Archiv der Kategorie: Fahrverbot

OWI III: Ein Bisschen was zum Fahrverbot aus Bayern, oder: Nachtatverhalten, Trunkenheit, Kindesumgang

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Und zum Tagesschluss dann noch drei Entscheidungen zum Fahrverbot (§ 25 StVG). Alle drei stammen vom BayObLG und alle drei für die Betroffenen negativ, was mich beim BayObLG nicht überrascht.

Hier sind die Leitsätze der Entscheidungen:

    1. Das Absehen von der Verhängung eines Regelfahrverbots, das an die an die Außerachtlassung besonderer Rücksichtnahmepflichten und die bloße Gefährdung eines Verkehrsteilnehmers anknüpft (hier: lfd.Nr. 41 BKat) mit der Begründung, der Betroffene habe nicht rücksichtslos gehandelt und der Geschädigte sei nicht schwerwiegend verletzt worden, ist rechtsfehlerhaft.
    2. Das Verhalten eines Betroffenen nach einem von ihm verschuldeten Verkehrsunfall rechtfertigt regelmäßig nicht das Absehen von der Verhängung eines an seinen Verkehrsverstoß anknüpfenden Regelfahrverbots.
    1. Ist ein konkreter Rechtsmittelantrag nicht gestellt, ist der Umfang der Anfechtung einer gerichtlichen Entscheidung seitens der Staatsanwaltschaft durch Auslegung des der Rechtsmittelbegründung zu entnehmenden Angriffsziels zu ermitteln.
    2. Die mit einem Fahrverbot verbundenen Einschränkungen des Kindesumgangsrechts sind, will das Tatgericht in ihnen eine außergewöhnliche Härte sehen und deshalb von einem an sich verwirkten Regelfahrverbot absehen, positiv festzustellen.
    1. Ein Absehen vom gesetzlichen Regelfahrverbot nach den §§ 24a Abs. 1 (i.V.m. Abs. 3), 25 Abs. 1 Satz 2 StVG i.V.m. § 4 Abs. 3 BKatV kann nur in einem Härtefall ganz außergewöhnlicher Art in Betracht kommen, oder dann, wenn wegen besonderer Umstände äußerer oder innerer Art das Tatgeschehen ausnahmsweise derart aus dem Rahmen einer typischen Ordnungswidrigkeit nach § 24 a Abs. 1 StVG herausfällt, dass die Anordnung des Regelfahrverbots als offensichtlich unpassend anzusehen wäre.
    2. Die Indizwirkung des Regelbeispiels nach den §§ 25 Abs. 1 Satz 2, 24a StVG wird nicht allein dadurch entkräftet, dass bei einer nur wenige Minuten andauernden Alkoholfahrt eine Wegstrecke von lediglich 200 m zurückgelegt wurde. Dies gilt erst recht, wenn der Atemluftgrenzwert nach § 24a Abs. 1 StVG von 0,25 mg/l nicht nur geringfügig überschritten, sondern die Alkoholkonzentration nahe zum Grenzwert der (absoluten) Fahruntüchtigkeit i.S.v. § 316 Abs. 1 StGB lag.

OWi I: Geschwindigkeitsüberschreitung mit Motorrad, oder: Vorsatz, Lichtbild, Geldbuße, Fahrverbot

Und heute dann ein wenig OWi – die „Entscheidungslage“ ist in dem Bereich derzeit sehr mau.

Ich habe dann hier aber noch den auch schon etwas älteren BayObLG, Beschl. v. 10.07.2023 – 201 ObOWi 621/23.

Der Betroffene ist am 05.01.2023 – wegen einer am 25.7.2021 begangenen vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung –  Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 99 km/h – zu einer Geldbuße in Höhe von 1.200 EUR verurteilt worden; außerdem hat das AG ein Fahrverbot von zwei Monaten festgesetzt. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen hatte keinen Erfolg, die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hatte hingegen Erfolg.

Das BayObLG hat u.a. die Fahrverbotsdauer angehoben. Wegen der Einzelheiten verweise ich auf den verlinkten Volltext. Hier stelle ich nur die Leitsätze des BayObLG ein. Die lauten:

1. Bei erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen um mehr als 40 % kann in der Regel von vorsätzlicher Tatbegehung des Betroffenen ausgegangen werden, wenn dieser die zulässige Höchstgeschwindigkeit kannte.
2. Erst ab einem Zeitraum von zwei Jahren zwischen der Tat und der letzten tatrichterlichen Verhandlung ist allein wegen der Verfahrensdauer die Herabsetzung eines mehrmonatigen Regelfahrverbots in Betracht zu ziehen, wenn sich der Betroffene in der Zwischenzeit verkehrsordnungsgemäß verhalten hat.
3. Solange die im Bußgeldkatalog vorgesehene, nicht mehr geringfügige Regelgeldbuße verhängt wird, sind Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen nicht zwingend geboten, solange sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass diese außergewöhnlich schlecht sind.
4. Zu den Urteilsanforderungen bei Identifizierung des Fahrers anhand eines von dem Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes.

