Archiv der Kategorie: RVG-Rätsel

Ich habe da mal eine Frage: Bringt das Hineinplatzen in eine Vernehmung eine Terminsgebühr?

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Und ich setze natürlich in 2023 die Reihe der Gebührenfragen am Freitag fort. Heute mit folgender (erster) Frage in 2023 aus der FB-Gruppe „Strafverteidiger“:

„Hallo, ich habe eine kurze Gebührenfrage.

Ist das Hineinplatzen in eine polizeiliche Vernehmung eines vorläufig festgenommen Beschuldigten und Stoppen der Vernehmung eine „Teilnahme“ an der Vernehmung iSd 4102 Nr. 2/4103?

Dank im Voraus

Hier zum Hintergrund:

Mich hatte im letzten Jahr die Ehefrau eines Mandanten informiert, dass er festgenommen wurde. Ich war daraufhin zur Polizei gefahren, die gerade bei der Vernehmung war. Die Vernehmung wurde unterbrochen, ich konnte mich mit dem Mandanten im Nebenraum besprechen, weitere Angaben wurden nicht gemacht, Mandant wurde am nächsten Tag entlassen. Verfahren ist jetzt endgültig eingestellt.“

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Rücknahme des Strafbefehlsantrag

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Und dann die erste Lösung 2023 zum letzten Gebührenrätsel 2022. Das lautete am vergangenen Freitag noch: Ich habe da mal eine Frage: Rücknahme des Strafbefehlsantrag, oder: Bloß keinen lachenden Praktikanten.

Hier meine Antwort, mit der ich dann hoffentlich das Lachen des Praktikanten verhindert habe:

„….Zur Sache:

1. Sie brauchen eine Kostengrundentscheidung. Die müssten Sie beim AG beantragen (was Sie wahrscheinlich schon getan haben). Die KGE richtet sich dann nach § 467a Abs. 1 StPO, der im Fall der Rücknahme des Strafbefehlsantrags ebenfalls gilt (Meyer-Goßner/Schmidt, StPO, 65, Aufl., § 467a StPO Rn 3). Das Verfahren müsste aber eingestellt worden sein, wovon ich ausgehe.

2. Die Gebühren richten sich dann nach den Nr. 4100, 4104, 4106 VV RVG. Wegen des Entstehens der Nr. 4106 VV RVG verweise ich auf die Anm. zur Nr. 4104 VV RVG – „bis zum Eingang des Antrags auf Erlasse eines Strafbefehls beim Gericht…“.

Je nachdem, wie die Fallgestaltung ist, kann altes oder neues, oder sowohl altes als auch neues Recht gelten (vgl. OLG Celle 1 Ws 51/22). Es kommt also auf die Art und Weise der Auftragserteilung an.

Zur Höhe kann ich nichts Konkretes sagen. Dazu fehlen mir die Einzelheiten. Aber auf jeden Fall Mittelgebühr, ggf. darüber hinaus, vor allem wegen der Problematik SV-Gutachten. Beantragen Sie lieber etwas mehr. Der Bezirksrevisor wird eh nach unten argumentieren und alles als ganz easy ansehen.

Für weitere Fragen gerne wieder melden.“

Ich habe da mal eine Frage: Rücknahme des Strafbefehlantrags, oder: Bloß keinen lachenden Praktikanten

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Und dann am letzten Arbeitstag 2022 das letzte Posting des Jahres 2022. Nun ja, ein paar kommen nocht, aber eben keine Entscheidungen mehr und nichts mehr zu Sachthemen.

Hier ist dann als letztes „normales“ Posting die letzte Gebührenfrage 2022, und zwar:

„…..

wieder mal stehe ich auf dem Schlauch.

Sachverhalt: StA räumt Frist zur Stellungnahme ein, aber ich schieb es vor mir her. Richter ruft an: Er habe hier Antrag auf Erlass eines Strafbefehls. Ob ich nicht endlich mal was dazu sagen wollte.

Ich sag endlich was dazu. Gutachten wird eingeholt. Richter legt der StA Rücknahme des Strafbefehlsantrags nahe, StA nimmt zurück.

Wie ist es mit den Kosten und den notwendigen Auslagen, wenn der Antrag VOR Erlass des Strafbefehls zurückgenommen wird?? Ich will das schon deshalb richtig machen, weil es einen Wechsel auf der Richterstelle gegeben hat — da sitzt jetzt ein früherer Praktikant. Nicht, dass der mich an- und auslacht.“

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Fällt die Verfahrensgebühr nach “Wiederaufnahme des Verfahrens” weg?

