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Erstattung des Ausdrucks von Scans – auch nicht bei einer fast 80-jährigen Mandantin….

© Alex White _Fotolia.com

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Nach dem KG, Beschl. v. 28. 08. 2015 – 1 Ws 31/15 (dazu das Posting Ausdruck der digitalen Akte – nein, eine Dokumentenpauschale gibt es nicht….) hier dann die nächste Scan-Entscheidung des KG, und zwar der KG, Beschl. v. 28.08.2015 – 1 Ws 59/15 – mit folgendem Sachverhalt: Die Rechtsanwältin, die im Rahmen ihres Kostenfestsetzungsantrags eine Position „Dokumentenpauschale“ in Höhe von rund 70 EUR geltend gemacht hatte, war Nebenklagevertreterin. Auf Nachfrage der Staatskasse hatte sie mitgeteilt, dass ihr die Akten als Scan und in Papierform vorliegen würden. Später hat sie ergänzend vorgetragen, dass ihrer fast 80-jährigen Mandantin keine Mittel zur Verfügung stünden, sich durch einen eingescannten Aktenauszug zu informieren. Die 70 EUR sind nicht festgesetzt worden. Das KG hate es gehalten.

Begründung:

  • Für die Herstellung von Scans fällt die Dokumentenpauscahle nicht (vgl. dazu den KG, Beschl. v. 28.08.2015 – 1 Ws 51/15 – und das Posting Dokumentenpauschale für das Einscannen von Unterlagen – gibt es beim KG nicht).
  • Und: Auch der Ausdruck gescannter Gerichtsakten ist nicht erstattungsfähig. Hier sei vor allem nicht dargetan, dass die Herstellung der Papierkopien zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten gewesen sei. Das folge auch nicht daraus, weil der fast 80-jährigen Mandantin keine Mittel zur Verfügung stehen würden, sich durch einen gescannten Aktenauszug (z.B. über die Vernehmung des Beschuldigten und das Ergebnis der Begutachtung) zu informieren. Bei der Beurteilung, ob Ablichtungen aus den Akten zur Überlassung an die Nebenklägerin notwendig sind, sei entscheidend, ob diese auf den genauen Wortlaut der Schriftstücke angewiesen sei und/oder ob sie diese zur Vorbereitung ihrer Nebenklage ständig zur Hand haben müsse. In allen anderen Fällen sei es die Aufgabe des Nebenklagevertreters, dem Nebenkläger den Akteninhalt zusammenfassend mündlich zu vermitteln und dessen Bedeutung für den Verfahrensfortgang erforderlichenfalls anhand einzelner Schriftstücke zu belegen, wobei dazu i.d.R. Rückgriff auf den eigenen Ablichtungssatz bzw. Scan des Anwalts ausreichen werde.

Tja, was soll man dazu sagen? In meinen Augen „kleinlich“ und nicht „großzügig“, obwohl ja immer der „gewisse, nicht zu enge, sondern eher großzügige Ermessensspielraum“ des Rechtanwalts betont wird. Kleinlich in meinen Augen auch wegen der Argumentation des KG zur Mandantin. Vorgetragen bzw. aus der Akte zu entnehmen war, dass die Rechtsanwältin einer fast 80-jährigen Mandantin in einem Verfahren „wegen versuchter sexueller Nötigung pp.“ beigeordnet war. M.E. dürfte damit – vor allem auch vor dem Hintergrund, dass der Nebenklägerin keine (technischen) Mittel zur Verfügung standen, sich durch einen gescannten Aktenauszug (genaue) Informationen aus der Akte zu beschaffen – die Notwendigkeit für die Überlassung des Ausdrucks auf der Hand gelegen haben. Was soll/muss der Rechtsanwalt den in dem Zusammenhang noch alles vortragen, bis ein OLG mal „großzügig“ ist/wird?

Ausdruck der digitalen Akte – nein, eine Dokumentenpauschale gibt es nicht….

© mpanch - Fotolia.com

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Über die Rechtsprechung des KG zur Frage des Anfalls der Dokumentenpauschale habe ich ja schon mehrfach berichtet (vgl. hier den grundlegenden KG, Beschl. v. 28.08.2015 – 1 Ws 51/15 – und dazu das Posting Dokumentenpauschale für das Einscannen von Unterlagen – gibt es beim KG nicht, aber auch Erstattung von Scans, oder: „die Entscheidungsbegründung des KG vermag jedoch aus fachlicher Sicht nicht zu überzeugen“). Nun, zwei Entscheidungen aus dem Bereich habe ich noch.