 

OWi III: Kein Fahrverbot nach langem Zeitablauf, oder: Wenn man beim OLG die Akten nicht gelesen hat

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Und als dritte Entscheidung dann noch etwas vom OLG Frankfurt am Main. nämlich den OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 24.07.2023 – 3 Ss OWi 1316/22.

Vorab: Ergangen isz der Beschluss nach einem – vorsichtig ausgedrückt – ein wenig unüblichen Verfahrensverlauf, der der einsendende Kollege wie folgt schildert:

„Zum Hintergrund 2-3 Sätze.

Die GStA schloss sich in ihrer Stellungnahme dem Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag der Verteidigung an.

Das OLG FfM verwarf sodann die Rechtsbeschwerde des Betroffenen. Zur Begründung verwies es auf die überzeugenden Ausführungen der GStA in ihrer Stellungnahme (die aber eben die Aufhebung des Urteils beantragt hatte). Eine weitere Begründung gab es nicht.

Ich erhob sodann Gehörsrüge, mit dem Argument, dass die Entscheidung des OLG FfM und ihre Begründung widersprüchlich seien, da die GStA gerade nicht die Verwerfung der Rechtsbeschwerde beantragt hatte, sondern der Rechtsbeschwerde Erfolg attestierte.

Hierauf erging ein Berichtigungsbeschluss des OLG FfM. Die Rechtsbeschwerde „blieb“ als unbegründet verworfen. Der Hinweis auf die Stellungnahme der GStA wurde ersatzlos gestrichen und der Zurückweisungsbeschluss wurde dann (eben) überhaupt nicht begründet. Der Berichtigungsbeschluss wurde erlassen, da der ursprüngliche Beschluss unter einer offensichtlichen Unrichtigkeit litt, der jederzeit korrigiert werden könnte.

Ich erhob erneut Gehörsrüge, da nunmehr der Zurückweisungsbeschluss des OLG FfM gar keine Begründung mehr enthielt.

Das OLG FfM hat der Gehörsrüge dann stattgegeben und auf die Rechtsbeschwerde das angefochtene Urteil aufgehoben und zurückverwiesen.“

Kommentar: Da hatte wohl jemand die Akten nicht gelesen und ist nach dem Motteo verfahren: Das machen wir doch immer so. Das Verwerfen :-). Warum man dann aber nicht sofort die Kurve bekommt…… Denn:

Das OLG hat schließlich das AG-Urteil, das den Betroffenen wegen einer 2019 begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße von 480,- EUR verurteilt und ein Fahrverbot von zwei Monaten verhängt hat, im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben:

„Die Rechtsbeschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 30. Januar 2023 verworfen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs.

Der Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs ist begründet, da der Senat seine Entscheidung vom 30. Januar 2023 nicht begründet hatte, obwohl die Generalstaatsanwaltschaft auf die erhobene Sachrüge hin beantragt hatte, den Rechtsfolgenausspruch aufzuheben und die Sache zu neuen Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Bad Hersfeld zu verweisen.

Der Senat hat daher in der Sache neu entschieden.

Die statthafte (§ 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG), form- und fristgerecht eingelegte (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 341 StPO) und fristgerecht begründete (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 344, 345 StPO) Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat – wie aus dem Tenor ersichtlich —hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs einen vorläufigen Erfolg. Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde unbegründet……

3. Hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs deckt das Urteil auf die Sachrüge hin einen Rechtsfehler auf. Die Urteilsgründe leiden an einem Erörterungsmangel:

Das Amtsgericht hat sich im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung in seinen Urteilsgründen nicht damit auseinandergesetzt, ob ein Fahrverbot trotz des Zeitablaufes zwischen Tatbegehung und Urteil von mehr als zwei Jahren noch seinen erzieherischen Zweck erfüllen kann. Auf diesen Erörterungsmangel beruht das Urteil.

a) Nach allgemeiner Auffassung kann grundsätzlich als gerechtfertigt angesehen werden, von der Verhängung eines Fahrverbotes abzusehen, wenn die Tat lange zurückliegt, die Verzögerung nicht dem Betroffenen anzulasten ist und der Betroffene sich in der Zwischenzeit verkehrsgerecht verhalten hat (siehe BayObLG Beschluss vom 09.10.2003 —1 ObOWi 270/03, juris Rn. 10; OLG Bamberg, Beschluss vom 16.07.2008 — 2 Ss OWi 835/08, juris Rn. 10 f.; OLG Celle, Beschluss vom 23.12.2004 – 211 Ss 145/04 (OWi), juris Rn. 18 ff.; OLG Dresden, Beschluss vom 08.02.2005 —Ss (OWi) 32/05, juris Rn. 17; OLG Hamm, Beschluss vom 24.01.2012 — III-3 RBs 364/11, juris Rn. 9; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 31.03.2014 — Ss (B) 18/2014 (15/14 OWi), juris Rn. 17).

