Nach dem „Reparaturpost“ von heute Morgen – siehe Rückwirkende Aufhebung der “Pflichtibestellung”, oder: OLG Nürnberg sagt dem LG Amberg, wie es geht – hier jetzt der Bestätigungspost.
Ergangen ist die „Bestätigungsentscheidung“ in dem Verfahren, in dem das AG Speyer mit dem AG Speyer, Beschl. v. 27.3.2023 – 1 Ls 5121 Js 25842/19 – und dem AG Speyer, Beschl. v. 5.4.2023 – 1 Ls 5121 Js 25842/19 – zu den Gebühren des Pflichtverteidigers entschieden hatte. Ich erinnere an den Sachverhalt:
Dem Beschuldigten ist der Vorwurf der Vergewaltigung gemacht worden. Ihm wurde mit Beschluss des AG vom 16.12.2020 der Kollege Flory für die Dauer der Vernehmung einer Zeugin im Rahmen des Ermittlungsverfahrens beigeordnet. Nach Abrechnung der insoweit entstandenen gesetzlichen Gebühren ist der Kollege dann auf Antrag der Staatsanwaltschaft mit Beschluss vom 21.o4.2021 als Pflichtverteidiger beigeordnet worden. Dafür sind dann seine weiteren Gebühren und Auslagen wie folgt vom AG festgesetzt worden: Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG, Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG, Verfahrensgebühr Nr. 4106 VV RVG, zweimal Terminsgebühr Nr. 4108 VV RVG mit einem Zuschlag Nr. 4110 VV RVG und Auslagen. Die dagegen eingelegte Erinnerung der Vertreterin der Staatskasse hatte keinen Erfolg (das sind die o.a. AG Speyer Beschlüsse). Gegen den Beschluss des AG hat die Staatskasse natürlich Beschwerde eingelegt. Diese hat das LG Frankenthal mit dem LG Frankenthal, Beschl. v. 05.07.2023 – 2 Qs 144/23 – zurückgewiesen:
„Die Kammer teilt die Auffassung des Erstgerichts und tritt den Gründen der angefochtenen Entscheidung, die ihrerseits auf den Beschluss des Amtsgerichts Speyer vom 27.03.2023 Bezug genommen hat, vollumfänglich bei.
Ergänzend bemerkt die Kammer: Soweit die Bezirksrevisorin in ihrer Stellungnahme vom 20.01.2023 (BI. 422 ff. d.A.) auf die Entscheidung des Landgerichts Mannheim vom 21.01.2019 (BI. 426 ff. d.A.) rekurriert, ist die Kammer der Auffassung, dass die der Entscheidung zugrunde-liegende Konstellation mit der hiesigen nicht vergleichbar ist, da vorliegend der Geltendmachung der Gebühren eine (erste) Beiordnung nach § 140 Abs. 1 Nr. 10 StPO am 16.12.2020 und eine mehrere Monate später (am 21.04.2021) erfolgte vollumfängliche Beiordnung zugrunde liegt.
Sofern der Rechtsanwalt nach § 140 Abs. 1 Nr. 10 StPO zum Pflichtverteidiger bestellt wurde, handelt es sich jedoch nicht um eine Einzeltätigkeit, sondern um Tätigkeiten im Sinne von VV Teil 4 Abschnitt 1 RVG mit der Folge, dass der Rechtsanwalt dann ggf. Grund-, Verfahrens- und Terminsgebühr verdient (vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, 25. Aufl. 2021, RVG VV 4301 Rn. 15).
Aus diesem Grund scheidet jedoch nach Auffassung der Kammer eine „Deckelung“ der Gebühren nach § 15 Abs. 6 RVG mangels Vorliegen von Einzelhandlungen im Sinne der vorgenannten Vorschrift vorliegend aus.
Wie bereits im Beschluss des Amtsgerichts Speyer vom 27.03.2023 ausgeführt, kommt nach Auffassung der Kammer – entgegen den Ausführungen der Bezirksrevisorin in ihrer Stellungnahme vom 23.06.2023 (BI. 442 ff. d.A.) – auch eine Anrechnung nicht in Betracht, da es sich bei der nachfolgenden Beiordnung vom 21.04.2021 nicht um dieselbe Angelegenheit handelt.
Aufgrund des Umstandes, dass diese Rechtsfrage nach Auffassung der Kammer grundsätzliche Bedeutung hat, ist die weitere Beschwerde zugelassen worden.“
Man darf gespannt sein, ob die Staatskasse in die weitere Beschwerde geht. Im Zweifel ja, denn einen solchen Beschluss wird man „nicht hinnehmen“.