Bestimmt der Rechtspfleger über das Wann und Wie der anwaltlichen Tätigkeit?

Manche Fragen „hauen einen um“. So jetzt gerade ein Posting, das aus dem Forum von LexisNexis® Strafrecht stammt. und das ich jetzt mal hier – nach Rückfrage und mit Erlaubnis – an eine noch größere Leserschaft gebe. Natürlich in der Hoffnung auf viele schöne Kommentare und Hinweise. Der Kollege fragt/postet:

wieder einmal eine Überraschung aus dem Bereich der Beratungshilfe. Die wollen jetzt ernsthaft, dass man bei Erhalt der Akte telefonisch oder per E-Mail einen Termin vereinbart und dann mit der Originalakte berät. Dann würden keine Kopien gefertigt werden müssen. Soweit erforderlich, soll man halt eine Fristverlängerung zur Aktenrückgabe beantragen.

Zitat: „Es bedarf lediglich der geringfügigen Änderung der anwaltlichen Praxis“
Es folgt eine Aufzählung diverser Entscheidungen, mit denen der Rpfl. Rspr. seines AG zitiert.
Da fällt mir im wahrsten Sinne des Wortes nichts mehr zu ein.

Hatte jemand schon einmal eine ähnliche Problematik und sich erfolgreich
dagegen gewehrt oder kennt zumindest Rspr. Es kann doch nicht sein, dass
mir ein Rpfl. jetzt schon sagt, wie und wann ich meine Arbeit zu erledigen
habe
.“

Mir fällt dazu auch nichts ein, was allerdings nichts heißen will, da ich mich im Bereich der Beratungshilfe nicht so gut auskenne. Aber vielleicht hat ja einer der Leser schon mal etwas Ähnliches erlebt. Es kann doch wirklich nicht sein, dass nun der Rechtspfleger die Lufthoheit über den anwaltlichen Terminkalender bekommt. Und dass dann alles für das fürstliche Beratungshilfehonorar.

10 Gedanken zu „Bestimmt der Rechtspfleger über das Wann und Wie der anwaltlichen Tätigkeit?

  1. Detlef Burhoff

    Hallo, ja, ich bin immer noch sprachlos. Mit liegt inzwischen die Verfügung des Rechtspflegers des AG Halle (Saale) vor mit einer Vielzahl von Entscheidungen des AG, das diese Vorgehen offenbar absegnet. Aber es tun sich doch eine Menge Fragen auf. Der betroffene Kollege fragt z.B., was eigentlich ist, wenn der Mandant nach ein paar Wochen noch Fragen hat. Erneute AE? Und die Kosten der erneuten Versendung? Muss der Mandant alle Fragen sofort stellen? Er will der Erinnerung einen geeigneten Fragenkatalog anhängen und für den Fall einer Ablehnung um deren Beantwortung bitten.

    Wer also insoweit interessante Fragen hat, er ist für jede dankbar. Rechtspfleger und Richter sicher auch, nehme ich an :badgrin:

    Ich habe noch auf etwas anderes hingewiesen: Wenn der RA nur die Originalakte hat, und die auch nur kurzfristig, dann hat er keinerlei Nachweise/Belege über den Inhalt der Akte und kann später, falls es erforderlich sein/werden sollte, auch hinsichtlich seiner Haftung nicht entsprechend vortragen. Oder – aber dann soll man es auch offen schreiben – die Staatskasse verlangt von ihm, dass er auf seine Kosten kopiert. Ich fasse es einfach nicht. Die Kassen müssen so was von leer sein.

  2. RA JM

    Rechtsflegel eben. Siehe auch § 50 BRAO – Handakten des Rechtsanwalts:

    (1) Der Rechtsanwalt muß durch Anlegung von Handakten ein geordnetes Bild über die von ihm entfaltete Tätigkeit geben können.

    (2) Der Rechtsanwalt hat die Handakten auf die Dauer von fünf Jahren nach Beendigung des Auftrags aufzubewahren. …

    Stattdessen schreibt man dann einen Vermerk: Weiteres s. Gerichtsakte, oder wie?