Grundlage dieser Argumentation ist, dass das Fahrverbot nach § 25 Abs. 1 S. 1 StVG nach der gesetzgeberischen Intention in erster Linie eine Erziehungsfunktion hat und als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme gedacht und ausgeformt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 28.11.1991 —4 StR 366/91, juris Rn. 30, BGHSt 38,125; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 30.12.2020 — 1 OLG 53 Ss-OWi 630/20), deren Verhängung bei langer Verfahrensdauer wegen des Zeitablaufes allein oder zusammen mit anderen Umständen nach der gebotenen Einzelfallprüfung als nicht mehr geboten angesehen werden könnte.

b) Aus den Urteilsgründen geht hervor, dass die Tat am 21.10.2019 begangen wurde und das Urteil am 19.07.2022 ergangen ist; die Tat liegt somit deutlich mehr als zwei Jahre zurück. Den Urteilsgründen ist aber eine Prüfung, ob das Fahrverbot wegen dem Zeitablauf ganz zu entfallen hat, oder ob es lediglich zu mildern ist oder ob andere Umstände nach wie vor die Notwendigkeit der Verhängung eines Fahrverbotes erforderlichen machen, nicht zu entnehmen. Andere Umstände können auch darin zu sehen sein, dass ein Betroffener bzw. sein Verteidiger durch sein prozessuales Verhalten zu einem erheblichen Teil zu einer Verfahrensverzögerung beigetragen hat, indem er etwa mehrfach eine Verlegung des Hauptverhandlungstermins veranlasst oder Verfahrensakten nicht rechtzeitig zurückgibt und darin eine Verzögerungstaktik liegt. Denn in diesem Fall hat der Betroffene die lange Verfahrensdauer selbst zu vertreten und es ist ihm verwehrt, sich bei der Prüfung der Frage eines Absehens von der Verhängung eines Fahrverbotes auf den langen Zeitablauf zu berufen (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.11.2014 — 2 Ss-OWi 1030/14; OLG Frankfurt am Main -2 Ss-OWi 48/06-; Brandenburgisches Oberlandesgericht a.a.O.; OLG Hamm NZV 2004, 600).

Der Erörterungsmangel zwingt zur Aufhebung des Fahrverbotes. Anders als in der aufgehobenen Entscheidung folgt der Senat nunmehr im Verfahren nach § 33a StPO der Auffassung des 2. Strafsenates, wonach es dem Rechtsbeschwerdegericht im Ordnungswidrigkeitsverfahren versagt ist, eigenständig die Ursachen für eine lange Verfahrensdauer festzustellen, sondern es der Darlegung in den Urteilsgründen bedarf (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.11.2014 — 2 Ss-Owi 1030114). Da keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen worden sind, konnte der Senat nicht in der Sache selbst entscheiden.

c) Aufgrund der Wechselwirkung zwischen der — vom Amtsgericht festgesetzten erhöhten – Geldbuße und dem Fahrverbot war das angefochtene Urteil im gesamten Rechtsfolgenausspruch aufzuheben.“

OWI I: Akteneinsicht, Tilgungsreife, Fahrverbot, oder: Wenn das KG nur „erläuternd bemerkt“

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Und dann heute gleich noch einmal ein OWI-Tag, und zwar mit drei Entscheidungen vom KG.

Zunächst hier der KG, Beschl. v. 31.03.2023 – 3 ORbs 55/23 – 122 Ss 22/23. Ergangen in einem Rechtsbeschwerdeverfahren nach einer Verurteilung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung.

Das KG nimmt zu den „Einwänden“ der Rechtsbeschwerde nur“erläuternd“ Stellung:

„Erläuternd bemerkt der Senat:

1. Es versteht sich von selbst, dass das Urteil nicht darauf beruhen kann, dass ein nach Urteilserlass gestelltes Akteneinsichtsgesuch der Verteidigerin (zunächst) unbeantwortet geblieben ist. Darüber hinaus trägt die Rechtsbeschwerde aber auch nicht vor, welcher Rügevortrag angebracht worden wäre, wenn die Verteidigerin rechtzeitig Akteneinsicht gehabt hätte.

2. Die als Sachrüge bezeichnete Beanstandung, ein Messbeamter sei nicht ausreichend (aktuell) geschult gewesen, bleibt schon deshalb unbeachtlich, weil dieser Umstand urteilsfremd ist.

