Und als zweite Entscheidung zum Wochenstart dann gleich noch eine aus dem Bereich Fahrverbot, und zwar den OLG Bamberg, Beschl. v. 04.05.2017 -3 ss OWi 550/17. Der ein oder andere Leser wird, wenn er „OLG Bamberg“ liest, stöhnen und denken: Kann nichts Gutes sein. Nun, ist es auch nicht. Denn das OLg hat die vom AG angenommene Verkürzung eines Regelfahrverbotes nicht „gehalten“, sondern attestiert dem AG einen Erörterungsmangel zugunsten des Betroffenen:
„b) Ebenso wie von der Verhängung eines Regelfahrverbots nur dann gänzlich abgesehen werden kann, wenn wesentliche Besonderheiten in der Tat oder in der Persönlichkeit des Betr. anzunehmen sind und deshalb der vom BKat erfasste Normalfall nicht vorliegt, ist der Tatrichter vor einer Verkürzung der im BKat vorgesehenen Regeldauer des Fahrverbots gehalten zu prüfen, ob der jeweilige Einzelfall Besonderheiten aufweist, die ausnahmsweise die Abkürzung rechtfertigen können und daneben eine angemessene Erhöhung der Regelbuße als ausreichend erscheinen lassen. Hier wie dort können dabei sowohl außergewöhnliche Härten als auch eine Vielzahl minderer Erschwernisse bzw. entlastender Umstände genügen, um eine Ausnahme zu rechtfertigen (OLG Bamberg a.a.O. m.w.N.). Auch die Frage der Dauer eines zu verhängenden Fahrverbots liegt hierbei grundsätzlich im Verantwortungsbereich des Tatrichters, der innerhalb des ihm eingeräumten Beurteilungsspielraums die Wertungen nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen zu treffen hat. Seine Entscheidung kann vom Rechtsbeschwerdegericht deshalb nur daraufhin überprüft werden, ob er sein Ermessen deshalb fehlerhaft ausgeübt hat, weil er die anzuwendenden Rechtsbegriffe verkannt, die Grenzen des Ermessens durch unzulässige Erwägungen überschritten und sich nicht nach den Grundsätzen und Wertmaßstäben des Gesetzes gerichtet hat (st.Rspr. des Senats, vgl. zuletzt OLG Bamberg, Beschl. v. 22.07.2016 – 3 Ss OWi 804/16 [bei juris]).
c) Diesen Maßstäben genügt das angefochtene Urteil nicht. Einen Ausnahmefall für ein Absehen vom Fahrverbot können zwar Härten ganz außergewöhnlicher Art wie z.B. drohender Verlust des Arbeitsplatzes oder der Verlust der sonstigen wirtschaftlichen Existenzgrundlage begründen (vgl. hierzu zuletzt OLG Bamberg, Beschl. v. 17.01.2017 – 3 Ss OWi 1620/16 = ZfS 2017, 233). Derartige Umstände zeigt das angefochtene Urteil aber gerade nicht auf.
aa) Der Hinweis des AG, bei der Tat handle sich um eine „Unaufmerksamkeit“ des Betr., ist von vornherein nicht tragfähig, weil es darauf abstellt, dass dem Betr. lediglich fahrlässiges Verhalten zur Last fällt, dabei aber übersieht, dass die Regelgeldbuße und das Regelfahrverbot gerade für fahrlässiges Verhalten vorgesehen sind. Der Umstand, dass eine „Unaufmerksamkeit“ vorliegt, ist Prämisse des zweimonatigen Fahrverbots und kann deshalb nicht gleichzeitig dazu führen, dieses auf einen Monat herabzusetzen (vgl. hierzu schon OLG Bamberg, Beschl. v. 27.01.2017 – 3 Ss OWi 50/17 [bei juris]).
bb) Ebenso wenig stellt die vom AG angesprochene „Schuldeinsicht“ einen ausschlaggebenden Grund dar, die Regelfahrverbotsdauer auf einen Monat abzukürzen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den bereits erwähnten Grundsatz der Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer. Einen außergewöhnlichen Umstand, der eine Abweichung von der Regelrechtsfolge rechtfertigen könnte, stellt dieser Gesichtspunkt gerade nicht dar.
cc) Soweit das AG darauf abhebt, der Betr. leiste „Besorgungsfahrten für seinen herzkranken Vater“, leidet das Urteil an grundlegenden Darstellungsmängeln. Zu einen wird bereits die genaue Erkrankung des Vaters nicht mitgeteilt und auch nicht aufgezeigt, ob und welche Fahrten überhaupt erforderlich sind. Zum anderen stellt das AG auch nicht im Ansatz fest, ob die „Besorgungsfahrten“ durch andere Personen oder notfalls mittels öffentlicher Verkehrsmittel und dergleichen durchgeführt werden können.
dd) Schließlich werden die aus den dargelegten Gründen nur gänzlich unzulänglich festgestellten Umstände zu der Herzerkrankung und den „Besorgungsfahrten“ auch nicht belegt. Nachdem das AG hierzu jede Beweiswürdigung vermissen lässt, kann der Senat nur erahnen, dass es seine Erkenntnisse aus der Einlassung des Betr. erlangt hat. Es entspricht allerdings gefestigter Rechtsprechung des Senats, dass die Einlassung eines Betr. kritisch zu hinterfragen ist (vgl. hierzu zuletzt OLG Bamberg, Beschl. v. 17.01.2017 – 3 Ss OWi 1620/16 = ZfS 2017, 233 und v. 08.12.2015 – 3 Ss OWi 1450/15 = BA 53, 192 = ZfS 2016, 290). Das Unterlassen entsprechender Aufklärung ist schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil es bei einer derartigen Vorgehensweise in der Hand des Betr. läge, durch Schilderung entsprechender Fakten, die der Tatrichter ungeprüft übernimmt, die Rechtsfolgenentscheidung zu seinen Gunsten zu beeinflussen.“
Also noch einmal. Wenn der Amtsrichter gut ist 🙂 , begründet er das zweite Urteil so, dass das OLG nicht „dran kommt“.