Vermeiden eines Fortsetzungstermins, oder: Einheitlichkeit der Hauptverhandlung?

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Am Gebührenfreitag stelle ich heute zwei LG-Entscheidungen zur zuästzlichen Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVg, die alte „Befriedungsgebühr“. Eine schöne und eine nicht so schöne, aber m.E. (leider) auf der Grundlage der h.M. richtige Entscheidungen.

Fangen wir mit der „nicht so schönen Entscheidung“, dem LG Siegen, Beschl. v. 03.07.2020 – 10 Qs 61/20 – an. Das AG hat den Angeklagten verurteilt. Das Urteil gefällt der StA nicht, die Berufung einlegt. Zur Berufungshauptverhandlung am 23.08.2019 werden vom LG drei Zeugen geladen. Die Verhandlung muss unterbrochen werden, da einer der Zeugen nicht erschienen ist. Es wird Fortsetzungstermin auf den 04.09.2019 bestimmt. Am 28.08.2019 nimmt die Staatsanwaltschaft die Berufung zurück. Der Angeklagte stimmte der Berufungsrücknahme zu. Der Fortsetzungstermin wurde aufgehoben.

Der Kollege Terjung aus Köln, der mir die Entscheidung geschickt hat, beantragt auch Festsetzung der zusätzlichen Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG. Die wird nicht festgesetzt. Die Rechtsmittel des Kollegen haben keinen Erfolg. Begründung des LG:

Neben den bereits festgesetzten Gebühren und Auslagen steht dem Beschwerdeführer die weitere Gebühr nach Nr. 4141 RVG-VV nicht zu.

Die Bezirksrevisorin hat dazu wie folgt Stellung genommen:

„Nach der Entscheidung des BGH vom 14.04.2011(IX ZR 153/10 – Rn. 14, juris) ist für die Entstehung der Gebühr Nr. 4141 VV RVG zu unterscheiden, ob eine Aussetzung oder Unterbrechung der Hauptverhandlung vorliegt.

Die Gebühr Nr. 4141 VV RVG kann demnach auch noch entstehen, wenn bereits eine Hauptverhandlung stattgefunden hat.

Dies setzt aber voraus, dass ein vorheriger Hauptverhandlungstermin ausgesetzt wurde und der neue Hauptverhandlungstermin z.B. aufgrund Einstellung, Berufungsrücknahme entbehrlich wird. Es ist somit auf den nächsten Hauptverhandlungstermin abzustellen (vergleiche auch OLG Hamm, Beschluss vom 10.12.2007 – 2 (s) Sbd IX – 155/07-, Rn. 8, juris; OLG Bamberg, Beschluss vom 16.01.2007-1 Ws 856/06-, RN. 14, juris).

Vorliegend wurde die Hauptverhandlung jedoch unterbrochen und zugleich ein neuer Hauptverhandlungstermin bestimmt (BI. 409 R d. A.).“

Dieser Rechtsauffassung ist zuzustimmen und wird beigetreten.

Soweit der Beschwerdeführer darauf hinweist, dass auch ein zweiter oder dritter Hauptverhandlungstermin zur Gebühr Nr. 4141 VV RVG führen kann, ist dem beizupflichten. Auch wenn der Beschwerdeführer das anders sehen mag, ist aber auch allgemein anerkannt, dass dies nur für den Fall gilt, dass die Hauptverhandlung ausgesetzt war (vgl. dazu auch Burhoff in: Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl. 2017, Nr, 4141 VV, Rn. 66).

Die umfangreiche Argumentation des Beschwerdeführers verkennt dabei auch den in Rechtsprechung und Literatur anerkannten und bereits benannten Grundsatz der Einheitlichkeit der Hauptverhandlung, der dem Sinn und Zweck der sogenannten Befriedigungsgebühr nicht widerspricht. Honoriert werden soll mit dieser Gebühr, wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt, dass die Hauptverhandlung nicht vorbereitet werden muss. Vorbereitet war die Hauptverhandlung bereits, auch soweit es den Zeugen pp. betraf.

Für den von dem Beschwerdeführer angesprochenen Fall, dass erst zu Beginn des zweiten Hauptverhandlungstermins der Berufungsrücknahme zugestimmt worden wäre, wäre dies mit nur unwesentlich mehr Arbeit für das Gericht verbunden gewesen. Auch dies spricht also nach Sinn und Zweck der Regelung nicht für die Gewährung einer Befriedigungsgebühr.

Nicht so schön, aber – wie gesagt – auf der Grundlage der h.M. zutreffend. Ob diese Rechtsauffassung allerdings mit dem Grundgedanken der Nr. 4141 VV RVG vereinabr ist, kann man trefflich diskutieren. Denn auch hier spart die Justiz ja Arbeit durch den nicht durchgeführten Termin und dem Verteidiger geht durch seine Zustimmung eine Terminsgebühr verloren,w as ja durch die Gebühr Nr. 4141 VV RVG ausgeglichen werden soll. Die h.M. sieht das aber unter dem Begriff „Einheitlichkeit der Hauptverhandlung“ anders. Leider.

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