3. Gleichfalls versteht es sich von selbst, dass ein Urteil nicht, wie die Verteidigerin meint, „zwischenzeitlich … rechtsfehlerhaft“ geworden sein kann. Das Amtsgericht hat die Voreintragung im Fahreignungsregister im allein maßgeblichen Zeitpunkt der Urteilsfällung zutreffend berücksichtigt und rechtsfehlerfrei als unrechtserhöhend bewertet. Dass zwischenzeitlich Tilgungsreife eingetreten wäre, bleibt selbstverständlich für die hier veranlasste Rechtsprüfung ohne Belang.

4. Einen Anlass, sich mit einem möglichen „Augenblicksversagen“ zu befassen, zeigen die allein maßgeblichen Urteilsgründe nicht auf. Ohnedies muss als zumindest zweifelhaft gelten, dass sich ein Kraftfahrer auf Augenblicksversagen (Übersehen des Zeichens 274) berufen kann, der nicht einmal die innerörtlich üblicherweise geltende Geschwindigkeitsbegrenzung (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO) einhält, sondern, wie hier, um 11 km/h überschreitet (vgl. Senat, Beschlüsse vom 6. September 2017 – 3 Ws (B) 204/17 – [unveröffentlicht] und vom 27. Februar 2023 – 3 ORbs 22/23 – [zur Veröffentlichung vorgesehen]).“

Die Formulierungen – vor alemm das „versteht sich von selbst“ – zeigen deutlich, was das KG von dem Rechtsbeschwerdevortrag gehalten hat…..

OWi III: Innerörtliche Geschwindigkeitsüberschreitung, oder: Berufung auf übersehenes Verkehrszeichen 274

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Und als letzte Entscheidung dann heute noch der KG, Beschl. v. 27.02.2023 – 3 Orbs 22/23 – zum Augenblicksversagen bei angeblich übersehenem Zeichen 274.

Auch nichts Besonders. Das KG nimmt nur in einem Zusatz Stellung zu dem Beschluss, dem es folgende Leitsätze gegeben hat:

    1. Ein „Augenblicksversagen“ kann nur in besonders gearteten Ausnahmefällen in Rechnung gestellt werden.
    2. Ohne solche Umstände müssen sich die Urteilsgründe nicht damit befassen.
    3. Es ist anzuzweifeln, dass sich ein Kraftfahrer im Hinblick auf ein angeblich übersehenes Zeichen 274 auf „Augenblicksversagen“ berufen kann, wenn er sogar die innerörtlich üblicherweise geltende Geschwindigkeitsbegrenzung (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO) überschreitet.

Und dann heißt es im Zusatz:

Erläuternd bemerkt der Senat:

1. Die dem Wortlaut der Rechtsbeschwerde ausschließlich erhobene Sachrüge hat keinen Erfolg. Die insoweit allein maßgeblichen Urteilsgründe geben keinen Anlass, ein so genanntes Augenblicksversagen, von dem ohnehin nur in besonders gearteten Ausnahmefällen ausgegangen werden kann, in Rechnung zu stellen. Der Hinweis, die Messstelle befinde sich im Bereich einer Schule, spricht jedenfalls eher gegen als für ein solches Augenblicksversagen.

2. Die Auffassung der Rechtsbeschwerde, eine vom Verteidiger vorprozessual abgegebene „Einlassung“ hätte dem Tatgericht Anlass geben müssen, sich vertieft mit der Möglichkeit eines Augenblicksversagens auseinanderzusetzen, geht fehl. Der Senat geht bei dem unterbreiteten Sachstand davon aus, dass die Erklärung gar nicht in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist. Nach den Urteilsfeststellungen hat sich der Betroffene (über das Geständnis der Fahrereigenschaft hinaus) nicht eingelassen. Dass der Verteidiger die zuvor schriftsätzlich eingereichte Erklärung in der Hauptverhandlung als eigene wiederholt hätte, was bei einer „Einlassung“ ohnedies an die Grenzen des Logischen stieße, ergibt sich nicht aus dem Urteil und wird durch die Rechtsbeschwerde nicht behauptet. Weder aus dem Urteil noch aus der Rechtsbeschwerde ergibt sich im Übrigen, dass der Betroffene abwesend und der Verteidiger zur Vertretung bevollmächtigt war, so dass letzterer überhaupt eine Einlassung wirksam abgeben konnte. All dies wäre in einer den Voraussetzungen der §§ 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Verfahrensrüge darzulegen gewesen.

3. Ohnedies muss als zumindest zweifelhaft gelten, dass sich ein Kraftfahrer auf Augenblicksversagen berufen kann, der nicht einmal die innerörtlich üblicherweise geltende Geschwindigkeitsbegrenzung (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO) einhält, sondern, wie hier, um 12 km/h überschreitet (vgl. Senat, Beschluss vom 6. September 2017 – 3 Ws (B) 204/17 – [unveröffentlicht]).