Das Fazit aus OLG Dresden, Urt. v. 30.08.2010 – 1 Ss 424/10 lautet: Als Vorsitzender muss man Prioritäten setzen (können).
Was ist/war passiert? Der Vorsitzende der Berufungskammer war erkrankt und kommt nach 14-tägiger Dienstunfähigkeit wieder zum Dienst. Was macht er? Er erstellt Urteile, bei denen bereits während der Zeit seiner Erkrankung die Urteilsabsetzungsfrist abgelaufen ist. Dadurch bleiben andere Urteile, die noch fristgemäß erstellt werden könnten liegen.
Die StA rügt die Verletzung des § 275 Abs. 1 StPO. Und: Sie hat Erfolg. Das OLG Dresden sagt:
„Die Erstellung von Urteilsgründen in Verfahren, in denen die Urteilsfrist wegen Erkrankung des Vorsitzenden, und damit eines unabwendbaren Umstandes nicht eingehalten werden konnte, stellten keine vordringlicher zu erledigende Aufgabe dar. Der Vorsitzende hätte vielmehr zunächst diejenigen Urteile erstellen müssen, in denen die Urteilsfrist noch nicht abgelaufen war und deren Absetzung noch zeitlich möglich war.“
Also: Prioritäten setzen, denn in den anderen Verfahren greift der § 275 Abs. 1 Satz 4 StPO.
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Ein Argument dafür, warum ausgerechnet die jüngere (!) Sache mit Vorrang abgearbeitet werden muss, wäre natürlich auch nicht schlecht.