Im letzten „Kessel Buntes“ des (noch) laufenden Jahres gibt es dann noch einmal (Verkehrs)Verwaltungsrecht.
Ich beginne mit zwei Entscheidungen des OVG Münster, und zwar mit dem OVG Münster, Beschl. v. 05.12.2024 – 16 B 175/23 – und dem OVG Münster, Beschl. v. 05.12.2024 – 16 B 1300/23. Beiden Entscheidungen liegen Entscheidungen von Fahrerlaubnisbehörden zugrunde, mit denen zwei Männern nach einer Drogenfahrt mit einem Fahrrad bzw. einem E-Scooter das Fahren nach § 3 FEV untersagt worden war. Das OVG sagt in beiden Fällen: Geht nicht. Hier die Begründung aus OVG Münster, Beschl. v. 05.12.2024 – 16 B 175/23:
„Vorliegend ist bei summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die Klage des Antragstellers gegen die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge (auch von Fahrrädern) Erfolg haben wird, weil die angefochtene Verfügung der Antragsgegnerin vom 17. Oktober 2022 rechtswidrig ist.
Der Senat geht davon aus, dass diese Untersagung ihre Rechtsgrundlage nicht in § 3 FeV findet, weil diese Vorschrift nicht hinreichend bestimmt und verhältnismäßig ist. Er schließt sich damit der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz an.
Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 17. April 2023 – 11 BV 22.1234 -, juris, Rn. 30 ff.; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 20. März 2024 – 10 A 10971/23.OVG -, juris, Rn. 27 ff.; ebenso: VG Schwerin, Beschluss vom 27. Juli 2023 – 6 B 1855/22 SN -, juris, Rn. 22 ff.; Begemann, in: Freymann/Wellner, jurisPK- Straßenverkehrsrecht, Stand: 27. September 2024, § 3 FeV Rn. 21.1; Müller/Rebler, Keine Rechtsgrundlage für die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge?!, DAR 2023, 437 (440); a. A.: Nds. OVG, Beschluss vom 23. August 2023 – 12 ME 93/23 -, juris, Rn. 8 ff. (jedenfalls für die Fälle einer Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad mit mehr als 1,6 ‰ BAK); VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 23. September 2021 – 7 L 901/21 -, juris, Rn. 55 ff., und vom 16. November 2023 – 7 L 1617/23 -, juris, Rn. 54 ff.; VG Köln, Urteil vom 24. Juli 2024 – 23 K 6615/23 -, juris, Rn. 66 ff.; offenlassend: BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2020 – 3 C 5.20 -, juris, Rn. 38.
Angesichts der grundrechtsrelevanten Bedeutung der Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge für die Fortbewegungsmöglichkeiten der Betroffenen,
vgl. Bay. VGH, Urteil vom 17. April 2023 – 11 BV 22.1234 -, juris, Rn. 32; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 20. März 2024 – 10 A 10971/23.OVG -, juris, Rn. 33 ff.,
teilt der Senat die Auffassung, dass unter Berücksichtigung des im Vergleich zu Kraftfahrzeugen in der Regel geringeren Gefährdungspotentials insbesondere nicht hinreichend klar geregelt ist, in welchen Fällen von einer Ungeeignetheit bzw. von bedingter Eignung von Führern fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge bzw. Eignungszweifeln auszugehen ist. Insofern ist es auch nicht ausreichend, dass nach § 3 Abs. 2 FeV die Vorschriften der §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung finden. Selbst wenn diese Vorschriften nur dann entsprechend anzuwenden sind, wenn sie ihrem Inhalt nach nicht das Führen fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge voraussetzen, fehlt es doch überwiegend an Anhaltspunkten dafür, wann die Schwelle zur Annahme von Eignungszweifeln bzw. fehlender oder bedingter Eignung bezüglich des Führens weniger gefahrenträchtiger Fahrzeuge überschritten ist.
Vgl. dazu ausführlich Bay. VGH, Urteil vom 17. April 2023 – 11 BV 22.1234 -, juris, Rn. 33 ff.; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 20. März 2024 – 10 A 10971/23.OVG -, juris, Rn. 76 ff.
Sonstige Ermächtigungsgrundlagen für die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge sind nicht ersichtlich.
Erweist sich die mit Bescheid der Antragsgegnerin erfolgte Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge daher als rechtswidrig, gilt dies auch für die in diesem Bescheid erlassene Aufforderung zur Abgabe der Mofa-Prüfbescheinigung. Insoweit ist ebenfalls die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.“