Die dritte Entscheidung kommt dann vom OLG Oldenburg. Das hat im OLG Oldenburg, Beschl. v. 03.11.2022 – 1 Ss 215/22 – zur notwendigen Darstellung der getroffenen Feststellungen – auch im Falle des Geständnisses – bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung Stellung genommen:
„1. Für die Darstellung einer Steuerhinterziehung in den Urteilsgründen ist es erforderlich, dass das Urteil erkennen lässt, welches steuerlich erhebliche Verhalten des Angeklagten im Rahmen welcher Abgabenart und in welchem Besteuerungszeitraum zu einer Steuerverkürzung geführt hat und welche innere Einstellung der Angeklagte dazu hatte. Hierfür bedarf es regelmäßig der Angabe, wann der Angeklagte welche Steuererklärungen abgegeben hat, welche Umsätze oder Einkünfte er etwa verschwiegen oder welche unberechtigten Vorsteuerabzüge oder Betriebsausgaben er geltend gemacht hat sowie – für die Frage der Tatvollendung – ob und ggf. mit welchem Inhalt Steuerbescheide erlassen worden sind. In den Urteilsgründen ist gleichfalls festzustellen, welche Tatsachen eine zutreffende Steuererklärung hätte enthalten müssen und welche Steuer aufgrund des festgestellten Sachverhalts geschuldet war. Denn erst aus einer solchen Gegenüberstellung der geschuldeten und der festgesetzten Steuer ergibt sich die verkürzte Steuer (vgl. Jäger, in Klein, AO16, § 370 Rn. 462 m.w.N.). Liegt dem Angeklagten eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO zur Last, sind in den Urteilsgründen diejenigen Umstände festzustellen, aus denen sich ergibt, dass der Angeklagte zur Abgabe der fraglichen Steuererklärung verpflichtet war. Sodann sind die Tatsachen mitzuteilen, aus denen sich die Höhe der durch die pflichtwidrige Nichtabgabe der Erklärung hinterzogenen Steuer ergibt (vgl. Senat a.a.O.; Jäger, in Klein, AO16, § 370 Rn. 463 m.w.N.).
Im Rahmen der Berechnungsdarstellung wiederum müssen die Urteilsgründe nicht nur die Summe der verkürzten Steuern, sondern auch im Einzelnen deren Berechnung enthalten, und zwar für jede Steuerart und jeden Steuerabschnitt gesondert unter Angabe der Besteuerungsgrundlagen. Dabei sind jedenfalls die Parameter anzugeben, welche die Grundlage für die Steuerberechnung bilden; dies gilt auch bei Steuerhinterziehung durch Unterlassen. Der Tatrichter hat für jede Steuerart und jeden Besteuerungszeitraum unter Schuldgesichtspunkten so klare Feststellungen zu treffen, dass sowohl die dem Schuldspruch zugrundeliegenden Besteuerungsgrundlagen als auch die Berechnung der verkürzten Steuern der Höhe nach erkennbar werden. Mitzuteilen sind jedenfalls diejenigen Tatsachen, die den staatlichen Steueranspruch begründen, und diejenigen, die für die Höhe der geschuldeten und verkürzten Steuern von Bedeutung sind. Bloße tabellarische Aufstellungen, anhand deren sich die Berechnungen nicht nachvollziehen lassen, sind ebenso unzureichend wie Bezugnahme auf eine dem Urteil nicht beigefügte Anlage (vgl. Senat a.a.O.; Jäger a.a.O., Rn. 466 m.w.N.). Die Urteilsgründe müssen vielmehr erkennen lassen, dass das Gericht die materiellen Steueransprüche, über deren Verkürzung zu entscheiden ist, dem Grunde und der Höhe nach selbständig geprüft hat (vgl. Senat a.a.O.; Jäger a.a.O., Rn. 468 m.w.N.).
Dies gilt auch in Schätzungsfällen. Dabei ist die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen im Steuerstrafverfahren (§ 261 StPO) zulässig, wenn zwar feststeht, dass der Steuerpflichtige einen Besteuerungstatbestand erfüllt hat, aber ungewiss ist, welches Ausmaß die Besteuerungsgrundlagen haben. Bei der Entscheidung, welche Schätzungsmethode dem vorgegebenen Ziel, der Wirklichkeit durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen möglichst nahe zu kommen, am besten gerecht wird, kommt dem Tatgericht ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. Senat a.a.O.; Jäger a.a.O., Rn. 96a m.w.N.). Erweist sich eine konkrete Ermittlung als nicht möglich und kommen ausgehend von der vorhandenen Tatsachenbasis andere Schätzungsmethoden nicht in Betracht, weil es an Belegen, Aufzeichnungen oder an sonstigen Buchhaltungsunterlagen fehlt, darf der Tatrichter die Besteuerungsgrundlagen auch pauschal und gestützt auf die Richtsatzsammlung des Bundesministeriums für Finanzen schätzen. Bei der Zugrundelegung des Mittelsatzes aus der amtlichen Richtsatzsammlung muss der Tatrichter in den Urteilsgründen jedoch ausführen, aufgrund welcher Anknüpfungstatsachen er davon überzeugt ist, dass es sich um einen Betrieb handelt, bei dem jedenfalls dieser Mittelsatz erreicht ist. Jedenfalls müssen auch bei einer Schätzung nach der Richtsatzsammlung des Bundesministeriums für Finanzen die festgestellten Umstände des Einzelfalls in den Blick genommen werden. Der Tatrichter muss erkennen lassen, dass er die örtlichen Verhältnisse und – soweit vorhanden – die Besonderheiten des Betriebes in den Blick genommen hat. Soweit Zweifel verbleiben, darf der Tatrichter aber andererseits auch nicht ohne Weiteres einen als wahrscheinlich angesehenen Wert aus der Richtsatzsammlung zugrunde legen, sondern muss einen als erwiesen angesehenen Mindestschuldumfang feststellen. Auch in diesem Kontext gilt: Der Tatrichter darf Schätzungen der Finanzbehörden nur dann übernehmen, wenn er selbst von ihrer Richtigkeit unter Berücksichtigung der vom Besteuerungsverfahren abweichenden strafrechtlichen Verfahrensgrundsätze überzeugt ist. Er darf weder Betriebsprüfungs- oder Fahndungsberichte noch das Berechnungsergebnis eines als Zeugen gehörten Finanzbeamten ungeprüft übernehmen noch darf er auf solche Beweismittel in den Urteilsgründen lediglich verweisen. Vielmehr hat er die Schätzungsgrundlagen und das Ergebnis der eigenen Berechnung in den Urteilsgründen für das Revisionsgericht nachvollziehbar mitzuteilen (vgl. Senat a.a.O.; Jäger a.a.O., Rn. 96b m.w.N.).
2. Diesen Anforderungen wird das Urteil nicht gerecht…..“