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Die Anfechtbarkeit der Terminsverfügung – etwas weit geht der Ls. des OLG Hamm

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Die Frage der Anfechtbarkeit von Terminsbestimmungen macht in der Praxis im Hinblick auf die Vorschrift des § 305 Satz 1 StPO immer wieder Schwierigkeiten. Die h.M. geht davon aus, dass die Vorschrift des § 305 Satz 1 StPO der Anfechtbarkeit entgegensteht und die Terminsverfügung des Vorsitzenden nur in Ausnahmefällen angefochten werden kann. Mit den Fragen befasst sich auch der OLG Hamm, Beschl. v. 6. 11. 2012 – III-5 Ws 333/12, dem der „Leitsatz des Gerichts“ vorangestellt ist, der da lautet:

Terminsverfügungen des Vorsitzenden des erkennenden Gerichts, die der Urteilsfällung vorausgehen, sind nicht mit der Beschwerde anfechtbar.

Dazu ist Folgendes ist anzumerken:
Der gerichtliche Leitsatz der Entscheidung ist m.E. zu weit gefasst. Denn danach wären (alle) Terminsverfügungen, die der Urteilsfällung vorausgehen, nicht mit der Beschwerde anfechtbar. Das will das OLG aber gar nicht sagen und sagt es in seiner weiteren Begründung auch nicht. Mit der h.M. lässt es nämlich Ausnahmen dann zu, wenn dem Vorsitzenden bei der Terminierung Ermessenfehler unterlaufen sind (vgl. zu den Terminierungsfragen Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 6. Aufl., 2013, Rn. 2772; Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 7. Aufl., 2013, Rn. 2644).

Nur inzidenter entschieden hat das OLG die in der Rechtsprechung umstrittene Frage inwieweit überhaupt auch die berufliche Verhinderung des Nebenklägervertreters zu berücksichtigen ist. Die Frage wird vom OLG Bamberg bejaht (vgl. OLG Bamberg StraFo 1999, 237) vom OLG Stuttgart (Justiz 2004, 127) und vom LG Nürnberg-Fürth (NStZ 2009, 472) hingegen verneint. Das OLG nimmt dazu nicht ausdrücklich Stellung. Es scheint aber der Auffassung des OLG Bamberg zu sein. Sonst wäre seine Argumentation nicht nachvollziehbar.

Mir passt der Sachverständige nicht. Beschwerde?

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Nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Literatur obliegt die Auswahl des (gerichtlichen) Sachverständigen dem Gericht. Was ist aber, wenn dem Angeklagte/Beschuldigten/Verurteilten die Auswahl des Sachverständigen nicht passt? Kann er dagegen Beschwerde einlegen oder ist das nicht möglich?

Das OLG Nürnberg hat diese Frage jetzt im OLG Nürnberg, Beschl. v. 19.07.2012, 1 Ws 324/12, für das Überprüfungsverfahren unter Hinweis auf § 305 Satz 1 StPO verneint und eine Parallele zu Hauptverhandlung im Erkenntnisverfahren gezogen.

 „Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Beschwerde gegen eine prozessuale Entscheidung des Gerichts innerhalb des Verfahrens und nicht gegen eine abschließende Entscheidung des Verfahrens. In derartigen Fällen ist eine Beschwerde gemäß § 305 Satz 1 StPO ausgeschlossen (vgl. Meyer-Goßner, StPO 55. Aufl. § 74 Rn. 18 m.w.N.).

 Sinn der Regelung des § 305 Satz 1 StPO ist es, die reibungslose Durchführung einer Hauptverhandlung zu sichern. Die Vorschrift soll die Verfahrensverzögerungen verhindern, die eintreten würden, wenn Entscheidungen der erkennenden Gerichte sowohl aufgrund einer Beschwerde als auch auf das Rechtsmittel gegen das Urteil hin überprüft werden müssen.  Eine derartige Interessenlage ist auch in den Verfahren der Strafvollstreckungskammer – vorliegend  bei der Prüfung gemäß § 67 e StGB – gegeben. Die Durchführung derartiger Verfahren ist vergleichbar mit dem Interesse an einer reibungslosen Durchführung einer begonnenen Hauptverhandlung. Dem Erfordernis der Herbeiführung einer raschen Klärung derartiger Fragen widerspräche es, die zeitliche Verzögerung hinzunehmen, die mit einem Beschwerdeverfahren gegen die Auswahl des bestellten Sachverständigen verbunden ist (vgl. auch OLG Nürnberg Beschluss v. 30.9.2008, Az. 2 Ws 400/2008).“

Es bleibt also nur abzuwarten und die Einwände gegen den Sachverständigen mit einem Rechtsmittel gegen die abschließende gerichtliche Entscheidung geltend zu machen bzw. zu versuchen, einen eigenen Sachverständigen in das Verfahren einzuführen. In der Hauptverhandlung geht das ggf. über § 245 StPO. Bringt natürlich Unruhe ins Verfahren.