Das ist zunächst der KG, Beschl. v. 28. 08. 2015 – 1 Ws 31/15. Da hatte der Pflichtverteidiger beantragt, ihm eine Dokumentenpauschale für Ablichtungen aus Behörden- und Gerichtsakten zu gewähren. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die geltend gemachte Dokumentenpauschale abgesetzt und zur Begründung ausgeführt, dass grundsätzlich keine Notwendigkeit für das Anfertigen von Ausdrucken der gespeicherten Daten in Papierform bestehe, wenn vom Gericht im Rahmen der Akteneinsicht ein Datenträger übermittelt wird, auf dem sich der Akteninhalt als durchsuchbare PDF-Datei befindet.

Das KG hat das gehalten und sich den OLG angeschlossen, die einen Anspruch auf Erstattung von ausgedruckten Scans verneinen (OLG Rostock RVGreport 2014, 471 = JurBüro 2014, 637 = AGS 2014, 553; OLG Düsseldorf StRR 2015, 39; OLG München RVGreport 2015, 106 = StRR 2015, 159). Begründung (im wesentlichen): Der Rechtsanwalt, der insoweit die Darlegungslast habe, habe nicht dargelegt, inwieweit der Ausdruck der Akten zur sachgemäßen Bearbeitung durch ihn geboten gewesen sein soll. Er habe weder konkret vorgetragen, dass es ihm mangels geeigneter technischer Ausrüstung oder aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen – wie etwa einer Augenerkrankung – nicht zuzumuten gewesen sei, den Akteninhalt digital zu nutzen, noch sei dies sonst ersichtlich. Weshalb es schlichtweg unzumutbar sein solle, den gesamten Aktenbestandteil auch in Besprechungen mit dem Mandanten jeweils nur digital bearbeiten zu können, sei weder dargelegt noch ersichtlich.

Ich halte die Argumentation nach wie vor – zum OLG Düsseldorf ist ja schon etwas gesagt – nicht für überzeugend. M.E. lässt sich auch eine Besprechung mit dem Mandanten einfacher mit/anhand von Papierakten führen als an einer in digitalisierter Form vorliegenden Akten. Denn letztlich setzt diese Form immer auch voraus, dass auch der Mandant über einen Laptop/Notebook verfügt und so auf die Akten zugreifen kann. Auch hier gilt: Die OLG – so auch das KG – betonen immer den „gewissen, nicht zu engen, sondern eher großzügigen Ermessensspielraum“ des RA. Wenn es dann aber darauf ankommt, wird die „Großzügigkeit“ bei den OLG klein geschrieben.

 

Scan und/oder Ausdruck, oder: Der Verteidiger das Sparschwein der Justiz?

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Der Blogger- und Anwaltskollege Carsten Hoenig aus Berlin (vgl. hier) ist bis Ende August im (wohlverdienten) Urlaub – schönen Gruß nach unterwegs aufs Rad. Kurz vor Abreise hat er mir noch den LG Berlin, Beschl. v. 05.08.2015 – 528 Kls 45/14 Kbd3 – geschickt, er selbst wollte vor seinem Urlaub dazu offenbar nicht mehr bloggen. Ich tue das aber – und zwar unter der o.a. sicherlich ein wenig provokanten – Überschrift.

Der Beschluss ist in dem Verfahren ergangen, über das der Kollege neulich in seinem Blog schon berichtet hatte (vgl. hier: Kopien ausschliesslich in Papierform notwendig). Ich hatte über das Thema auch schon berichtet, und zwar im Hinblick auf den LG Berlin, Beschl. v. 23.07.2015 – (537 KLs) 255 Js 381/14 (28/14) (vgl. dazu Scan und/oder Ausdruck – was wird bezahlt?; oder: Reihenfolge wichtig?). Es geht um die Nr. 7000 Nr. 1 a VV RVG und die Frage der Erstattungsfähigkeit von Scans und Ausdrucken. Darüber wird derzeit heftigst gestritten. Und – „formaljuristisch“ gesehen, sieht es angesichts der Änderungen durch das 2. KostRMoG nicht aus.

Aber deshalb greife ich das Thema gar nicht wieder auf, dazu werden wir sicherlich bald etwas von dem ein oder anderen OLG etwas hören. Ggf. sogar vom KG, bei dem – siehe den LG Berlin, Beschl. v. 05.08.2015 – einige Verfahren mit unterschiedlichen Fallgestaltungen anhängig sind. Und auch die Argumentation der Bezirksrevisorin in dem Beschluss ist nicht zwingend, zumal sie m.E. dazu führt, dass es schon auf die Reihenfolge ankommt, in der der Verteidiger vorgeht – erst Kopieren und dann Scannen.

