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OWi I: Das bloße „Umlagern“ des Smartphones, oder: Wer nur „umlagert“, „benutzt“ nicht

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Heute am ersten „Arbeitstag“ des Monats ist dann wieder ein OWi-Tag.

Den eröffne ich mit dem OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.04.2023 – 1 ORbs 33 Ss 151/23 -, der mal wieder eine Problematik des § 23 Abs. 1a StVO anspricht. Nämlich das bloße Umlagern des elektronischen Geräts.

Das OLG sieht darin keine „Benutzung“:

„Das angefochtene Urteil hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand, weil die getroffenen Feststellungen den Schuldspruch nicht tragen.

4. Allein durch das Aufnehmen oder Halten eines elektronischen Gerätes, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, während der Fahrt begeht der Führer eines Kraftfahrzeuges keinen Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO in der Fassung der Dreiundfünfzigsten Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 6. Oktober 2017 (BGBL. I 2017, 3549). Es muss vielmehr auch weiterhin über das bloße Halten hinaus eine Benutzung des elektronischen Geräts hinzukommen (OLG Celle, Beschl. v. 7.2.2019 – 3 Ss (OWi) 8/19; OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.2.2019 – (2 Z) 53 Ss-Owi 50/19; OLG Stuttgart Beschl. v. 3.1.2019 – 2 Rb 24 Ss 1269/18, BeckRS 2019, 1068; so auch König, in Hentschel/König/Dauer, StVO 47. Aufl. § 23 Rn. 32; Will, NZV 2019, 331). Der Auffassung, die einen Verstoß bereits dann annimmt, wenn das elektronische Gerät in der Hand gehalten wird (OLG Oldenburg, Beschl. v. 25.7.2018 – 2 Ss (OWi) 201/18 -, DAR 2018, 577) folgt der Senat nicht, da sie nicht mit dem Wortlaut der Vorschrift vereinbar ist. Das OLG Oldenburg hat im Übrigen diese Auffassung zwischenzeitlich aufgegeben (Beschl. v. 17.4.2019 – 2 Ss (OWi) 102/19, NStZ-RR 2019,288). Danach darf, wer ein Fahrzeug führt, ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, „nur benutzen, wenn (…) hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird (…)“. Die Vorschrift regelt also, unter welchen Bedingungen die Benutzung eines elektronischen Geräts während der Fahrt erlaubt ist, und verbietet das Aufnehmen oder Halten des Geräts zu diesem Zweck („hierfür“). Fehlt es hingegen am Element der Benutzung, so unterfällt auch das Aufnehmen oder Halten nicht dem Verbot. Deshalb kann nicht allein das Aufnehmen oder Halten des Geräts ein Benutzen im Sinne der Vorschrift ausmachen. Hinzukommen muss vielmehr irgendein Zusammenhang des Aufnehmens oder Haltens mit einer der Bedienfunktionen des Gerätes, also mit seiner Bestimmung zur Kommunikation, Information oder Organisation (so zutr. OLG Celle, aaO).

5. Vom möglichen – die Grenze zulässiger richterlicher Interpretation bildenden (Göhler/Thoma, OWiG 18. Aufl. 2021 § 3 Rn. 6) – Wortsinn des Begriffs „Benutzen“ ist die bloße Ortsveränderung des elektronischen Geräts nicht mehr gedeckt, weil eine solche Handlung keinen Bezug zur Funktionalität des Geräts aufweist. Auch innerhalb ihres möglichen Wortsinns dürfen mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG einzelne Tatbestandsmerkmale nicht so weit ausgelegt werden, dass sie vollständig in anderen Tatbestandsmerkmalen aufgehen, also zwangsläufig mit diesen mitverwirklicht werden (Verschleifung oder Entgrenzung von Tatbestandsmerkmalen; vgl. BVerfG NJW 2010, 3209, Rn. 79). Hierauf würde es aber hinauslaufen, wenn man jegliches Aufnehmen oder Halten eines elektronischen Geräts mit dessen Benutzung gleichsetzte (OLG Celle, aaO, mwN). Dass dem Tatbestandsmerkmal der „Benutzung“ auch aus Sicht des Verordnungsgebers ein eigener Regelungsgehalt zukommen sollte, zeigt die Begründung des Änderungsentwurfs. Hiernach enthält der neue Absatz 1a „statt dem bisherigen Verbot nunmehr ein Gebot, unter welchen Voraussetzungen eine Gerätenutzung zulässig ist“ (BR-Drucks. 556/17, S. 25). Es wäre auch nicht einsichtig, eine funktionsneutrale Tätigkeit wie das Umlagern bei einem elektronischen Gerät anders zu bewerten als bei sonstigen im Fahrzeug mitgeführten Gegenständen, und zwar unabhängig davon, ob während des – von dessen Benutzung entkoppelten – Umlagerns eines Mobiltelefons eine über das Gerät zuvor hergestellte Verbindung beendet ist oder über die Freisprecheinrichtung fortgeführt wird.

