Ist schon ein wenig kurios. Da parkt ein Kraftfahrer seinen „normalen“ Pkw (also einen mit Verbrennungsmotor“) an einer Stelle mit der Beschilderung in Gestalt einer blauen Tafel mit weißem „P“ sowie weißer Zusatztafel mit schwarzer Aufschrift „Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs“. Dafür kassiert er ein Knöllchen wegen Verstoßes gegen . §§ 12 Abs. 3 Nr. 2, 49 Abs. 1 Nr. 12 StVO, 24 StVG. Sein Einspruch hat beim AG Essen Erfolg. Dann aber auch die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft beim OLG Hamm, das den Freispruch aufhebt und den betroffenen Kraftfahrer verurteilt. Der OLG Hamm, Beschluss vom 27.05.2014 – 5 RBs 13/14, hat dazu folgende Leitsätze:
- Der Beschilderung in Gestalt einer blauen Tafel mit weißem „P“ sowie weißer Zusatztafel mit schwarzer Aufschrift „Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs“ ist die Bedeutung eines Parkverbotes für andere Fahrzeuge beizumessen.
- Der Erlass eines solchen Verbotes ist ein Verwaltungsakt in Form der Allgemeinverfügung. Aufgrund der sog. Tatbestandswirkung von Verwaltungsakten ist es dem (Verkehrsstraf-)gericht versagt, das Verbot in vollem Umfang auf seine materielle Rechtmäßigkeit zu überprüfen.
- Danach dürfen Rechtswirkungen eines Verwaltungsaktes von einem Gericht, das zu seiner Überprüfung nicht berufen ist, nur dann unbeachtet gelassen werden, wenn er nichtig und damit unwirksam ist (§ 43 Abs. 3, 44 VwVfG NW). Insbesondere ein sog. gesetzloser Verwaltungsakt ist nicht bereits deshalb nichtig, weil er einer gesetzlichen Grundlage entbehrt.
Warum kurios? Nun, das OLG sagt: Keine Rechtsgrundlage, kommt aber dennoch sehr wortreich zur Wirksamkeit der Beschilderung. Vielleicht hätte man es sich einfacher machen können und mal in den OLG Köln, Beschl. v. 12.12.2013 – 1 RBs 349/13 – geschaut. Da hat das OLG Köln nämlich ausgeführt, dass sich die Rechtsgrundlage für das Zusatzzeichen „Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs“ aus § 39 Abs. 3 StVO i.V.m. Anl. 3 zur StVO Nr. 7 ergibt. Nach dessen Satz 2a kann die mit dem Schild 314 gewährte Parkerlaubnis u.a. insbesondere nach Fahrzeugarten beschränkt werden, was wohl auch die Beschränkung auf Elektrofahrzeuge ermöglicht.
Und: Wenn schon eine eigene Lösung, dann stellt sich aber doch die Frage, ob man nicht dem BGH hätte vorlegen müssen.
Eine Vorlagepflicht an den BGH bestand hier deshalb nicht, weil sich die abweichende Rechtsauffassung nicht auf das Ergebnis auswirkte. Ob ein Verkehrsstrafgericht das Schild für rechtmäßig oder für zwar rechtswidrig, aber jedenfalls nicht nichtig und daher für die Entscheidung über das Bußgeld bindend hält, führt beides zum gleichen Ergebnis, dass das Bußgeld zu verhängen ist. Für die Verkehrsbehörden ist die Argumentation des OLG Hamm natürlich unangenehm, zu klären wäre dies aber vor den Verwaltungsgerichten (wenn sich denn mal einer findet, der gegen einen solchen Elektroautoparkplatz klagt).
Die Überschrift „Parkverstoß ohne Beschilderung? Beim OLG Hamm geht das…“ verstehe wer will. Am Schild haperte es ja nun gerade nicht.
Und mangels tragender Erwägungen zur Ermächtigungsgrundlage für das Schild bestand nicht nur keine Vorlagepflicht, sondern nicht einmal eine Vorlagemöglichkeit.
Sachlich finde ich es bedenklich. Hiess es nicht einmal „Erlaubt ist /Alles/, was nicht ausdrücklich verboten ist.“?
Aber menschlich ist es Klasse, solchen rücksichtslosen Ignoranten einen Denkzettel zu verpassen. Jetzt muss man die Idee nur noch auf die Frauenparkplätze anwenden.