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Nochmals: Einscannen führt nicht zur Dokumentenpauschale, oder: Was ist mit einem 3. KostRMoG?

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Und als zweite Entscheidung dann der LSG Bayern, Beschl. v. 09.08.2018 – L 12 SF 296/18 E. Ja, Sozialrecht. Nein, ich werde nicht abtrünnig 🙂 , aber den Beschluss kann ich hier auch bringen, denn es geht um eine Frage, die auch im Straf-/Bußgeldverfahren von Bedeutung ist. Nämlich um den Dauerbrenner Einscannen und Dokumentenpauschale.

Dazu sagt auch das LSG: Das Einscannen von Dokumenten begründet keinen Anspruch auf Erstattung einer Pauschale nach Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG, denn das Einscannen von Dokumenten ist keine Herstellung von Kopien im Sinne der Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG. Als Kopie im Sinne des Kostenrechts nach dem 2. KostRModG ist nur die Reproduktion einer Vorlage auf einen körperlichen Gegenstand, beispielsweise auf Papier, Karton oder Folie anzusehen.

Zur Begründung bezieht sich das LSG auf die Motive zum 2. KostRMoG; die Argumentation kennen wir u.a. vom KG. Und dann noch:

„Nach Auffassung des Senats führt diese Rechtslage nach dem 2. KostRMoG zwar angesichts der zunehmenden Digitalisierung nicht immer zu nachvollziehbaren Ergebnissen, hält sich aber im Rahmen des weit gefassten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers und ist daher zulässig.

Es bleibt jedoch anzumerken, dass der Arbeitsaufwand für Einscannen und Fotokopieren grundsätzlich im Wesentlichen gleich ist, wie der Beschwerdeführer zutreffend vorträgt. Dies gilt insbesondere dann, wenn nicht aus Gründen der Arbeitserleichterung die gesamte Akte, sondern – ebenso wie bei der Auswahl der notwendig zu kopierenden Seiten – nur einzelne Dokumente nach Durchsicht der Akte eingescannt werden. Auch dienen sowohl das Kopieren als auch das Einscannen demselben Zweck, der darin liegt, dem Rechtsanwalt dauerhaft Zugriff auf die wesentlichen Bestandteile der Akte zu verschaffen. Eine kostenrechtlich unterschiedliche Behandlung beider Vorgänge ist daher schwer nachzuvollziehen. Die Neuregelung durch das 2. KostRMoG stellt aber nach der Gesetzesbegründung, die auf die Verkörperung der Kopien zielt, wohl die Vergütung der reinen Reproduktionskosten in den Vordergrund. Angesichts des klaren Wortlautes der Gesetzesmaterialien ist deshalb eine Auslegung der Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG, die Dokumentenpauschale auch für das Einscannen zuzubilligen, nach Auffassung des Senats nicht zulässig.“

Dazu Folgendes: Der „Gemeinsame Vorschlag von DAV und BRAK für ein 3. KostRMoG“ sieht an der Stelle übrigens eine Änderung vor, die dann, wenn die GroKo das in der ihr noch verbleibenden Zeit hinbekommt, dann auch hoffentlich kommen wird.

Was bringt ein 3. KostRMoG ggf. Neues im Straf-/Bußgeldverfahren, und vor allem: Wann?

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Heute am Gebührenfreitag eröffne ich dann mal nicht mit einer Entscheidung, sondern mit ein paar Anmerkungen zu „Vorschläge zur regelmäßigen Anpassung, strukturellen Änderung und Ergänzung und Klarstellung des RVG – Gemeinsamer Katalog von DAV und BRAK –
März 2018″, die ja vor einiger Zeit dem BMJV überreicht worden sind. Ich greife aber nur die das Strafrecht betreffenden konkreten Vorschläge auf. Das sind:

  • Gebühr für die Tätigkeit im strafrechtlichen Zwischenverfahren
  • Wegfall der Begrenzung der Terminsgebühr nach Nr. 4102 VV RVG
  • Ergänzung der Nr. 4141 VV RVG bei Ablehnung eines Antrags auf Erlass eines Strafbefehls
  • Grundgebühr in der Strafvollstreckung

Und dann:

  • Verzinsung für verspätet ausgezahlte/festgesetzte PKH- und VKHAnwaltsvergütung durch entsprechende Anwendung von § 104 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 und 2 ZPO
  • Anhebung der Auslagentatbestände
  • Klarstellung bei der Vergütung für Zeugenbeistandsleistung durch einen neuen § 48 Abs. 7 RVG-E
  • Klarstellung bei der Auslagentatbestand nach Nr. 7000 VV Nr. 1 VV RVG dahingehend, dass auch das Einscannen von in Papierform vorliegenden Akten zur weiteren Bearbeitung als elektronische Akte von der Pauschale erfasst wird.

Ich hoffe, dass ich nichts vergessen habe.

Vorläufig bewertet: Sicherlich sehr wichtige Vorschläge und Änderungen, wenn sie denn kommen. Allerdings gehen sie mir an einigen Stellen nicht weit genug.

  • Die Nr. 4102 VV RVG müsste man m.E. von Grund auf „reformieren“/ändern und den Streit, welche sonstigen Termine denn ggf. auch unter die Nr. 4102 VV RVG fallen, damit beenden/eindämmen.
  • Und auch die Frage der Vergütung des Zeugenbeistandes wird m.E. nicht unbedingt endgültig die Diskussion in dieser Frage beenden. Offen bleibt der Wahlzeugenbeistand. Und: Es soll zwar wohl nach Teil 4 Abschnitt 1 Vv RVG vergütet werden, eindeutig ist das aber nicht. Da gefiel mir der Änderungsvorschlag zum 2. KostRMoG, der dann nicht Gesetz geworden ist, besser.
  • Nicht geklärt ist auch die Frage der Vergütung des Terminsvertreters.
  • Auch die Frage des Längenzuschlag für den Pflichtverteidiger – Berechnung der maßgeblichen Hauptverhandlungsdauer – könnte man mal überdenken.

Und dann bleibt die Frage: Wann kommt denn nun ein 3. KostRMoG? Ich wage, wenn man mal alle Vorgaben usw. berücksichtigt, auf das Ende der Legislaturperiode. Aber zumindest ist ja schon mal die Diskussion eröffnet.