Zu dem vorhin vorgestellten BGH, Beschl. v. 26.09.2023 – 5 StR 350/23 – passt dann ganz gut der OLG Hamm, Beschl. v. 26.09.2023 – 3 Ws 325/23. Auch in ihm geht es um Wiedereinsetzung. Der Antrag ist als unzulässig verworfen worden.
Dem Verurteilten wurde ein Beschluss ausweislich der Zustellungsurkunde am 28.07.2023 durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt. Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 21.08.2023 per beA, eingegangen beim LG am selben Tag, sofortige Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt und zugleich beantragt, dem Verurteilten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dieser habe erst mit Schreiben der Bewährungshilfe vom 16.08.2023 Kenntnis von dem Beschluss erlangt.
Das OLG hat die Beschwerde verworfen
„1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 453 Abs. 2 Satz 3 StPO, § 56f Abs. 1 StGB statthaft, aber nicht innerhalb der Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO ab Zustellung nach § 35 Abs. 2 StPO eingelegt worden und damit bereits unzulässig. Grundsätzlich begründet die Zustellungsurkunde nach § 418 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis, dass der Postzusteller den Brief am 28. Juli 2023 beim Verurteilten in den Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung eingeworfen hat, sodass die sofortige Beschwerde verspätet beim Landgericht Bielefeld eingegangen ist.
2. Auch ist dem Verurteilten auf seinen Antrag keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Sein Antrag ist unzulässig. Denn es werden keine konkreten Tatsachen behauptet und glaubhaft gemacht, die den Schluss zulassen, dass der Beschluss – entgegen den Angaben in der Postzustellungsurkunde – nicht oder nicht wirksam zugestellt wurde.
Ein Zustellungsempfänger, der ein Schriftstück nicht erhalten haben will, muss in aller Regel Einzelheiten vortragen und glaubhaft machen, aus denen sich ergeben kann, dass aufgrund der konkreten Umstände ein Abhandenkommen der Sendung ohne Verschulden des Verurteilten möglich erscheint (OLG Hamm, Beschluss vom 6. Oktober 2009 – 3 Ss 425/09 -, juris Rn. 8 m.w.N.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 14. Januar 2010 – 3 Ws 21/10 -, juris Rn. 13). Der Verurteilte hat hier lediglich zusammengefasst ausgeführt, er habe bis zum 16. August 2023 keine Kenntnis vom dem Beschluss erhalten. Diesen habe er nicht in seinem Briefkasten vorgefunden. Unter der Zustelladresse befänden sich mehrere Briefkästen, die von außen zugänglich seien. Sein Briefkasten sei ordnungsgemäß beschriftet. In der Wohnung herrsche allerdings ein reger Durchlauf an Mietern. Es sei auch schon zu Diebstählen von Post und insbesondere Paketen gekommen. Damit werden allerdings keine konkreten Tatsachen behauptet und glaubhaft gemacht – zum Beispiel durch eidesstattliche Versicherung anderer Mieter -, die es ausnahmsweise zum Beispiel als denkbar erscheinen lassen, dass der Beschluss aus dem Briefkasten entwendet wurde, bevor der Verurteilte von diesem Kenntnis nehmen konnte. Die Ausführungen erschöpfen sich letztlich in angedeuteten Vermutungen ohne konkrete tatsächliche Anhaltspunkte.
Darüber hinaus sind gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO die Tatsachen zur Begründung des Antrags glaubhaft zu machen. Die eigene eidesstattliche Versicherung des Antragstellers ist grundsätzlich kein zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung (vgl. nur Cirener in: BeckOK, 48. Edition, Stand: 01.07.2023, § 45 Rn. 11 m.w.N.; OLG Hamm, Beschluss vom 6. Oktober 2009 – 3 Ss 425/09 -, juris Rn. 9). Sie ist wie eine schlichte Erklärung zu werten, die grundsätzlich zur Glaubhaftmachung nicht ausreicht (Cirener a.a.O. m.w.N.; Valerius in: Münchener Kommentar zur StPO, 2. Auflage 2023, § 45 Rn. 12 m.w.N.). Zwar kann ausnahmsweise die eigene Erklärung des Antragstellers dann genügen, wenn ihm eine anderweitige Glaubhaftmachung ohne eigenes Verschulden nicht möglich ist (vgl. hierzu Cirener a.a.O. m.w.N.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor, nachdem es bereits an konkretem Vortrag fehlt und ein solcher zum Beispiel durch eidesstattliche Versicherung anderer Mieter oder Ähnliches hätte glaubhaft gemacht werden können.“