Nein, mir geht es um den letzen Absatz aus dem LG Berlin, Beschl. v. 05.08.2015 – 528 Kls 45/14 Kbd3. Der entscheidende Vorsitzende der Strafkammer hat sich zwar – zähneknirschend – der Auffasssung der Bezirksrevisorin angeschlossen. Aber mit m.E. deutlichen Worten:

„Die Kammer schließt sich diesen formaljuristischen Ausführungen derzeit noch mit Bedenken an und bemerkt, dass die Gesetzesfassung aber — soweit ersichtlich – nicht sicher davon ausgehen konnte, dass der Verteidiger selbst die Akten einscannt und damit von seiner Seite aus grundsätzlich hierfür und für die Herstellung von nachrangig hergestellten Kopien kein Erstattungsanspruch zustehen soll. Dann wäre die neue Gesetzeslage für diese die Justizressourcen schonende Arbeitsweise schlicht ein Sparprogramm zulasten der bisher Erstattungsberechtigten, ohne dass sich in der Sache — Kostenentstehung beim Verteidiger -etwas geändert hätte. Die Kammer macht des Weiteren darauf aufmerksam, dass — sollte es dabei bleiben — Verteidiger für den Erhalt der Kostenerstattung den eigenen Scanvorgang nicht vortragen könnten oder — noch einfacher, aber justizbelastender – Kopien in jedem Fall vorher anfertigen lassen, um in den Genuss der Kostenerstattung zu kommen. Das alles wirkt wenig durchdacht und sachgerecht, so dass grundsätzliche Ausführungen des Kammergerichts erforderlich sind.“

Recht hat er der Vorsitzende. Der Verteidiger ist derzeit – zumindest teilweise – dann tatsächlich Mitglied eines Sparprogramms – oder eben das „Sparschwein der Justiz“. Allerdings wird da angesichts der Änderungen des 2. KostRMoG und der Gesetzesmaterialien das KG wenig retten können, wenn es das überhaupt will. M.E. ist der Gesetzgeber – mal wieder – gefragt. Der muss das, was „wenig durchdacht und sachgerecht, ist durch eine für beide Seiten tragbare Lösung ändern bzw. reparieren. Also auf BMJV!!!!.

Scan und/oder Ausdruck – was wird bezahlt?; oder: Reihenfolge wichtig?

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Nach den Änderungen der Nr. 7000 Nr. 1a VV RVG haben wir ein neues „Schlachtfeld“ im RVG: Nämlich die Frage, ob und wann Scans und/oder Ausdrucke bezahlt werden. Vor einigen Tagen hat der Kollege Hoenig über dieses Problem und seine Probleme mit der Kostenbeamtin berichtet (vgl. hier: Kopien ausschliesslich in Papierform notwendig). Der Kollege Hoenig war noch nicht weiter als bis zur Kostenbeamtin gekommen.

Ich habe inzwischen von einem Kollegen, der schon ein Stück weiter ist :-), den LG Berlin, Beschl. v. 23.07.2015 – (537 KLs) 255 Js 381/14 (28/14) – übersandt bekommen. Da ging es auch um die Kopiekosten. Die sind nicht gewährt worden:

„Die Verwendung des Begriffs „Kopie“ anstelle von „Ablichtung“ erfolgte durch den Gesetzgeber bewusst, um Missverständnisse bei der Erstellung von Scans zu vermeiden. Ein Scan fällt nicht unter „Kopie“ im kostenrechtlichen Sinne.

Der Verteidiger hat ein Wahlrecht. Er kann entweder den Akteninhalt für sich in Papierform erstellen oder ein elektronisches Dokument davon (Scan). Beides ist nach dem objektiven Standpunkt eines vernünftigen sachkundigen Dritten, nicht nach der subjektiven Ansicht des Rechtsanwalts, zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache nicht erforderlich.

