So, und die Nachmittagsentscheidung kommt ebenfalls aus dem Bereich des Ablehnungsrecht. Das AG Torgau hat im AG Torgau, Beschl. v. 24.02.2020 – 2 Ds 950 Js 41188/19 – zu einer Selbstablehnung (§ 30 StPO) Stellung genommen. In einem Verfahrenn hatte sich der zuständige Amtsrichter „selbst abgelehnt“ und das mit einer engen freundschaftlichen Verbindung zum Verteidiger begründet. Das reicht aber allein nicht, sagt das AG:
„…. Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.01.2020 zeigte sich für die Angeschuldigte unter Beifügung einer Prozessvollmacht Rechtsanwalt pp. an und beantragte die Gewährung von Akteneinsicht sowie die Verlängerung der Frist zur Stellungnahme zur Anklageschrift. Mit richterlicher Verfügung vom 21.01.2020 wurde durch Richter am Amtsgericht pp. die Akteneinsicht bewilligt mit dem Zusatz, dass das Gericht gleichzeitig auch die Stellungnahmefrist zur Anklageschrift von zwei Wochen ab Eingang der Akte verlängere.
Nach gewährter Akteneinsicht erfolgte die Rückgabe der Akte an das Amtsgericht Torgau am 29.01.2020. Richter am Amtsgericht pp. hat sodann mit Verfügung vom 03.02.2020 gem. § 30 StPO mitgeteilt, dass zwischen ihm und dem die Angeschuldigte vertretenden Rechtsanwalt pp. ein enges Freundschaftsverhältnis seit dem Referat [so im Original] bestehe und man sich auch regelmäßig wöchentlich zu gemeinsamen Abendessen treffe und er auch vor wenigen Wochen auf der Geburtstagsfeier des Rechtsanwaltes pp. als Gast gewesen sei. Aufgrund dieses Näheverhältnisses scheine es ihm fraglich, ob er das Verfahren mit der gebotenen Objektivität entscheiden könne. Mit Verfügung vom 05.02.2020 wurde diese dienstliche Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Leipzig, Zweigstelle Torgau, und dem Verteidiger Rechtsanwalt pp. zur Äußerung übersandt. Die Staatsanwaltschaft Leipzig, Zweigstelle Torgau, teilte mit Verfügung vom 06.02.2020 mit, dass aufgrund der dienstlichen Stellungnahme des Richters am Amtsgericht pp. Zweifel an der notwendigen Objektivität bestehen. Seitens des Verteidigers Rechtsanwalt pp. Reiche wurde mit Schreiben vorn 11.02.2020 Stellung genommen. Er bestätigte das enge freundschaftliche Verhältnis zu Herrn Richter am Amtsgericht pp. Seiner Auffassung nach sei aber die Besorgnis der Befangenheit und damit die Berechtigung der Selbstablehnung gern. § 30 StPO nicht begründet. Ergänzend wird auf das Schreiben vom 11.02.2020 Bezug genommen.
Herr Richter am Amtsgericht pp. hat mit Verfügung vom 13.02.2020 mitgeteilt, dass eine ergänzende dienstliche Stellungnahme nicht veranlasst sei.
II.
Die von Herrn Richter am Amtsgericht pp. in seiner dienstlichen Äußerung gern. § 30 StPO mitgeteilten tatsächlichen Verhältnisse rechtfertigen nicht für die am Verfahren Beteiligten die Besorgnis der Befangenheit.
Die Besorgnis der Befangenheit besteht, wenn ein Verfahrensbeteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln; es ist ein individuell objektiver Maßstab anzulegen (Fischer, Karlsruhe Komm. zur StPO, 8. Aufl., München 2008 § 24 Rdnr. 3 mit einer Vielzahl von Nachweise der Rechtsprechung).
Das unbestrittene Vorliegen einer engen Freundschaft zwischen Herrn Richter am Amtsgericht pp. und dem Verteidiger, Herrn pp., allein reicht noch nicht aus, aus der Sicht eines der Verfahrensbeteiligten, bei vernünftiger Würdigung aller Umstände an einer Unvoreingenommenheit dieses Richters zu zweifeln (vgl. OLG Koblenz 05.05.2003 – 5 U 120/03; OLG Frankfurt 04.12.1995 -13 U 113/95- BayObLG 02.10.1986 – BReg 2 Z 113/86, OLG Frankfurt 02.03.1998 – 15 W 8/98, LG Bonn 11.10.1965 ¬4 T 460/65).
Das Hinzutreten weiterer objektiver Umstände ist nicht erkennbar. Die Bearbeitung des Strafverfahrens nach Eingang beim Amtsgericht Torgau ist nicht zu beanstanden. Rechtsanwalt pp. wurde die beantragte Akteneinsicht mit Schreiben vom 17.01.2020 ohne ihn zu bevorzugen, gewährt. Gleiches gilt auch für die gewährte Frist zur Verlängerung der Stellungnahme zur Anklageschrift. Es sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass sich Herr Richter am Amtsgericht pp. mit dem Verteidiger Rechtsanwalt pp. bereits außergerichtlich in einem privaten Rahmen über das vorliegende Strafverfahren unterhalten haben könnte. Aufgrund der Darlegungen des Rechtsanwalts pp. ist hiervon auch nicht auszugehen. Ergänzend wird auf dessen Vorbringen mit Schreiben vom 11.02.2020 verwiesen. Im Ergebnis war die aus dem Tenor dieser Entscheidung ersichtliche Entscheidung zu treffen.“
Vernünftige Entscheidung: Sowohl vom zuständigen Richter als auch vom Entscheider.
Wer Referat nicht von Referendariat unterscheiden kann… Sollte keinen Richterstempel haben (oder ist der Spracherkennungssoftware auf den Leim gegangen…)
Vielleicht gab es ja auch „Bandsalat“ :).