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AG Detmold sorgt für Absatz auf dem Buchmarkt…..Neues zur Akteneinsicht im OWi-Verfahren

Danke AG Detmold, kann ich da nur sagen, aber leider zu spät, so habe ich nach dem Lesen des AG Detmold, Beschl. v. 04.02.2012, auf den der Beck-Blog auch schon hingewiesen hat (die Entscheidung ist auf NRW-Justiz, aber dann auch hier im frei zugänglichen Bereich veröffentlicht).

In der Sache geht es mal wieder um die Frage der Akteneinsicht im OWi-Verfahren,- Stichwort: Bedienungsanleitung -, die das AG nicht gewährt. Dass das nicht richtig ist, habe ich schon verschiedentlich ausgeführt und wird von der zutreffenden h.M. auch anders gesehen. Darauf will ich nicht näher eingehen, zumal die Frage sich in NRW zumindest für die Bedienungsanleitung aufgrund der geänderten Erlasses des IM NRW zu der Problematik überholt haben dürfte (vgl. hier).

Interessant fand ich nur einen Begründungsansatz aus der Entscheidung des AG: Das AG schreibt:

Soweit ein Anspruch auf Einsicht in die Lebensakte und die Bedienungsanleitung teilweise aus den Grundsätzen des fairen Verfahrens und der effektiven Verteidigung hergeleitet wird, überzeugt dies nicht. Denn zum einen gibt es inzwischen Handbücher speziell für die Verteidigung bei Ordnungswidrigkeiten, welche auf den Bedienungsanleitungen basieren und die rechtlich und technisch relevanten Fragen darstellen. Diese bieten dem Betroffenen die Möglichkeit, sich mit Messergebnissen und Zeugenaussagen kritisch auseinanderzusetzen. Aus diesem Grund verfängt auch das Argument, dass das Einsichtsrecht des Verteidigers in die Bedienungsanleitung eines Geschwindigkeitsmessgerätes sich bereits aus seinem Recht, den zuständigen Messbeamten als Zeugen für die ordnungsgemäße Durchführung der Messung zu befragen, ergäbe, was ohne Kenntnis der Bedienungsanleitung des Gerätes nicht möglich sei, nicht. Es handelt sich bei den Bedienungsanleitungen auch nicht um Lehrbücher zum Gerät, sondern um Erinnerungsstützen für bereits geschultes Personal.

Dazu: M.E. auch nicht richtig, denn es handelt sich nicht nur um „Erinnerungsstützen für bereits geschultes Personal„, sondern m.E. auch Material, das ich benötige, um feststellen zu können, ob das „geschultde Personal“ alles richtig gemacht hat. Aber: Dennoch herzlichen Dank an das AG im Namen aller Verlage, insbesondere aber in meinem Namen und dem meiner Mitautoren. Der Absatz von Fachbüchern und Handbücher zu der Problematik wird dann ja jetzt wohl ansteigen und sich die Bücher noch besser verkaufen :-). Denn nun muss man sie haben.

Das gibt mir die Gelegenheit, auf zwei dieser Fachbücher hinzuweisen – Vorsicht – das ist jetzt Werbung !!:

Einmal unser Burhoff (Hrsg.) Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 3. Aufl. 2012, und

„Burhoff/Neidel/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 2. Aufl., 2010.

Und in beiden Büchern kann man vorab lesen, und zwar einmal hier OWi und hier Messungen

Und es gibt sie doch – die Lebensakte, jedenfalls so etwas Ähnliches

Der Begriff der „Lebensakte“ und die Einsicht in diese ist sicherlich ein fast ebenso großer Dauerbrenner im Bußgeldverfahren wie der Kampf um die Bedienungsanleitung eines Messgerätes.  Wird Einsicht in die Lebensakte beantragt, wird der Verteidiger häufig entgegengehalten: Haben wir nicht, brauchen wir nicht, gibt es nicht. M.E. falsch, da es zwar im Gesetz nicht den Begriff der Lebensakte gibt, aber in der Rechtsprechung (immerhin zwei OLG verwenden ihn) und auch in der Literatur. Und zumindest gibt es eine Zusammenfassung von Urkunden, die einem bestimmten Messgerät zugeordnet werden können/müssen. Das wird man als „Lebensakte“ bezeichnen können. Und insoweit besteht Akteneinsichtsrecht. Das hat jetzt das AG Heidelberg richtig erkannt und dazu ausgeführt:

„Das Akteneinsichtsrecht des Verteidigers umfasst die Bedienungsanleitung eines Messgerätes und mangels Existenz einer offiziellen Lebensakte im engeren Sinn eine Mitteilung über Reparaturen, zusätzliche Wartungen oder eine vorgezogene Neueichung an dem verfahrensgegenständlichen Messgerät in dem die verfahrensgegenständliche Tat betreffenden durch den Eichschein festgelegten Eichzeitraum.

AG Heidelberg, Beschl. v. 05.12.2011 – 3OWi 731/11

Na, geht doch.