Strafzumessung I: Der wegen Betruges verurteilte Rechtsanwalt, oder: Drohende berufsgerichtliche Maßnahmen nicht im Blick

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Heute dann der erste – mal sehen, ob es noch einen zweiten gibt? – Strafzumessungstag im Dezember. Und den eröffne ich mit dem BGH, Beschl. v. 17.09.2019 – 1 StR 334/19. Er nimmt Stellung zur Strafzumessung bei einem Rechtsanwalt, der wegen Betruges verurteilt worden ist. Der BGH hat den Strafausspruch des landgerichtlichen Urteils aufgehoben. Begründung:

„a) Die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts lassen nicht erkennen, ob es bei der Festsetzung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe die drohenden berufsgerichtlichen Maßnahmen nach § 114 Abs. 1 BRAO in den Blick genommen hat. Die berufsrechtlichen Folgen einer strafrechtlichen Verurteilung für das Leben des Angeklagten sind aber nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Strafzumessung ausdrücklich einzubeziehen, wenn dieser durch sie seine berufliche oder wirtschaftliche Basis verliert (BGH, Beschlüsse vom 12. Juli 2018 – 3 StR 595/17 Rn. 14; vom 8. Dezember 2016 – 1 StR 492/16 Rn. 9 und vom 20. Januar 2016 – 1 StR 557/15 Rn. 3; jeweils mwN). Dass dies hier der Fall sein könnte, drängt sich auf Grund der bisher getroffenen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen sowie im Blick auf das bereits vom Amtsgericht verhängte vorläufige Berufsverbot nach § 132a StPO auf.

b) Im Übrigen bleibt nach den bisherigen Feststellungen des Landgerichts im Fall 18 (Einkommensteuer 2014) zum Schuldumfang offen, ob die Steuerverkürzung tatsächlich in der festgestellten Höhe von 29.062,08 Euro eingetreten ist oder ob die tatbestandliche Steuerverkürzung unter Abzug der im Schätzungsbescheid festgestellten 4.180 Euro Einkommensteuer und 229,90 Euro Solidaritätszuschlag zu ermitteln ist. Letzteres wäre der Fall, wenn die vom Landgericht festgestellte Bekanntgabe des Schätzungsbescheids am 8. November 2016 zeitlich vor Abschluss der Veranlagungsarbeiten erfolgt wäre und bereits die zu niedrige Festsetzung der Einkommensteuer mittels Schätzungsbescheid die Steuerverkürzung bewirkt hätte (vgl. näher Klein/Jäger, AO, 14. Aufl., § 370 AO Rn. 93 f.). Dazu liegen bisher keine Feststellungen des Landgerichts vor.“

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