Rechtsprechungsänderung beim OLG Frankfurt: Keine Anfechtung der § 33a StPO-Entscheidung

Auf Rechtsprechungsänderungen muss man immer achten. Deshalb der Hinweis auf eine Änderung beim OLG Frankfurt. Dieses sieht jetzt die auf einen Antrag nach § 33a StPO ergangene Entscheidung auf keinen Fall mehr als anfechtbar an; so auch schon einige andere OLG. Bisher hatte das OLG die Anfechtung in bestimmten Fällen zugelassen. Nachzulesen in OLG Frankfurt, Beschl. v.05.08.2011 – 3 Ws 530/11.

Konkludente Annahmeberufung – gibt es so was?

Im Strafverfahren bedarf die Berufung nach § 313 StPO in den dort bestimmten Fällen  – u.a. Geldstrafe von nicht mehr als 15 Tagessätzen – der Annahme durch das Berufungsgericht. In der Praxis wird um die Anfechtbarkeit der sog. Annahmeentscheidung des Berufungsgerichts gestritten. § 322a Abs. 2 StPO schließt die Anfechtbarkeit ausdrücklich aus. Davon gibt es ein paar Ausnahme. Eine greift dann ein, wenn das Berufungsgericht die Berufung angenommen hat und nun von seiner Annahmeentscheidung wieder abrücken will. Hintergrund für diese Auffassung ist, dass „die erste Entscheidung mit Blick auf ihre Unanfechtbarkeit (§ 323a S. 2 StPO) zu Gunsten des Angeklagten Bestandsschutz entfaltet (OLG Zweibrücken, NStZ-RR 2002, 245;…„. Das hat vor einiger Zeit auch noch einmal das OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.04.2011 – 3 Ws 402/11 ausgeführt und zugleich in dem dort entschiedenen Fall eine Annahmeentscheidung angenommen, und zwar mit folgender Begründung.

„Zwar hat die Kammer keine ausdrückliche Annahmeentscheidung getroffen. Hat das Landgericht auf die Berufung des Angeklagten Termin zur Hauptverhandlung bestimmt und den Angeklagten sowie seinen Verteidiger geladen, so liegt darin regelmäßig die stillschweigende Annahme der Berufung (OLG Zweibrücken a.a.O.; Meyer-Goßner, § 322a Rn 3, Frisch, in: SK-StPO § 322a Rn 3; Brunner, in: KMR-StPO, § 322a Rn 2 – jeweils m.w.N.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die Terminsverfügung und Ladung innerhalb der Revisionsbegründungsfrist erfolgte, die Nichtannahmeentscheidung aber erst nach deren Ablauf zuging. Denn in diesem Falle ist die erwirkte Position des Angeklagten im besonderen Maße schützenswert.

Auch in Fällen der Annahmeberufung ist die Sprungrevision nämlich uneingeschränkt zulässig (BGHSt 40, 395, 397; Senat, Beschl. v. 13.07.1998 – 3 Ss 165/98). Der Rechtsmittelführer kann selbst dann, wenn er sein Rechtsmittel bei Einlegung als Berufung bezeichnet, noch innerhalb der Revisionsbegründungsfrist zur Revision übergehen (BGH a.a.O.). Diese Möglichkeit verbleibt ihm auch und gerade dann, wenn die Berufungskammer die Berufung gem. § 313 II StPO verworfen hat (vgl. KG, NStZ-RR 1999, 146, Meyer-Goßner, § 335 Rn 3).

Verzicht ist Verzicht – also Vorsicht, wenn es um Gebühren geht.

Vorsicht, Vorsicht beim Verzicht auf die Pflichtverteidigergebühren. Denn das LG Koblenz sagt: Hat der Pflichtverteidiger zur Vermeidung einer „Doppelzahlung“ aus der Staatskasse auf die Pflichtverteidigervergütung vor Festsetzung der Wahlverteidigervergütung verzichtet und werden daraufhin die festgesetzten Wahlverteidigergebühren wegen offener Gerichtskosten seitens der Staatskasse aufgerechnet, hat der Pflichtverteidiger keinen Anspruch mehr auf Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung. Ein vorbehaltlos abgegebener Verzicht ist nicht anfechtbar, selbst wenn bei Abgabe der Erklärung eine mögliche Aufrechnung seitens der Staatskasse nicht bedacht wurde (vgl. LG Koblenz, Beschl. v. 06.07.2010 – 9 Qs 67/10).