Die zweite Entscheidung, die ich vorstelle, behandelt eine Frage in Zusammenhang mit dem Vergewaltigungstatbestand (§ 177 StGB). Ich hatte die Entscheidung, den KG, Beschl. v. 27.12.2023 – 4 ORs 72/23 – 161 Ss 133/23 -, schon einmal vorgestellt, und zwar wegen der Ausführungen des KG zur Einheitsjugendstrafe (vgl. Strafe II: Zwei Entscheidungen aus dem Jugendrecht, oder: Schwere der Schuld und Einheitsjugendstrafe).
Heute kommt der Beschluss also noch einmal, und zwar wegen der Ausführungen des KG zum materiellen Recht, nämlich zur Frage des Vorliegens einer Vergewaltigung. Konkret geht es darum, ob auch ein Oralverkehr des Opfers an dem Täter unter § 177 Abs. 1 Var. 2 StGB fallen kann. Das KG hat die Frage bejaht und sich eingehend mit der Porblematik auseinandergesetzt. Die Verteidigung war insoweit der Auffassung gewesen, ein Oralverkehr des Opfers an dem Täter könne nicht unter § 177 Abs. 1 Var. 2 StGB fallen, da der Oralverkehr dessen aktives Handeln erfordere und damit stets dem natürlichen Willen des Opfers entspreche,
Dem hat sich das KG nicht angeschlossen. Ich stelle hier nur den Leitsatz des KG ein/vor. Den Rest bitte im verlinkten Volltext selbst lesen:
Auch ein Oralverkehr des Opfers an dem Täter kann unter § 177 Abs. 1 Var. 2 StGB fallen. Es genügt für die Verwirklichung des § 177 Abs. 1 Var. 2 StGB, dass eine vor der Tathandlung zum Ausdruck gebrachte Ablehnung des Opfers so nachhaltig ist, dass sie die Kraft hat, den durch die Vornahme der sexuellen Handlung entstehenden Eindruck der „Freiwilligkeit“ zu überwinden. Die Beweiswürdigung hat sich in diesen Fällen besonders sorgfältig mit dem gewichtigen Umstand auseinanderzusetzen.