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So, und dann noch die Lösung zum Gebührenrätsel vom vergangenen Freitag. Da hatte ich gefragt:  Ich habe da mal eine Frage: Fällt die Verfahrensgebühr nach “Wiederaufnahme des Verfahrens” weg?

Ich hatte beim Fragesteller, um ganz sicher zu gehen, nachgefragt, und zwar.

„Moin,

verstehe ich nicht richtig?.

Ihnen  geht es um die Nr. 4141 VV RVG im Hinblick auf die Einstellung nach § 154 Abs. 1 StPO in September 2021? Was wendet die Bezirksrevisorin denn ein?“

Darauf hatte der Fragesteller dannn geantwortet,

Zunächst herzlichen Dank für Ihre prompte Antwort!

Mit Schreiben v. 24.09.2021 teilte die StA folgendes mit:

„das Ermittlungsverfahren gegen Ihren Mandanten habe ich im Hinblick auf die zu erwartende Strafe bzw. Maßregel aus dem Verfahren XJsxxx/21 der STA Essen gem. § 154 Abs. 1 der StPo eingestellt. Die Ermittlungen können wieder aufgenommen werden, falls eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht ausgesprochen wird bzw. das vorläufige Absehen von einer Strafverfolgung nicht mehr rechtfertigt und in dem vorliegenden Verfahren keine Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist.

Sollte das Verfahren wieder aufgenommen werden, erhalten Sie davon Nachricht.“

Im Verfahren XJsxxx/21 erfolgte dann am 01.12.2021 der Freispruch. Somit war die Bahn frei für eine Wiederaufnahme….

Soviel zur Vorgeschichte.

Die Bezirksrevision wendet folgendes ein:

„……

Danach geht es folgendermaßen weiter:

„Die Gebühr Nr. 4141 VV RVG ist nicht entstanden und kann damit nicht in Ansatz gebracht werden. Voraussetzung für das Entstehen der Gebühr Nr. 4141 VV RVG ist, dass durch anwaltliche Mitwirkung die Hauptverhandlung entbehrlich geworden ist.

Es fand am 08.09.2022 eine Hauptverhandlung statt. Der frühere Angeklagte wurde freigesprochen. Die Gebühr Nr. 4141 VV RVG ist nicht anstanden und ersatzlos zu streichen.“

Und darauf habe ich dann geantwortet:

„Moin,

das ist Quatsch. Die Gebühr ist in 09/2021 entstanden und durch die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht weggefallen. Sie haben den RVG-Kommentar? Schauen Sie dort bei Nr. 4141 VV Rn 28 und die zitierte Rechtsprechung, die auch in dem RVG-Beitrag zitiert sein dürfte, was ich im Moment nicht prüfen kann.

Bitte vom Ausgang berichten.“

Und wenn ich denn schon den RVG-Kommentar erwähne, hier zum letzten Mail in 2022 <<Werbemodus an>> Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl. 2021, kann man bestellen, und zwar hier. M.E. „lohnt“ sich das. <<Werbemodus aus>>.

Ich habe da mal eine Frage: Fällt die Verfahrensgebühr nach „Wiederaufnahme des Verfahrens“ weg?

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Und dann als letztes Postin vor Weihnachten noch das RVG-Rätsel (damit man über die Feiertage etwas zu tun hat 🙂 ). Es enthält heute mal wieder eine Frage zur Nr. 4141 VV RVG, und zwar:

„Moin Herr Burhoff,

ich habe eine Anwendungsfrage zur obigen Verfahrensgebühr.

Und zwar haben wir einen Mandanten in einem Ermittlungsverfahren vertreten, die Angelegenheit wurde gem. § 154, Abs. 1 StPo am 24.09.2021 eingestellt (in der anderen Strafsache wurde er am 01.12.2021 freigesprochen), hernach wurden die Ermittlungen am 07.02.2022 wieder aufgenommen, in der Hauptverhandlung am 08.09.2022 wurde er dann freigesprochen.

Ich habe dazu in „aus RVGreport 2015, 42“ den Absatz c) „Wiederaufnahme“ des Verfahrens gefunden. Kann ich die obige Gebühr nun ansetzen – die Bezirksrevision sieht dieses anders – ?

Vielen Dank für Ihre Bemühungen vorab!“