Heute morgen hatte ich den OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.09.2024 – Ws 649/24 – zum Ausdruck eines digitalen Datenträgers vorgestellt. Das OLG hatte den Anfall der Dokumentenpauschale Nr. 7000 VV RVG verneint. Hier habe ich nun den LG Köln, Beschl. v. 24.10.2024 – 104 Ks 76/23 -, derden Anfall der Dokumentenpauschale in Sonderfällen bejaht, und zwar:
„Der Rechtsanwältin steht nach RVG-VV-7000 die abgesetzte Dokumentenpauschale für Ausdrucke aus der elektronischen Gerichtsakte von 410,45 Euro zu, nämlich im Ermittlungsverfahren 50 Ausdrucke zu je 0,50 Euro und 926 Ausdrucke zu je 0,15 Euro sowie im Hauptverfahren 50 Ausdrucke zu je 0,50 Euro, 1.317 Ausdrucke zu je 0,15 Euro und 24 Farbausdrucke zu je 1,00 Euro. Hinzu kommt nach RVG-VV-7008 die anteilige Umsatzsteuer von 77,99 Euro. Daraus ergibt sich der erstattungsfähige Gesamtbetrag von 488,44 Euro.
Nach RVG-VV-7000 1a) fällt die Pauschale für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten für Kopien und Ausdrucke aus Behörden- und Gerichtsakten nur an, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war. Dabei ist grundsätzlich ein objektiver Maßstab anzulegen (vgl. Schneider/Volpert/Fölsch/Stollenwerk, Gesamtes Kostenrecht, 3. Auflage, RVG VV 7000, Rn. 10). Wird der Rechtsanwältin – wie hier – die komplette Verfahrensakte in digitalisierter Form zum weiteren Verbleib überlassen, sind Kosten für Ausdrucke daraus nach RVG-VV-7000 1a) vom Grundsatz her keine erforderlichen Auslagen im Sinne von §?46 Abs.?1 RVG (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.04.2018, 2 Ws 1/18, JurBüro 2018, 352). Von diesem Grundsatz sind jedoch Ausnahmen möglich, deren Voraussetzungen in der Kommentarliteratur umstritten sind (vgl. Schneider/Volpert/Fölsch/Stollenwerk, Gesamtes Kostenrecht, 3. Auflage, RVG VV 7000, Rn. 10; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 26. Aufl., RVG VV 7000, Rn. 62; Toussaint/Schmitt/Lang-Lendorff, 54. Aufl., RVG VV 7000 Rn. 10; Ahlmann/Kapischke/Pankatz/Rech/Schneider/Schütz/Ahlmann, 11. Aufl., RVG VV 7000, Rn. 8; HK-RVG/Ludwig Kroiß, 8. Aufl., RVG VV 7000 Rn. 5; jeweils m.w.N.).
Auf die Einzelheiten dieses Meinungsstreits kommt es jedoch nicht an, weil der vorliegende Fall exemplarisch dafür ist, dass Ausdrucke aus der elektronischen Gerichtsakte zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten waren: Die Akte bestand aus über 2.000 Blatt Hauptakten nebst Beweismittelheften und ganz überwiegend aus Vernehmungen von Zeugen und Beschuldigten; allein der Nebenkläger ist vor der Hauptverhandlung mehr als fünfmal, teilweise sehr umfangreich, vernommen worden; die Akte war äußerst unübersichtlich strukturiert; die erinnerungsführende Rechtsanwältin hat seit dem Ermittlungsverfahren wiederholt aktenkundige Aussagen von Zeugen und Beschuldigten synoptisch nebeneinander gestellt. Dazu war es erforderlich, Ausdrucke der zahlreichen aktenkundigen Aussagen von Zeugen und Beschuldigten ausgedruckt nebeneinanderzulegen und abzugleichen. Außerdem war es angesichts der Vielzahl wiederholter Vernehmungen für die Hauptverhandlung erforderlich, jeweils Ausdrucke aller aktenkundigen Aussagen eines Zeugen zu verwenden. Aus diesen Gründen des Einzelfalls war ausnahmsweise ein vollständiger Ausdruck der elektronischen Gerichtsakte zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache im Sinne von RVG-VV-7000 1a) geboten.
Ob die Ausdrucke aus der elektronischen Gerichtsakte daneben auch zur Unterrichtung des Auftraggebers notwendig waren (RVG-VV-7000 1c), kann dahinstehen.“