Die zweite LG-Entscheidung kommt vom LG Münster. Sie ist schon etwas älter, aber die behandelte Problematik ist immer wieder schön. Leider gibt es sie wohl häufiger, nämlich den besoffenen Fahrlehrer. Das LG Münster stellt und beantwortet im LG Münster, Beschl. v. 09.06.2017 – 3 Qs 34/17 die Frage: Ist/War der besoffenen Fahrlehrer anlässlich/vor einem Verkehrsunfall Führer des Kraftfahrzeuges, so dass ihm die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen werden konnte. Das LG sagt: Ja:
„Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss dem Beschuldigten zu Unrecht die Fahrerlaubnis nicht vorläufig entzogen. Es sind entgegen der Auffassung des Amtsgerichts dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass dem Beschuldigten demnächst die Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB endgültig entzogen wird. Es besteht nach dem derzeitigen Ergebnis der Ermittlungen ein dringender Tatverdacht zumindest bezogen auf eine Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 Abs. 1, ggf. i.V.m. Abs. 2 StGB mithin eines Regelbeispiels der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen gemäß § 69 Abs. 2 StGB. Der Beschuldigte wies bei Entnahme der Blutprobe am Vorfallstag dem 07.02.2017 um 18:34 Uhr, mithin etwa 2,5 Stunden nach dem Unfall eine Blutalkoholkonzentration von 1,18 ‰ auf, war mithin absolut fahruntüchtig. Der Beschuldigte, der als Fahrlehrer im verunfallten Fahrzeug auf dem Beifahrersitz saß, hat auch im Sinne der Vorschrift das Fahrzeug geführt. Führer eines Kfz ist nur, wer es unter bestimmungsgemäßer Anwendung seiner Antriebskräfte unter eigener Allein- oder Mitverantwortung in Bewegung setzt oder unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrtbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum ganz oder wenigstens zum Teil lenkt, erforderlich ist ein Bedienen wesentlicher Einrichtungen des Fahrzeugs. Diese Voraussetzungen erfüllt ein Fahrlehrer erst mit dem Eingreifen in Lenk- oder Betriebsvorgänge vom Beifahrersitz (BGH, Beschluss vom 23.09.2014, 4 StR 92/14, Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, § 2 StVG Rn. 55 m.w.N.). Vorliegend hat der Beschuldigte nach seiner eigenen Einlassung am Unfallort kurz vor dem Zusammenstoß gebremst – wenn auch zu spät. Damit hat er nach Auffassung der Kammer eine wesentliche Einrichtung des Fahrzeuges bedient und in den Betriebsvorgang eingegriffen, so dass er als Führer des Fahrzeuges tätig wurde.“
Dogmatisch durchaus überzeugend, im Ergebnis etwas zynisch, da demnach in der Konsequenz der betrunkene Fahrlehrer strafrechtlich und verkehrsrechtlich zumindest dann, wenn kein Unfall mit Schwerverletzten oder Toten droht, strafrechtlich besser dran ist, wenn er nicht bremst bzw. sich auf eine nur verbale Aufforderung des überforderten Fahrschülers zum Bremsen beschränkt und den Unfall geschehen lässt. Mit Notstand bzw. rechtfertigender Pflichtenkollision wird er vom Vorwurf der Trunkenheitsfahrt wohl nicht wegkommen, da er für diese Lage durch das betrunkene Geben von Fahrstunden fahrlässig die Ursache gesetzt hat.