6. Zwar wollte der Verordnungsgeber mit der Änderung der Vorschrift eine Regelungslücke in Fällen schließen, in denen das Gerät in der Hand gehalten wird, obwohl dies – weil das Gespräch über die Freisprecheinrichtung geführt wird – nicht erforderlich wäre (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 25.4.2016 – 4 Ss 212/16, NStZ-RR 2016, 255), weshalb es nunmehr ausreicht, dass Benutzung und Halten rein tatsächlich zusammentreffen, ohne dass das Halten des Geräts für die Benutzung erforderlich sein muss. Die Absicht, ein generelles Verbot des Aufnehmens oder Haltens elektronischer Geräte ohne Zusammenhang mit einer der Bedienfunktionen einzuführen, ist der Entwurfsbegründung aber nicht zu entnehmen. Hätte der Verordnungsgeber zum Ziel gehabt, die Hände des Fahrzeugführers vollständig von fahrfremden Tätigkeiten freizuhalten oder etwaige Beweisschwierigkeiten mit Blick auf die immer wieder neu auftauchenden Schutzbehauptungen Betroffener auszuräumen, so wäre zudem nicht erklärlich, warum das Verbot auf elektronische Geräte beschränkt worden ist, die der Kommunikation, Information oder Organisation dienen oder zu dienen bestimmt sind. Aus der Entwurfsbegründung ergibt sich vielmehr, dass der Verordnungsgeber gerade in der Kombination von Halten des elektronischen Geräts und Nutzung einer Bedienfunktion eine erhöhte Gefährdung der Verkehrssicherheit sieht, die mit Blick auf das Übermaßverbot die Beschränkung – im Gegensatz zu anderen, als sozialadäquat angesehenen fahrfremden Tätigkeiten (z.B. essen) – rechtfertigt (BR-Drucks. 556/17, S. 25 f.; OLG Celle aaO).

III.

Die Voraussetzungen für eine Vorlage an den Bundesgerichtshof nach § 121 Abs. 2 GVG i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG sind nicht erfüllt. Zwar gilt die Vorlagepflicht auch im Zulassungsverfahren nach § 80 OWiG (vgl. BGHSt 23, 365, 366). Sie besteht aber nur, wenn die Rechtsauffassung, von der abgewichen werden soll, tragende Grundlage der früheren Entscheidung des anderen Oberlandesgerichts war (KK/StPO-Hannich 8. Aufl. § 121 GVG Rn. 38 mwN). Das ist vorliegend nicht der Fall. In der vom Oberlandesgericht Oldenburg entschiedenen Sache hatte das Amtsgericht nämlich festgestellt, dass der Betroffene während der Fahrt ein Mobiltelefon in der Hand hielt und mehrere Sekunden auf das Display schaute. Damit lag über das bloße Halten hinaus ein Zusammenhang mit einer Bedienfunktion des Mobiltelefons, mithin ein Benutzen vor (so auch OLG Celle, aaO). Auf der (vom OLG Oldenburg im Übrigen aufgegebenen) Ansicht, dass auch das Aufnehmen oder Halten allein für den Verstoß ausgereicht hätte, beruht diese Entscheidung also nicht.“

Und dann gibt es (natürlich) für das AG auch gleich noch eine „Segelanweisung“:

„Das angefochtene Urteil kann somit keinen Bestand haben. Eine eigene Sachentscheidung des Senats kommt nicht in Betracht. Denn es ist nicht auszuschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden können, die eine rechtsfehlerfreie Verurteilung des Betroffenen tragen. Das Amtsgericht wird zu prüfen haben, ob das Halten des Mobilfunkgeräts durch den Betroffen entsprechend seiner Einlassung tatsächlich in keinem Zusammenhang mit dessen Nutzung stand, er es vielmehr nur umlagern wollte. Die Wahrnehmung von Sprechbewegungen ist für den Nachweis eines Nutzungszusammenhangs nicht zwingend erforderlich. Bereits aus der Art und Weise, wie bzw. mit welcher Hand und wie lange das Mobiltelefon gehalten wurde, können Rückschlüsse auf die Plausibilität der Behauptung einer bloßen Umlagerung gezogen werden. Der erforderliche Nutzungszusammenhang besteht im Übrigen auch dann, wenn durch das Umlagern (auch) die störungsfreie Weiterführung des Gesprächs über die Freisprecheinrichtung gewährleistet werden sollte.“