  3. RA Friedrich

    Liebe KollegInnen,

    das Hauptproblem ist meines Erachtens, dass auch auf die Rechtspfleger letztlich von oben nach unten durchgetreten wird. Der Staat würde die Beratungs- und Prozeßkostenhilfe abschaffen und die Erinnerungsrichter segnen regelmäßig – oft gegen geschriebenes Recht – die Entscheidungen der Rechtspfleger ab, die sich wiederum dann auf die Rechtsprechung des Richters berufen. Gerade in der sächsischen Justiz sind derzeit eine Vielzahl solcher Stilblüten zu beobachten.

    Das BVerfG hat mit Beschluss vom 11.05.2009 einen Beschluss des AG Zwickau aufgehoben, mit dem Beratungshilfe für einen Widerspruch gegen Kürzung von Sozialleistungen mit dem Argument verweigert wurde, man könne schließlich selbst Widerspruch einlegen und bei der Widerspruchsbehörde vorsprechen.

    Oder das AG Leipzig hat die Ablehnung von BerH in einer Mietsache mit dem Argument begründet, dass nicht dargelegt und glaubhaft gemacht worden sei, dass eigenen Anstrengungen zur Klärung der Angelegenheit unternommen worden wären. In solch einfachen!!! Fällen ist die Inanspruchnahme von BerH ohne eigenständige Bemühungen mutwillig.

    Gängige Praxis ist auch, dass die anwaltliche Versicherung zum Anfall der Gebühren nicht ausreicht, sondern eine eV abzugeben ist. Man ist jedoch schon dankbar, dass damit die rechtspfleger von dem Trip herunter sind, zur Glaubhaftmachung die gefertigten Schreiben vom Anwalt zu verlangen, was jedenfalls ich für einen eklatanten Angriff auf die anwaltliche Verschwiegenheit empfinde.

    Aber es gibt auch Beispiele, wo selbst die Erinnerungsrichter die Rechtspfleger bremsen, wie in dem Fall, dass BerH verweigert wurde, weil es sich um eine Strafsache gehandelt haben soll. Der manadatin wurde nach FeV die Fahrerlaubnis durch die FEB entzogen. Der Rechtspfleger war der Auffassung eine Entziehung sei immer eine Maßregel und damit zwingend Strafrecht.

    Die KollegInnen müssen sich leider entscheiden, ob eine solche Rechtsprechung hingenommen oder ob – auch der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit – das Verfassungsgericht – die Kosten mal außer Betracht – angerufen wird.

  4. Tom Paris

    Beratungshilfe und anwaltliche Schweigepflicht. Ein Problem, das mich auch schon des öfteren beschäftigt hat, weil z.B. das Amtsgericht Kassel grundsätzlich die außergerichtliche Korrespondenz zum Nachweis der erfolgten Tätigkeit anfordert. Ich habe in einer älteren Ausgabe des Anwaltsblatts einmal eine Entscheidung gefunden, daß insoweit gegenüber dem Gericht die anwaltliche Schweigepflicht nicht gelte, im übrigen der Rechtspfleger ja auch zur Verschwiegenheit verpflichtet sei.

    Trotzdem problematisch. Wie soll man verfahren? Die Handakte nicht herausrücken und sich auf einen Streit mit dem Gericht einlassen oder die Korrespondenz übersenden und sich den Vorwurf einer Verletzung der Verschwiegenheitspflicht einhandeln?

    Andererseits: wenn man PKH beantragt, legt man dem Gericht den Sachverhalt ebenfalls in einem Klageentwurf dar. In einem regulären Klageverfahren ebenso. Willigt der Mandant, der Beratungshilfe beantragt nicht konkludent darin ein, daß man den Sachverhalt ggf. dem Gericht vorträgt?

    Etwas anderes mag in Strafsachen gelten. Wenn ich einen Mandanten schriftlich darüber berate, wie er sich in einer Strafsache verhalten soll, kann ich das wohl schlecht dem Rechtspfleger vorlegen.

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  6. RA Stuth

    Das Problem der Vorlage von Unterlagen stellt sich nur, wenn im Rahmen der Beratungshilfe vertreten wird und die Geschäftsgebühr (RVG VV 2503) und ggf. eine Eingungsgebühr (RVG 2508)berechnet wird. Dann verlangt der Rechtspfleger (m. E. zu Recht) den Nachweis, dass diese Tätigkeiten entfaltet wurden bzw. diese Gebühren angefallen sind.
    Bei der Beratung in Strafsachen stellt sich das Problem nicht, da es hier nur die Beratungsgebühr RVG VV 2501 gibt (keine Vertretung im Rahmen der Beratungshilfe).

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