Im „RVG-Pool“ schwimmen am heutigen Freitag Entscheidungen zur zusätzlichen Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG bei Einziehung.
Zunächst hier der LG Braunschweig, Beschl. v. 14.12.2021 – 16 KLs 206 Js 37825/15 (57/18). Der Kollege Funck hatte die Gebühr Nr. 4142 VV RVG nach Abschluss des Verfahrens geltend gemacht. Sie war nicht festgesetzt worden. Das LG hat es dann gerichtet:
„2. Sie ist auch begründet und hat in der Sache Erfolg.
Die Voraussetzungen des Gebührentatbestandes Nr. 4142 VV RVG liegen vor. Danach entsteht die Gebühr u.a. für eine Tätigkeit des Verteidigers für den Beschuldigten, die sich auf eine Einziehung bezieht. Dabei setzt der Gebührentatbestand nicht zwingend eine gerichtliche Tätigkeit voraus, sondern kann auch im Falle außergerichtlichen Beratung in Ansatz gebracht werden, sofern diese zumindest nach Aktenlage geboten ist (Beschluss, LG Amberg vom 31.05.2019, 11 KLs 106 Js 7350/18, BeckRS 2019, 12982).
Die Beratung hinsichtlich einer möglichen Einziehung war vorliegend nach Aktenlage geboten.
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat zwar mit Abschlussverfügung vom 04.10.2018 gemäß § 421 Abs.3 StPO von einer Einziehung abgesehen. Jedoch legitimierte sich der Erinnerungsführer bereits mit Schreiben vom 27.07.2016 für die mittlerweile Verurteilte. Zudem wurde ihm mit Verfügung vom 04.11.2016 Akteneinsicht gewährt. Zu diesem Zeitpunkt, der deutlich vor dem zuvor genannten Zeitpunkt der Abschlussverfügung liegt, war nach Aktenlage eine Einziehung von Vermögenswerten naheliegend.
Aufgrund der Angabe „mögliche Einziehung d. Wertes d. Erlangten, Erörterung mit der Mandantin“ des Erinnerungsführers in seinem Kostenfestsetzungsantrag vom 02.10.2020 zur Begründung der Gebühr und mangels anderslautender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass der Erinnerungsführer die Verurteilte bereits 2016 erstmals hinsichtlich einer Einziehung von Vermögenswerten beraten hat. Bei einer lebensnahen Betrachtungsweise war dies auch zur gewissenhaften Erfüllung seiner Tätigkeit als Verteidiger erforderlich, da zu diesem Zeitpunkt mit einem entsprechenden Einziehungsantrag der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung zu rechnen war, da eine Einziehungssumme von ca. 428.000,00 € im Raum stand (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23.88.2007, Az. 3 Ws 267/07).
Die Höhe der 1,0-Gebühr Nr.4142 VV RVG ist gemäß §§ 13,49 RVG zu bemessen und bestimmt sich nach dem Gegenstandswert Dabei ist der objektive Wert entscheidend, welcher sich nach dem wirtschaftlichen Interesse des Betroffenen auf die Abwehr der Einziehung bemisst (Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG W 4142, Rn 19). Da im Zeitpunkt vor Anklageerhebung von einer Einziehungssumme in Höhe von ca. 428.000,00 € auszugehen war, liegt der Gegenstandswert über 50.000 €, so dass, abweichend von dem Antrag des Erinnerungsführers in Höhe von 467,00 €, die festzusetzende Gebühr 659,00 € nebst 16% Umsatzsteuer beträgt.“