Nachdem ich gestern schon OWi-Entscheidungen vorgestellt habe, heute dann noch einmal ein OWi-Tag. Im Nachgang zu der gestrigen Berichterstattung ist anzumerken: Es ist schon interessan, wenn man Kommentare zum OLG Brandenburg, Beschl. v. 04.02.2021 – 1 OLG 53 Ss-OWi 685/20 (OWi II: Gehörsrüge, oder: Was der Richter alles in fünf Minuten in der Hauptverhandlung erledigt haben will) auf Twitter liest. Da wird versucht, das Verhalten, zu dem das OLG ergänzend angemerkt hat, mit der „unnötigen Bindung von Kapazitäten“ zu erklären – entschuldigen (?). Na ja, ein Blick in die StPO zeigt, dass der Gesetzgeber das (noch) anders sieht. Daher habe ich den Kommentator dann dorthin verwiesen. Ist nicht so gut angekommen 🙂 .
Heute hier dann also noch einmal OWi-Entscheidungen, allerdings zum Verfahrensrecht. Und da beginne ich mit dem KG, Beschl. v. 28.01.2021 – 3 Ws (B) 18/21 – 162 Ss 7/21. Problematik: Inhalt der Urteilsgründe, wenn sich der Betroffene nicht zur Sache eingelassen hat:
„Der Schuldspruch wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 41 Abs. 1, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil die ihm zugrundeliegende Beweiswürdigung aufgrund ihrer Lückenhaftigkeit dem Senat als Rechtsbeschwerdegericht die gebotene Überprüfung nicht ermöglicht.
Zwar ist die Würdigung der Beweise Sache des Tatrichters. Das Rechtsbeschwerde-gericht hat aber auf die Sachrüge zu prüfen, ob ihm hierbei Rechtsfehler unterlaufen sind. Rechtsfehlerhaft ist die Beweiswürdigung dann, wenn sie in sich widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetzte oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 2020 — 2 StR 494/19 —, BeckRS 2020, 11446 m. w. N.; Senat, Beschluss vom 31. Juli 2020 — 3 Ws (B) 174/20 —, juris). Dabei brauchen die Schlussfolgerungen des Tatrichters nicht zwingend zu sein; es genügt grundsätzlich, dass sie möglich sind (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2019 — 1 StR 218/19 —, juris; Senat, Beschluss vom 11. Juli 2001 — 3 Ws (B) 260/01 —, juris) und er von ihrer Richtigkeit überzeugt ist.
Um dem Rechtsbeschwerdegericht diese Nachprüfung zu ermöglichen, müssen die Urteilsgründe jedoch erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsichtigen Tatsachengrundlage beruht (vgl. Senat, Beschlüsse vom 5. März 2018 — 3 Ws (B) 75/18 —, 12. September 2011 — 3 Ws (B) 493/11 — und 25. Mai 2010 — 3 Ws (B) 212/10 —).
Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Denn den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen, woraus sich die Überzeugung des Gerichts ergibt, dass es der Betroffene war, der zur Tatzeit das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug geführt hat.
Aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass sich der Betroffene in der Hauptverhandlung nicht eingelassen hat. Dass Beweise erhoben wurden, die auf eine Identifizierung des Fahrzeugführers abzielten, ist den Darlegungen nicht zu entnehmen. Das Urteil setzt sich im Wesentlichen mit der Ordnungsgemäßheit und Verwertbarkeit der Geschwindigkeitsauswertung auseinander, welche der Betroffene bestritten hat. Allein aus der Anzweifelung des Messergebnisses kann jedoch nicht auf seine Fahrereigenschaft geschlossen werden (vgl. Senat, Beschluss vom 5. März 2018 a.a.O. und 14. September 2011 — 3 Ws (B) 462/11 —).Anhaltspunkte dafür, dass sich aus dem verlesenen Protokoll zur sog. Vidista-Auswertung, das den Feststellungen zur Geschwindigkeit zugrunde liegt, Hinweise auf die Fahrereigenschaft des Betroffenen ergeben haben, sind nicht ersichtlich. Weitere Beweiserhebungen sind ausweislich der Urteilsgründe nicht erfolgt.“
Die Problematik ist ein Dauerbrenner, nicht nur im Bußgeldverfahren.