Cannabinoide in China bestellt, keine Einfuhr von BtM

entnommen wikimedia.org Quelle Scan by Raimond Spekking

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Eine schon eher nicht alltägliche Fallgestaltung liegt dem BGH, Beschl. v. 08.09.2016 – 1 StR 232/16 – zugrunde. Der Angeklagte hatte nämlich im Internet synthetische Cannabinoide mit einem Reinheitsgehalt von mindestens 85% bestellt, die aufgrund seiner Bestellung aus China versandt, in das Bundesgebiet eingeführt und an die Wohnanschrift des Angeklagten geliefert wurden. Im Einzelnen war es eine Bestellung von über 100 Gramm des synthetischen Cannabinoids JWH-122 zum Preis von 346,05 €, die nicht geringe Menge von JWH-122 liegt bei höchstens zwei Gramm, und eine Bestellung über 100 Gramm des synthetischen Cannabinoids UR-144 zum Preis von mindestens 300 €, die nicht geringe Menge von UR-144 liegt bei höchstens sechs Gramm.

Das LG Mosbach hat den Angeklagten deshlab wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Seine Revision hatte – nach Aufhebung eines Verwerfungsbeschlusses des LG im Verfahren nach § 346 StPO – beim BGH Erfolg:

2. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch nicht. Die Annahme täterschaftlicher unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Zwar erfordert der Tatbestand der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln keinen eigenhändigen Transport der Betäubungsmittel über die Grenze, so dass Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB grundsätzlich auch ein Beteiligter sein kann, der das Rauschgift nicht selbst in das Inland verbringt. Es müssen jedoch die Voraussetzungen für ein täterschaftliches Handeln nach den Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts vorliegen. Hierzu ist eine wer-tende Gesamtbetrachtung erforderlich (BGH, Beschlüsse vom 31. März 2015 – 3 StR 630/14, StV 2015, 632 und vom 2. Juni 2015 – 4 StR 144/15, BGHR BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 4 Einfuhr 3). Von besonderer Bedeutung sind dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Einfluss bei der Vorbereitung der Tat und der Tatplanung, der Umfang der Tatbeteiligung und die Teilhabe an der Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen. Entscheidender Bezugspunkt ist der Einfuhrvorgang selbst. Das bloße Interesse an dessen Gelingen genügt nicht, wenn der Betreffende keine Tat-herrschaft oder zumindest Tatherrschaftswillen hat (statt vieler: BGH, Be-schluss vom 2. Juni 2016 – 1 StR 161/16). Eine Person, die den Einfuhrvorgang zwar veranlasst, aber keinen Einfluss auf dessen Durchführung hat, kann weder Mittäter noch Gehilfe der Einfuhr sein (BGH, Beschlüsse vom 31. März 2015 – 3 StR 630/14, StV 2015, 632 und vom 16. Februar 2012 – 3 StR 470/11, StraFo 2012, 158).

Nach diesen Grundsätzen kann die Verurteilung wegen täterschaftlicher Einfuhr keinen Bestand haben. Die Feststellungen des Landgerichts beschränken sich darauf, dass der Angeklagte die Betäubungsmittel über das Internet in China bestellte, ohne irgendeinen Einfluss auf den Einfuhrvorgang zu haben.

Ob eine Strafbarkeit wegen Anstiftung (oder Beihilfe) zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, in Betracht kommt, kann der Senat anhand der vorliegenden Feststellungen nicht beurteilen. Hierzu hätte es insbesondere näherer Feststellungen zu den Bestellvorgängen bedurft.“