sie an den Fotografen weiter.

Das Landgericht hat 14 Fälle festgestellt, bei denen die Angeklagten zwischen April 2002 und November 2004 solche Schulfoto-Aktionen durchführten. Nach seiner Auffassung honorierten die Angeklagten dabei mit den Geld- oder Sachleistungen jeweils nur die Arbeit der Schule beim Ablauf der Aktion, insbesondere beim Vertrieb der Bilder und beim Inkasso des Entgelts in angemessenem Umfang. Das Landgericht hat deshalb in den Zuwendungen jeweils keinen unberechtigten Vermögenszuwachs für den Schulleiter oder Dritte und damit keinen Vorteil im Sinne der Bestechungsdelikte zu sehen vermocht und die Angeklagten freigesprochen. Es hat sich hierbei an dem Urteil des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 7. Oktober 2005 – I ZR 112/03 (NJW 2006, 225) orientiert. Dieser hatte dort entschieden, dass es wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden sei, wenn ein Fotograf mit einer Schule einen Vertrag schließe, in dem er eine angemessene Vergütung für die seitens der Schule im Rahmen der Fotoaktion zu erbringenden Leistungen verspreche. Er hat dies u. a. damit begründet, dass ein solches Vorgehen keine Vorteilsgewährung oder Bestechung darstelle, da es wegen der Angemessenheit der Vergütung an einem Vorteil im Sinne dieser Straftatbestände fehle.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat das freisprechende Urteil des Landgerichts aufgehoben, weil es schon keine hinreichenden Feststellungen zu der Motivation getroffen hat, aus der heraus die Angeklagten den Schulen die Geld- oder Sachleistungen anboten. Gemäß § 334 Abs. 3 Nr. 2 StGB macht sich u. a. bereits derjenige wegen Bestechung strafbar, der einem Amtsträger einen Vorteil anbietet und versucht, diesen hinsichtlich einer Handlung, die in dessen Ermessen steht, bei der Ermessensausübung zu beeinflussen. Die Beauftragung eines Schulfotografen ist eine derartige Ermessenshandlung. Ob die Angeklagten die Schulleiter durch die angebotenen Leistungen dazu bewegen wollten, ihnen den Auftrag für die Fotoaktion zu erteilen, hat das Landgericht nicht erörtert, obwohl einige von ihm festgestellte Indizien darauf hindeuten können.

Sollte eine derartige Motivation der Angeklagten vorgelegen haben, so kommt ihre Strafbarkeit nach § 334 Abs. 3 Nr. 2 StGB aber unabhängig davon in Betracht, ob die von ihnen angebotenen Leistungen objektiv auch als angemessenes Entgelt für die Mitwirkung des Lehrkörpers an der Fotoaktion angesehen werden könnte. Es ist daher im gegenwärtigen Verfahrensstadium auch nicht von Belang, ob der Abschluss eines derartigen Vertrages schulverwaltungsrechtlich überhaupt zulässig ist und entsprechend der Ansicht des I. Zivilsenats geeignet wäre, den Vorteil im Sinne der Bestechungsdelikte entfallen zu lassen.

Das Landgericht Hildesheim wird daher über den Vorwurf gegen die Angeklagten erneut verhandeln und entscheiden müssen.

Urteil vom 26. Mai 2011 – 3 StR 492/10

LG Hildesheim – Urteil vom 11. Mai 2010 – 16 KLs 4252 Js 103632/04″

Neuer Schmiergeldskandal?

Man ist ja schon erstaunt. Da ist der eine Schmiergeldskandal noch nicht zu Ende (Siemens), da tut sich schon der nächste auf. Das „heute-journal“ meldet gerade, dass nun bei MAN nicht mehr nur wegen des Verdachts von Schmiergeldzahlungen nur drei Verdächtige im Spiel sind. Jetzt sollen es nach bundesweiten Durchsuchungen durch die Staatsanwaltschaft München über 100 sein. Bei den Ermittlungen geht es um Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr wie auch Steuerhinterziehung beim Verkauf von LKW und Bussen. Im Spiel sind ganz schöne Millionen-Beträge. Der 1. Strafsenat des BGH wird sich freuen.