StPO III: Funkzellenabfrage ohne Katalogstraftat, oder: (Neues) Beweisverwertungsverbot

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Und dann noch der BGH, Beschl. v. 10.01.2024 – 2 StR 171/23 – zum Beweisverwertungsverbot nach einer Funkzellenabfrage ohne Katalogstraftat, der für BGHSt bestimmt ist

Folgender Sachverhalt: Das LG hat den Angeklagten wegen Diebstahls mit Waffen in drei Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, und Diebstahls in zwei Fällen verurteilt und im Übrigen freigesprochen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision, die hinsichtlich eines Falls der Verurteilung mit der Verfahrensrüge Erfolg hatte.

Mit seiner Verfahrensrüge hatte der Angeklagte beanstandet, das LG habe bei seiner Beweiswürdigung in einem Verurteilungsfalls der Urteilsgründe retrograde Standortdaten aus einer Funkzellenabfrage rechtsfehlerhaft verwertet. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde: Auf der Grundlage eines mit „wegen besonders schweren Fall des Diebstahls […] gemäß §§ 242 , 243 StGB “ eingeleiteten Ermittlungsberichts der Polizei vom 12.02.2020 beantragte die Staatsanwaltschaft den Erlass eines „Funkzellenbeschlusses“ beim AG -Ermittlungsrichter. Der Ermittlungsrichter erließ den Beschluss zur Erhebung der nach § 96 TKG in der Fassung vom 03.05.2012 (im Folgenden: § 96 TKG a.F.) erhobenen und gespeicherten Verkehrsdaten, bei mobilen Anschlüssen unter anderem auch der Standortdaten, betreffend die Tatortfunkzelle am Folgetag wegen des Verdachts einer Straftat nach §§ 242, 243 StGB. Der Erhebungszeitraum lief vom 09.02.2020, 22.30 Uhr, bis zum 10.02.2020, 11.58 Uhr. Nach Umsetzung des Beschlusses am 17.02.2020 wurde der Angeklagte auf Basis der erhobenen Verkehrsdaten als möglicher Täter ermittelt. Das LG hat die Inhalte der Funkzellenauswertung im Selbstleseverfahren und durch Vernehmung eines Polizeibeamten entgegen dem jeweiligen Widerspruch der Verteidigung in die Hauptverhandlung eingeführt. Seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten hat es auch auf die Verwertung der aus der Funkzellenabfrage gewonnenen Erkenntnisse gestützt.

    1. Die Anordnung einer Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 Satz 1 StPO setzt den Verdacht einer besonders schweren Straftat nach § 100g Abs. 2 StPO voraus. Die in § 100g Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StPO enthaltene Verweisung auf § 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO ist so auszulegen, dass diese zugleich die Anordnungsvoraussetzungen des § 100g Abs. 1 Satz 3 StPO erfasst.
    2. Fehlt es bei einer Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 Satz 1 StPO an dem Verdacht einer Katalogtat nach § 100g Abs. 2 StPO, hat dies ein Beweisverwertungsverbot zur Folge.“

Achtung: Widerspruch nicht vergessen!

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