Manchmal frage ich mich, was sich eigentlich Rechtspfleger/UdG so gedacht haben, als sie eine Zwischenverfügung o.Ä. gemacht haben. Mal nachgedacht oder ggf. auch mal in den Kommentar geschaut? Häufig komme ich zu dem Ergebnis, dass das wohl nicht sein kann, denn dann hätte man die Verfügung, um die es geht, nicht gemacht.
So bei einem Fall, den mir der Kollege Hauer aus Gießen berichtet hat. Der Kollege schildert folgenden Sachverhalt:
„Bei meinem Mandanten handelt es sich um einen unbegleiteten 16-jährigen Albaner, dem die Staatsanwaltschaft vorgeworfen hatte, mit weiteren Personen in einer Erstaufnahmeeinrichtung u.a. einen Landfriedensbruch im besonders schweren Fall begangen zu haben. Aufgrund des vorgeworfenen Sachverhalts erließ das Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Untersuchungshaftbefehl, der auch sofort vollstreckt wurde. Im Zuge dessen erfolgte meine Beiordnung zum Pflichtverteidiger.
Im weiteren Verfahrensverlauf erfolgten nach Akteneinsicht mehrere Gespräche zwischen der Staatsanwaltschaft, dem Ergänzungspfleger, der für das Asylantragsverfahren bestellt wurde, und mir. Außerdem wollte mein Mandant schnellstmöglich wieder in seine Heimat zurück. Der Asylantrag wurde daher zurückgenommen und er verblieb bis zu seiner endgültigen Abschiebung in Untersuchungshaft.
Im Hinblick darauf, auf den Ermittlungsstand bzw. den Verdachtsmoment und die vollzogene Untersuchungshaft hatte ich beantragt, das Ermittlungsverfahren nach § 45 Abs. 2 JGG einzustellen. Ich vertrat die Ansicht, dass die obigen Umstände ausreichend gewesen sind, um nachhaltig erzieherisch auf meinen Mandanten einzuwirken.Die Staatsanwaltschaft ist meiner Argumentation gefolgt und hat das Verfahren endgültig nach § 45 Abs. 2 JGG eingestellt.
Bei meinem Antrag auf Festsetzung der Pflichtverteidigergebühren habe ich auch VV 4141 RVG in Ansatz gebracht. Am 17.02.2016 erhielt ich sodann den beigefügten Hinweis des Amtsgerichts mit der Bitte um eine Stellungnahme.“
In dem „beigefügten Hinweis des Amtsgerichts“ Gießen v. 17.02.2016 heißt es:
„….wird bzgl. Ihres Antrags vom 26.01.2016 mitgteilt, dass nach hiesiger Ansicht keine Gebühr nach VV Nr. 4141 VV RVG anfallen konnte, da das Verfahren noch nicht eröffnet wurde; die Sache befand sich nur im Ermilltungsverfahren.
Um Stellungnahme wird gebeten.“
Stellung hat der Kollege Hauer genommen, und zwar wie folgt:
„[..].Der Rechtsanwalt erhält eine zusätzliche Gebühr, wenn durch seine Mitwirkung, wie vorliegend bereits im Antrag nachgewiesen, eine Hauptverhandlung entbehrlich wird, VV 4141 RVG. Ihm wird in den VV 4141 RVG Abs.?1 genannten Fällen eine zusätzliche Gebühr in Höhe der jeweiligen Verfahrensgebühr zugebilligt. Dies ist schon der Fall, wenn das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wird, VV 4141 RVG Abs.?1 Nr. 1. Vor diesem Hintergrund wird eine Hauptverhandlung auch dann entbehrlich, wenn bereits die Staatsanwaltschaft das Verfahren endgültig einstellt, da sie andernfalls den Erlass eines Strafbefehls beantragen oder Anklage hätte erheben müssen (BeckOK RVG/Kotz RVG Rn. 6, beck-online). Vergütungsrechtlich nicht nur vorläufige Einstellungen aus dem Bereich des Jugendstrafverfahrens sind Sachbehandlungen nach § 47 und § 45 JGG (BeckOK RVG/Kotz RVG Rn. 23, beck-online).[..].“
Das ist in meinen Augen schon viel zu viel: M.E. hätte gereicht: „Anderer Ansicht als Sie: Das Gesetz in Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. VV RVG. Ein Blick dorthin hätte die Vergütungsfestsetzung sicher erleichert.“
Ich bin gespannt, ob die Stellungnahme des Kollegen den Rechtspfleger/UdG auf den richtigen Weg gebracht hat.
Ach so. Ich habe die Sache nichts in ein RVG-Gebührenrätsel genommen. Dazu ist sie zu einfach.
hmm… der Rechtspfleger trennt Strafverfahren und Ermittlungsverfahren und nimmt dabei die Nr. 4141 VV RVG zu wörtlich. Fälscher geht’s kaum noch.