Und heute dann ein Tag mit „diversen“ 🙂 Entscheidungen. „Divers“ deshlab, weil es quer durch den Garten geht.
Ich beginne mit dem BVerwG, Urt. v. 02.02.2023 – 3 C 14.21 -, von dem dann jetzt der Volltext zur Verfügung steht. Das urteil betrifft eine Fahrtbuchanordnung hat aber Berühungspunkte zum straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren unter dem Stichwort: Zugang zu Rohmessdaten.
Folgender Sachverhalt: Dem Kläger wurde mit Bescheid vom 11.10.2019 eine Fahrtenbuchauflage (§ 31a StVZO) erteilt. Zugrunde lag eine gemessene Geschwindigkeitsüberschreitung um 41 km/h bei erlaubten 80 km/h auf einer Bundesautobahn. Die Messung erfolgte mit dem Gerät Vitronic PoliScan FM 1.
Der Kläger legte Widerspruch ein und bezog sich zur Begründung auf das Urt. des VerfGH des Saarlandes v. 5.7.2019 – LV 7/17. Die Verwertung der Messdaten sei unzulässig, da die zur Überprüfung der Messung notwendigen Rohmessdaten nicht gespeichert worden seien.
Nach erfolglosem Widerspruch nebst Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wurde Klage erhoben. Das VG hat die Klage abgewiesen, da „als gesichert davon ausgegangen werden“ könne, dass das verwendete Messgerät die Rohmessdaten zuverlässig speichere und eine nachträgliche Überprüfung ermögliche. Der Kläger habe die Daten im Verwaltungsverfahren nicht angefordert; das gehe zu seinen Lasten. Auch verpflichte der Amtsermittlungsgrundsatz die Behörde nicht, das Ergebnis der Geschwindigkeitsmessung „ins Blaue hinein“ zu hinterfragen. Ermittlungen seien erst geboten, wenn der Fahrzeughalter Unstimmigkeiten der Messung aufzeige oder sie sich der Behörde aufdrängen müssten. Dazu müsse er substanziierte Angaben machen. Das sei hier mit dem pauschalen Verweis auf die Rspr. des VerfGH nicht geschehen.
Auch vor dem OVG hatte der Kläger keinen Erfolg. Die Behauptung des Klägers, das Messgerät habe die zur Überprüfung notwendigen Rohmessdaten nicht gespeichert, treffe nicht zu; das habe die Sachaufklärung im Berufungsverfahren ergeben. Der Kläger habe den Datenzugang erst beantragt, als die ihm gegenüber ergangene Anordnung bereits in der Hauptsache erledigt gewesen sei.
Die Revision gegen das Urteil des OVG hat das BVerwG zurückgewiesen. Hier die Leitsätze des BVerwG, die m.E., da die Thematik ziemlich „ausgekaut“ ist, reichen:
- Wird eine Fahrtenbuchanordnung auf die mit einem standardisierten Messverfahren ermittelte Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gestützt, muss das Ergebnis der Geschwindigkeitsmessung von Amts wegen nur überprüft werden, wenn der Adressat der Anordnung plausible Anhaltspunkte für einen Messfehler vorträgt oder sich solche Anhaltspunkte sonst ergeben.
- Wendet sich der Adressat einer Fahrtenbuchanordnung gegen die Verwertbarkeit der Geschwindigkeitsmessung mit einem standardisierten Messverfahren, kann er sich nicht mit Erfolg auf die Verweigerung des Zugangs zu bei der Bußgeldstelle gespeicherten Daten berufen, wenn er nicht seinerseits alles ihm Zumutbare unternommen hat, um den gewünschten Zugang von der Bußgeldstelle zu erhalten.