Da der Verteidiger die Akten zuerst gescannt und dann ausgedruckt hat, sind Ausdrucke nicht erstattungsfähig. Vielmehr dienen diese Ausdrucke lediglich der Arbeitserleichterung für den Verteidiger. Es handelt sich daher um allgemeine Geschäftskosten, die mit den Grund- und Verfahrensgebühren abgegolten werden (vgl. OLG München, Beschluss vom 3. 11. 2014 — 4c Ws 18/14).“

Ob der Verweis auf OLG München richtig ist, lassen wir mal dahingestellt, die Entscheidung ist zudem in meinen Augen zweifelhaft. Aber irgendwie schon komisch. Wenn erst gescannt und dann ausgedruckt wird, wird nicht erstattet. Aber wenn die Akte ausgedruckt und dann gescannt wird, wird erstattet. Und dass alles nur, weil der Gesetzgeber in seiner unerforschlichen Weisheit durch das 2. KostRMoG eine Änderung vorgenommen hat, um Scans nicht mehr bezahlen zu müssen (obwohl heute vielfach nur noch gescannt wird) und die h.M. das bis dahin anders gesehen hat. Man kann nur hoffen, dass der Gesetzgeber das bald wieder ändert.

Und: Man kann dann nur auf das KG hoffen. Von dem werden wir dann bald was hören. Denn der Kollege hat gegen den LG Berlin Beschluss Rechtsmittel eingelegt. Das KG darf dann entscheiden.

Ausdruck von 43.307 Seiten – Bekommt der Verteidiger das bezahlt?

Über den OLG Celle, Beschl. v.28.11.2011 – 1 Ws 415-418/11 ist in den Blogs schon an verschiedener Stelle berichtet worden (vgl. hier und hier). Ich will den Beschluss aber dennoch noch einmal aufgreifen. Nicht nur, weil er vom Sachverhalt her interessant ist: Abrechnung von mehr als 43.000 ausgedruckten Seiten mit der Dokumentenpauschale. Nein, auch inhaltlich lässt sich mit ihm in vergleichbaren/ähnlichen Fällen argumentieren. Denn:

Der Beschluss stellt fest,

  1. „dass die Aufwendungen für das Ausdrucken der Textdateien dem Grunde nach erstattungsfähig sind. Zwar ist der Landeskasse zuzugeben, dass in immer mehr Bereichen des beruflichen Lebens – auch in der Justiz – das Bearbeiten von Akten und Lesen von Texten ausschließlich am Bildschirm erfolgt. Wenn aber Strafverteidiger es zur sachgemäßen Bearbeitung einer – wie hier – umfangreichen und schwierigen Strafsache für erforderlich halten, die Kurzübersetzungen überwachter Telefonate in Papierform vorliegen zu haben, so ist dies jedenfalls bei dem hier zu beurteilenden, weit überdurchschnittlichen Umfang von insgesamt 43.307 Seiten auch aus Sicht eines verständigen Dritten nicht als ermessensfehlerhaft anzusehen. Letztendlich muss bei Strafverteidigern ausgeschlossen werden, dass sie hinsichtlich des ihnen zur Verfügung stehenden Aktenmaterials im Verhältnis zur Staatsanwaltschaft und dem Gericht benachteiligt werden (Müller-Rabe aaO VV 7000 Rn. 30). Ob die sich hiernach ergebenden Aufwendungen weit über den sonstigen Gerichtskosten und den Pflichtverteidigergebühren liegen, ist dabei – entgegen der Ansicht der Landeskasse – unerheblich. Der Gesetzgeber hat mit Nr. 7000 VV RVG eine – wenn auch pauschalierte – Erstattung der tatsächlich angefallenen Auslagen vorgesehen und nicht den Weg gewählt, die Höhe der Auslagenerstattung prozentual von den Gebühren abhängig zu machen.“
  2. „Nicht zu folgen vermag der Senat dem Landgericht allerdings darin, dass die Dateien nur einmal hätten ausgedruckt werden müssen und die Verteidiger die Ausdrucke untereinander hätten austauschen können. Denn das würde auf eine unzulässige Beschränkung der Verteidigung hinauslaufen.Jeder Verteidiger hat also ein Recht auf einen eigenen Ausdruck. So schon vor einiger Zeit das OLG Köln.
  3. Es gilt aber der „Grundsatz der kostenschonenden Prozessführung“, der es „gebieten“ (!) kann , durch entsprechende Einstellungen beim Ausdruck die Zahl der Seiten zu verringern. Also: Aus zwei mach eins, um den Ausspruch aus einem anderen Blog aufzunehmen. Hier wird es dann schwieriger. Es heißt im Beschluss: „Der Senat hat die gefertigten Ausdrucke auszugsweise in Augenschein genommen und ist hiernach zu der Überzeugung gelangt, dass ein Lesen der Textdateien auch in einem um die Hälfte verkleinerten Format unschwer möglich und daher zumutbar gewesen wäre.“

Und was ist, wenn der Verteidiger nicht so klein lesen kann? 🙂