Heute hier dann drei Entscheidungen zur Besorgnis der Befangenheit.
Den Start macht der BGH, Beschl. v. 04.06.2024 – 2 StR 51/23.
Folgender Sachverhalt: Das LG Bonn hat die beiden Angeklagten wegen versuchten und vollendeten Eingehungsbetrugs zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. von zwei Jahren und zehn Monaten. Während der Hauptverhandlung hatte sich ergeben, dass weitere Verhandlungstage notwendig sein würden. Der Verteidiger des einen Angeklagten hatte aber bereits einen knapp dreiwöchigen Auslandsurlaub gebucht. Er verabredete mit der Vorsitzenden, dass er während seiner Ferien eine Vertretung zur Wahrnehmung sog. Schiebetermine schicken werde. Die Beteiligten waren sich darüber einig, dass keine Verfahrenshandlungen vorgenommen würden, die die Anwesenheit des eingearbeiteten Verteidigers erforderlich machen würden. Während seines Urlaubs setzte die Vorsitzende den Angeklagten aber – entgegen der Absprache – eine Frist zur Stellung weiterer Beweisanträge (§ 244 Abs. 6 StPO), die noch vor Rückkehr des Verteidigers ablief. Auch das Plädoyer der Staatsanwaltschaft sollte noch vor seiner Rückkehr gehalten werden.
Daraufhin lehnten beide Angeklagten die Vorsitzende Richterin wegen Befangenheit ab, da sie sich nicht an die Absprache gehalten hatte. Die Strafkammer wies beide Anträge zurück und hat verurteilt.
Der BGH hat das Urteil auf Urteil die Verfahrensrüge des Angeklagten mit dem urlaubenden Verteidig, der einen Verstoß gegen §§ 24 Abs. 1, 28 Abs. 2 Satz 2, § 338 Nr. 3 StPO geltend gemacht hatte, aufgehobem. .
Mich wundert die Aufhebung nicht, denn das Verhalten der Vorsitzenden begründet m.E. ohne weiteres die Besorgnis der Befangenheit. Ich verweise wegen der Einzelheiten auf den verlinkten Volltext, und zwar ab Seite 8.
Hier nur der Leitsatz, nämlich:
Haben sich der Vorsitzende und der Verteidiger darauf geeinigt, dass während des Urlaubs nur Schiebetermine stattfinden, ist die Annahme der Besorgnis der Befangenheit begründet, wenn der Vorsitzende dennoch die Frist für abschließende Beweisanträge in den Zeitraum während des Urlaubs des Verteidigers legt und/oder auch das Plädoyer der Staatsanwaltschaft in dem Zeitraum stattfinden lässt.