Das OLG Naumburg, Beschl. v.19.09.2011 – 2 Ws 254/11 befasst sich mit einer die Praxis immer wieder beschäftigenden Frage, nämlich der Wirksamkeit des unverteidigten Angeklagten in den Fällen der notwendigen Verteidigung. Das OLG sieht diesen Verzicht als unwirksam an und erteilt damit den Stimmen in der Rechtsprechung eine Absage, die für die Annahme von Unwirksamkeit noch weitere Umstände erfordern. Dabei gibt er sogar frühere entgegenstehende Rechtsprechung des OLG Naumburg auf, wenn es heißt.
„Zwar kann ein Rechtsmittelverzicht als Prozesshandlung grundsätzlich nicht widerrufen, angefochten oder sonst zurückgenommen werden. Indes ist die Verzichtserklärung unwirksam, wenn im Falle notwendiger Verteidigung kein Verteidiger mitgewirkt hat, weil sich der Angeklagte nicht mit einem Verteidiger beraten konnte, der ihn vor übereilten Erklärungen hätte abhalten können (Meyer-Goßner, a.a.O., § 302 Rn. 25a m.w.N. zur Rspr.). Der hiervon abweichenden Ansicht, in solchen Fällen setze die Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts zusätzlich besondere Umstände voraus, aufgrund derer Bedenken bestehen, dass der Angeklagte sich der Bedeutung und der Tragweite seiner Erklärung bewusst gewesen ist (OLG Hamburg, NStZ 1997, 53, 54; OLG Brandenburg, StraFo 2001, 136), ist entgegenzuhalten, dass § 140 Abs. 2 StPO nicht nur vor, sondern auch nach der Urteilsverkündung Bedeutung hat (KG, NStZ-RR 2007, 209; OLG Hamm, StV 2010, 67; Meyer-Goßner a.a.O.). Der in einer früheren Entscheidung vertretenen Ansicht des 1. Senats des Oberlandesgerichts Naumburg (NJW 2001, 2190) folgt der Senat aus dem genannten Grund nicht.“
Dass die Voraussetzungen für die Annahme notwendiger Verteidiger vorlagen – Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung – lag m.E. auf der Hand. Das ist ja nun schon was. Von daher verstehe ich das AG nicht, warum man den Rechtsmittelverzicht in einer solchen Situation überhaupt entgegen nimmt. Wenn schon kein Verteidiger, dann aber zumindest Abwarten und dem Angeklagten die Gelegenheit geben, sich seine Entscheidung zu überlegen.
Als „neuer“ Verteidiger muss man solche Entscheidungen auf dem berühmten „Schirm haben“. Der unwirksame Verzicht hat nämlich zur Folge, dass die Revision durchgeführt werden kann und auch wohl erfolgreich sein wird.
OLG Naumburg – hatte nie damit zu tun.
Aber einer meiner Lieblingsschriftsteller, Herbert Rosendorfer (jetzt Renter in Südtirol) und Vater eines Schulkindes, hat dort in den neunziger Jahren gearbeitet.
Die Blog-Leser wissen: Ballmanns Leiden u.ä.