Das BayObLG hat im BayObLG, Beschl. v. 21.11.2022 – 202 OBOWi 1291/22 – zu den Anforderungen an die tatsächlichen Feststellungen bei einem freisprechenden Urteil Stellung genommen.
Das AG hat den Betroffenen aus tatsächlichen Gründen vom Vorwurf, am 29.04.2020 auf der A-Straße in B. mit einem Kraftfahrzeug fahrlässig die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerorts um 34 km/h überschritten zu haben, freigesprochen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Staatsanwaltschaft mit der Rechtsbeschwerde und begründet diese mit der Sachrüge sowie mit der Verfahrensrüge der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht.
Nach den Feststellungen des AG erfolgte die Geschwindigkeitsmessung mit einem geeichten Messgerät PoliScanSpeed, Softwareversion 3.2.4., welches zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Messung auf einem Stativ auf einer Rasenfläche neben der Fahr-bahn aufgestellt war. Das Amtsgericht sah es nach durchgeführter Beweisaufnahme als erwiesen an, dass das Messgerät entgegen den Vorgaben in Ziffer 7.1.1 der Bedienungsanleitung des Geräteherstellers nicht auf einem hinreichend festen Untergrund aufgestellt gewesen sei. So habe der als Zeuge vernommene Messbeamte zwar pauschal bestätigt, dass er die Messung entsprechend seiner Schulung und gemäß der Bedienungsanleitung durchgeführt habe, sich aber nicht mit Sicherheit daran erinnern können, dass er auf ausreichend festen Unter-grund bei der Aufstellung des Messgeräts im Stativbetrieb geachtet habe. Zudem habe der hinzugezogene Sachverständige für Geräte zur Verkehrsüberwachung feststellen können, dass sich während der Messung der horizontale Schwenkwinkel des Messgerätes verändert habe, und daraus den Schluss gezogen, dass das Messgerät nicht auf einem hinreichend festen Untergrund aufgestellt worden sei und damit ein Verstoß gegen die Bedienungsanleitung vorliege. Das AG ging deshalb nicht vom Vorliegen einer Messung im sog. standardisierten Messverfahren aus. Die damit erforderliche nachträgliche individuelle Überprüfung auf Messfehler sei dem Sachverständigen aufgrund der ihm vorliegenden Anknüpfungstatsachen aber nicht möglich gewesen, da die hierzu von ihm benötigten Daten durch das Gerät nicht gespeichert werden. Daher sei der Betroffene freizusprechen.
Der Betroffene wird sich gefreut haben, aber zu früh. Das BayObLG hat aufgehoben und zurückverwiesen. Ihm reichen die Feststellungen des AG nicht.
Hier nur die Leitsätze zu der Entscheidung:
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- Wird bei der Durchführung einer amtlichen Geschwindigkeitsmessung von den Vorgaben der Bedienungsanleitung des Geräteherstellers abgewichen, gibt dies Anlass zu der Überprüfung, ob das erzielte Messergebnis den Vorgaben eines sog. standardisierten Messverfahrens entspricht.
- Abweichungen von Vorgaben der Bedienungsanleitung des Geräteherstellers vermögen das Vorliegen eines sog. standardisierten Messverfahrens jedenfalls dann nicht in Frage zu stellen, wenn die Möglichkeit einer fehlerhaften Messung ausgeschlossen ist.
Die Messsicherheit ist nur in den Fällen gegeben, in denen Ein Messgerät entsprechend den Vorgaben der Gebrauchsanweisung eingesetzt wird. aus welchem Grund sollte das standardisierte Messverfahren ansonsten die Einhaltung der Gebrauchsanweisung voraussetzen?
Ändert sich der Winkel des Messgeräts während eines Messvorganges, so Ist es selbst Prinzipiell ohne Weiteres vorstellbar, dass dies einen Einfluss auf das Ergebnis der Messung hat.
Die Messungen mit diesen Messgeräten sind aus sich heraus nicht nachvollziehbar, vor allem weil der Hersteller und die zulassende PTB die Messverfahren so intransparent wie möglich halten möchten.
Wie kommen denn Richter, die ausweislich ihrer Urteile bestenfalls über technische Minimalkenntnisse verfügen dazu anzunehmen, dass sich infolge eines solchen Effektes keine Fehlmessung ergeben kann?