In einem umfangreich begründeten Beschluss, der zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen ist, hat der 1. Strafsenat des BGH zur „kinderpornografischen Schrift“ Stellung genommen. Der Angeklagte hatte in einer E-Mail an einen anderen beschrieben, wie er an dem entblößten Penis des dreijährigen Sohnes eines Freundes manipuliert habe, bis dieser erigiert sei, und wie zunächst er an dem Kind und sodann das Kind an ihm den Oralverkehr ausgeführt habe. Deswegen war er vom LG wegen Besitzverschaffens von kinderpornographischer Schriften verurteilt worden. Die Verurteilung hatte keinen Bestand: Dazu auszugsweise aus dem BGH, Beschl. v. 19.03.2013 – 1 StR 8/13:
Die Verurteilung des Angeklagten wegen Besitzverschaffens von kinderpornographischen Schriften im Fall II. 1 Buchst. b der Urteilsgründe hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zwar wird mit einer E-Mail, in der mit Worten von einem sexuellen Missbrauch von Kindern berichtet wird, dem Empfänger eine „kinderpornographische Schrift“ i.S.d. § 184b Abs. 2 StGB verschafft (nachfolgend 1.). Die vom Angeklagten übermittelten E-Mails geben jedoch trotz ihres kinderpornographischen Inhalts keine „tatsächlichen“ oder „wirklichkeitsnahen“ Geschehnisse im Sinne dieser Vorschrift wieder und erfüllen den Tatbestand des § 184b Abs. 2 StGB daher nicht (nachfolgend 2.).“
Und zu 1):
„Für die Besitzverschaffung genügt bei der Versendung von E-Mails in Datennetzen, dass die elektronischen Nachrichten – wenn auch nur vorübergehend – in den Arbeitsspeicher beim Empfänger gelangen (Laufhütte/ Roggenbuck in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 184b Rn. 8 mwN; vgl. zur Verbreitung i.S.d. § 184 Abs. 5 aF bereits BGH, Urteil vom 27. Juni 2001 – 1 StR 66/01, BGHSt 47, 55; entsprechend zum Cache-Speicher vgl. auch BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2006 – 1 StR 430/06, NStZ 2007, 95). Genau darauf richtet sich aber regelmäßig die Absicht des Versenders. Den in § 184b Abs. 2 StGB genannten Schriften stehen Datenspeicher gleich (§ 11 Abs. 3 StGB).
Entgegen der Auffassung der Revision steht es der Anwendung des § 184b Abs. 2 StGB nicht entgegen, wenn E-Mails – wie hier – jeweils nur an einen einzelnen Empfänger gerichtet sind….“
Und zu 2):
2. Innerhalb des § 184b StGB beschränken jedoch § 184b Abs. 2 und 4 StGB den strafbaren Besitz und die Besitzverschaffung kinderpornographischer Schriften auf solche Schriften, die ein „tatsächliches“ oder „wirklichkeitsnahes“ Geschehen wiedergeben. Dadurch soll die Erfassung erkennbar künstlicher Produkte ausgeschlossen werden (vgl. Lenckner/Perron/Eisele in Schönke/ Schröder, StGB, 27. Aufl., § 184b Rn. 11; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 184b Rn. 13). Ein solches „tatsächliches“ oder „wirklichkeitsnahes“ Geschehen enthalten die E-Mails des Angeklagten, die lediglich in Worten von tatsächlich vor-genommenen Missbrauchshandlungen berichten, nicht.
a) Allerdings ist im Schrifttum umstritten, ob auch Darstellungen mit Worten die Wiedergabe „tatsächlicher“ oder „wirklichkeitsnaher“ Geschehnisse i.S.d. § 184b Abs. 2 StGB beinhalten können.
Zum Teil wird dies für Texte bejaht, bei denen es sich nicht um erkenn-bare „Fiktivpornographie“ wie bei Romanen oder Gedichten, sondern um Schriftstücke oder Darstellungen mit wirklichkeitsgetreuer Beschreibung eines realen Geschehens handelt (vgl. Lenckner/Perron/Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 184b Rn. 11). Überwiegend wird in der Literatur jedoch die Auffassung vertreten, die Strafnorm des § 184b Abs. 2 StGB erfasse verbale Darstellungen selbst dann nicht, wenn sie sich auf ein tatsächliches Geschehen beziehen oder einem solchen nachempfunden sind (vgl. Laufhütte/Roggenbuck in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 184b Rn. 11; Lackner/Kühl, StGB, 26. Aufl., § 184b Rn. 6; Ziegler in Beck-OK-StGB, § 184b Rn. 6; Fischer aaO Rn. 13). Anders sei dies nur dann, wenn die geschehenen sexuellen Handlungen in der „Nacherzählung“ auch fotografisch abgebildet würden (Hörn-le in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 184b Rn. 26).
b) Die Auslegung des § 184b Abs. 2 StGB ergibt, dass die Beschreibung von Missbrauchshandlungen an Kindern in Worten nicht als Wiedergabe eines „tatsächlichen“ oder „wirklichkeitsnahen“ Geschehens anzusehen ist……“
M.E. lesenswert
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