Der BGH, Beschl. v. 20.01.2018 – 2 StR 200/17 – hat mal wieder eine Raubproblematik zum Gegenstand. Es geht um das Tatbestandsmerkmal des Verwendens im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB. Dazu der BGH:
„1. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte in den Fällen 1 und 3 der Urteilsgründe den Tatbestand des besonders schweren Raubes im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB verwirklicht.
a) Das Tatbestandsmerkmal des Verwendens im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB umfasst jeden zweckgerichteten Gebrauch eines objektiv gefährlichen Tatmittels. Nach der Konzeption der Raubdelikte bezieht sich das Verwenden auf den Einsatz des Nötigungsmittels bezogen auf den Grundtatbestand des Raubes; es liegt sonach vor, wenn der Täter eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug gerade als Mittel entweder der Ausübung von Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gebraucht, um die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache zu ermöglichen (BGH, Urteile vom 18. Februar 2010 – 3 StR 556/09, NStZ 2011, 158 und vom 8. Mai 2008 – 3 StR 102/08, NStZ 2008, 687). Das Tatopfer muss das Nötigungsmittel und die Androhung seines Einsatzes wahrnehmen (BGH, Urteile vom 18. Februar 2010 – 3 StR 556/09, aaO und vom 8. Mai 2008 – 3 StR 102/08, aaO; Beschluss vom 17. Juni 1998 – 1 StR 270/98, NStZ-RR 1999, 7); denn eine Drohung ist das ausdrückliche oder schlüssige In-Aussicht-Stellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1961 – 1 StR 288/61, BGHSt 16, 386, 387). Eine Drohung erfordert daher, dass der Bedrohte Kenntnis von der Drohung erlangt und dadurch in eine Zwangslage versetzt wird (Senat, Beschluss vom 1. September 2004 – 2 StR 313/04, NStZ 2005, 41, 42). Nimmt das Tatopfer die Drohung des Täters mit einer Waffe oder einem gefährlichen Werkzeug nicht wahr, so wird es nicht in die von § 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB vorausgesetzte qualifizierte Zwangslage versetzt und es fehlt an einem vollendeten Verwenden des Drohmittels (vgl. Senat, Beschluss vom 1. September 2004 – 2 StR 313/04, aaO; BGH, Beschluss vom 8. November 2011 – 3 StR 316/11, NStZ 2012, 389; Beschluss vom 21. Oktober 2014 – 4 StR 351/14, NStZ-RR 2015, 13; Beschluss vom 12. Juli 2016 – 3 StR 157/16, NStZ 2017, 26).
b) Gemessen hieran hat der Angeklagte das Brecheisen im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB verwendet. Indem der Angeklagte beiden Tatopfern das Brecheisen „mit leichtem Druck in den Rücken hielt“, sich ihrer dadurch bemächtigte und sie zugleich aufforderte, seinen Anweisungen zur Vermeidung nachteiliger Konsequenzen Folge zu leisten, verwendete der Angeklagte bei der Tat ein gefährliches Werkzeug.
Der Annahme vollendeten Verwendens steht nicht entgegen, dass die Tatopfer das vom Angeklagten bewusst verdeckt in ihrem Rücken eingesetzte Werkzeug nur taktil und nicht visuell wahrnahmen und deshalb nicht erkannten, dass es sich dabei um ein Brecheisen handelte. Anders als in anderen von den Strafsenaten des Bundesgerichtshofs entschiedenen Fallkonstellationen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Januar 2007 – 4 StR 394/06, NStZ 2007, 332 mit Anm. Kudlich JR 2007, 381; Beschluss vom 6. September 2007 – 4 StR 227/07, StraFo 2008, 85; Beschluss vom 5. Juni 2007 – 4 StR 184/07, StRR 2007, 163; Beschluss vom 8. Juli 2008 – 3 StR 229/08, NStZ-RR 2008, 342 und Urteil vom 15. August 2007 – 5 StR 216/07, NStZ-RR 2007, 375) steht vorliegend aus Sicht eines objektiven Betrachters fest, dass es sich bei dem vom Angeklagten als Drohmittel verwendeten rund 50 Zentimeter langen Brecheisen aus Metall – ebenso wie bei einem Holzknüppel (Senat, Beschluss vom 4. September 1998 – 2 StR 390/98, NStZ-RR 1999, 15), einem Besenstiel (BGH, Beschluss vom 20. Mai 1999 – 4 StR 168/99, NStZ-RR 1999, 355), einem Schraubendreher (BGH, Urteil vom 18. Februar 2010 – 3 StR 556/09, NStZ 2011, 158) oder einem abgesägten Metallstück in Form eines Winkeleisens (Senat, Beschluss vom 21. November 2001 – 2 StR 400/01, NStZ-RR 2002, 108, 109) – um einen objektiv gefährlichen Gegenstand handelt, weil es im Falle seines Einsatzes als Schlag- oder Stichwerkzeug (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2014 – 1 StR 24/14, juris) geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Es genügt, wenn das Tatopfer – wie in den zugrunde liegenden Fällen – den Gegenstand als Drohungsmittel wahrnimmt, zutreffend davon ausgeht, dass von ihm im Falle eines Einsatzes eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben ausgeht, und es sich so in die von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB vorausgesetzte qualifizierte Zwangslage versetzt sieht.
Vor diesem Hintergrund ist es unschädlich, dass die Tatopfer den verwendeten Gegenstand zwar wahrnahmen, jedoch nicht als Brecheisen zu identifizieren vermochten. Anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Senats vom 1. September 2004 – 2 StR 313/04, NStZ 2005, 41, auf die sich das Landgericht für seine abweichende Rechtsauffassung beruft. In der dort entschiedenen Fallkonstellation hatte das Tatopfer den vom Täter als Drohmittel eingesetzten Schraubenzieher überhaupt nicht bemerkt. Dann aber fehlt es – anders als in der hier vorliegenden Fallkonstellation – daran, dass das Tatopfer Kenntnis von der Drohung erlangt. Der Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist sonach tragfähig belegt.“