Und im Mittagsposting dann zwei Entscheidungen, und zwar einmal OLG und einmal LG.
Zunächst der Hinweis auf den OLG Hamburg, Beschl. v. 13.05.2024 – 1 Ws 32/24 – zu Verwertbarkeit einer EncroChat-Kommunikation nach Inkraftreten des KCanG. Die hatten das KG im KG, Beschl. v. 30.04.2024 – 5 Ws 67/24 – und das LG Mannheim im LG Mannheim, Urt. v. 12.4.2024 – 5 KLs 804 Js 28622/21 – ja verneint, das LG Köln hatte Sie hingegen im LG Köln, Beschl. v. 16.4.2024 – 323 Qs 32/24 – bejaht. Nun also das OLG Hamburg mit folgenden amtlichen Leitsätzen:
- Die Rechtmäßigkeit einer Verwertung von EncroChat-Daten vor dem 1. April 2024 wird durch die Neuregelungen des KCanG nicht berührt.
- Nach Ansicht des Senats sprechen gute Gründe dafür, dass – es für die Verwertbarkeit nach § 100e Abs. 6 Nr. 1 StPO sowohl in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht auf den Zeitpunkt ankommt, in dem die betroffenen Beweismittel Eingang in das Strafverfahren gefunden haben und dementsprechend- eine Verwertung von EncroChat-Daten, die vor dem 1. April 2024 rechtmäßig in entsprechender Anwendung des § 100e Abs. 6 StPO Eingang in ein Strafverfahren gefunden haben, auch dann zulässig bleibt, wenn nunmehr aufgrund des seit dem 1. April 2024 in Kraft befindlichen Gesetzes zum Umgang mit Konsumcannabis (KCanG) aufgrund des Fehlens einer Katalogtat die Voraussetzungen des § 100e Abs. 6 StPO nicht mehr vorliegen.
Dazu meinte der Kollege Welke, der mich (auch) auf den Beschluss hingewiesen hatte, nicht zu Unrecht: Das meint es anders zu sehen als das KG und LG Mannheim. Wenn man aber genau hinschaut, stimmt das nicht. Denn: nach der Rechtsprechung des BGh zu EncroChat kommt es als Zeitpunkt der Verwertung der Daten auf die Entscheidung des Gerichts an. Deswegen kam ja auch das LG Mannheim zur Uverwertbarkeit, da es ja am 12.04.2024 und damit nach der seit 01.04.2024 bestehenden Rechtslage zu prüfen hatte. Hier im OLG-Beschluss geht es nun aber um ein Urteil, dass am 20.02.2023 durch das LG verkündet wurde. Zu dem Zeitpunkt waren die Daten, wenn man sie denn überhaupt als verwertbar ansieht, noch verwertbar. Die Gerichte werden sich über entsprechende Diskussionen freuen.
In dem Zusammenhang dann der Hinweis auf einen Beitrag von LTO zum „Bundes-Marco“, unserem allseits beliebten BMJ, und zwar „Gesetzeslücke bei illegaler Einfuhr großer Mengen Cannabis? Marco Buschmann setzt auf die Rechtsprechung“.
Und als zweite Entscheidung dann der LG Mannheim, Beschl. v. 10.05.2024 – R 18 StVK 285/22 -, den mir der Kollege Welke geschickt hat. Dessen Mandat war mit Verstößen gegen das BtMG im Zusammenhang mit Cannabis, welche nach dem KCanG auch heute noch strafbar wären, und deswegen verurteilt worden. Nach Teilverbüßung ist die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt worden. Im Bewährungsbeschluss hieß es u.a.: „Der Verurteilte hat sich jeglicher illegaler Drogen zu enthalten. Während der gesamten Bewährungszeit hat sich der Verurteilte nach näherer Weisung seines Bewährungshelfers zum Nachweis seiner Suchtmittelfreiheit regelmäßig, mindestens jedoch einmal im Quartal, Drogenscreenings zu unterziehen. …..“
Der Kollege hat dann nach dem 01.04.2024 beantragt, gemäß § 58e StGB dieaw Weisung aus dem Beschluss aufzuheben bzw. dahingehend abzuändern, dass keine Drogenscreenings mehr abgegeben werden müssen. Dazu dann das LG Mannheim, das die Weisung aufgehoben hat und wie folgt neu gefasst hat: „Der Verurteilte hat sich jeglicher illegaler Drogen bzw. des nach KCanG verbotenen Umgangs mit Cannabis zu enthalten„:
„Dem Antrag konnte dabei im erfolgten Umfang entsprochen werden, zumal auch die Bewährungshelferin keine Hinweise sieht, die dafür sprechen könnten, die Kontrollweisung aufrechtzuerhalten. Die Weisung, sich jeglicher illegaler Drogen zu enthalten, hat auch nach Ein-führung des KCanG weiterhin Berechtigung, und zwar auch im Umgang mit Cannabis, der, soweit hier von Relevanz, nur innerhalb der Grenzen des § 2 Abs. 3 KCanG vom generell verbotenen Umgang ausgenommen ist bzw. im Rahmen des § 34 KCanG unter Strafe gestellt ist.“