Aus der Serie: Wann habe ich es mit einem „getürkten“manipulierten Verkehrsunfall zu tun?, heute das LG Essen, Urt. v. 22.06.2015 – 17 O 182/12. Das Unfallgeschehen? Nun man kann es nicht endgültig darstellen, da die Klägerin dazu drei Versionen abgeliefert hatte, was dann letztlich ihrer Klage „das Genick gebrochen“ hat. Das LG verneint einen Schadensersatzanspruch der Klägerin nämlich mit folgenden – teilweise bekannten – Argumenten aufgrund einer die Gesamtwürdigung der vorliegenden Indizien, die „vernünftige Zweifel an einer Unfallmanipulation schweigen“ lassen (schöne Formulierung 🙂 ):
- Zunächst spricht die Art der beteiligten Kraftfahrzeuge für das Vorliegen eines abgesprochenen Unfalls. Es handelt sich um ein bei, fingierten Unfällen typischerweise verwendetes Kraftfahrzeug. Das beschädigte Fahrzeug ist ein, wenn auch älteres, höherwertiges Fahrzeug mit einer erheblichen Laufleistung (vgl. Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 24.06.2010, 7 U 102/09 sowie OLG Hamm, Urteil vom 29.03.2000, 13 U 99/99).
- Hinzu kommt, dass die Art des Schadens, ein “lukrativer” Streifschaden, ein Indiz für eine Unfallmanipulation begründet (vgl. LG Essen, Urteil vom 16.12.2010, 3 O 190/10).
- Ferner liegt ein weiteres Indiz vor, da die Klägerin im Wege der fiktiven Abrechnung Schadensersatz fordert und das Fahrzeug nicht hat tatsächlich ordnungsgemäß reparieren lassen um es weiter zu nutzen (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 01.10.2005, 12 U 1114/04).
- Außerdem ist der von der Klägerin geschilderte Unfallhergang nicht plausibel…..
- „Als ein solches Indiz für das Vorliegen einer Unfallmanipulation wurde auch berücksichtigt, dass die Klägerin mehrere Unfallversionen geschildert hat. Mit der Klage gab sie an, dass ihr Fahrzeug am Straßenrand geparkt habe und der Beklagte zu 1) beim Rückwärtsfahren den Schaden verursacht habe. Danach trug sie vor, dass ihr Fahrzeug nicht am Straßenrand, sondern auf einem Parkplatz gestanden habe und der Beklagte den Parkplatz verlassen wollte, aufgrund von Verkehr auf der Altendorfer Straße jedoch zurücksetzen musste und dabei die Beschädigungen an der Seite des klägerisch beteiligten Fahrzeugs verursachte. Zuletzt behauptete die Klägerin, dass der Beklagte aufgrund von Verkehr auf dem Fahrradweg habe zurücksetzen müssen. Die Schilderungen des Unfalls sind unglaubhaft. Zunächst ist nicht nachvollziehbar, wieso die Klägerin den Standort ihres Fahrzeuges nicht richtig angeben konnte. Insbesondere da dieses durch den Lebensgefährten und mittlerweile Verlobten der Klägerin, den Zeugen … abgestellt wurde. Auch die Schilderung, wonach der Beklagte zu 1) aufgrund des Fahrradweges zurücksetzen musste ist nicht nachvollziehbar. Da, wie bereits oben ausgeführt, auf den Lichtbildern der Unfallstelle zum Unfallzeitpunkt an der Einfahrt zu dem Parkplatz ein Fahrradweg nicht erkennbar ist.
- Ferner wurde bei der Gesamtwürdigung berücksichtigt, dass das Unfallgeschehen zu einem manipulierten Unfall passt. Es bestand ein geringes Verletzungsrisiko (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 29.03.2000, 13 U 99/99). Es handelt sich um einen Unfall mit einem parkenden Fahrzeug. Auch fuhr das Fahrzeug der Beklagtenseite mit geringer Geschwindigkeit.
- Bei der Überzeugungsbildung der Kammer wurde zudem berücksichtigt, dass die Beweissituation für einen gestellten Unfall typisch ist (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 19.12.2011, 4 U 2659/10). Es gibt für den Unfall selbst keine Zeugen. Die Polizei wurde auch nicht hinzugerufen.
- Weiter hat bei der Gesamtschau der Indizien eine Rolle gespielt, dass der Beklagte zu 1) mit der Klägerin bekannt ist, wie er es in seiner persönlichen Anhörung angegeben hat. Dies wird dadurch verstärkt, dass die Vorhalterin des Fahrzeuges die Schwägerin des Beklagten zu 1) ist.