Und als zweite Entscheidung kommt hier dann der VGH Mannheim, Beschl. v. 01.08.2022 – 2 S 437/22 – zur sitzungspolizeilichen Anordnung wegen Corona. Gestritten wird um die sitzungspolizeiliche Anordnung einer Einzelrichterin einer Kammer des VG Freibur. Die hatte
„auf der Grundlage von § 176 Abs. 1 GVG Folgendes bestimmt:
1. 3-G Regel: Die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung ist für gegen COVID-19 geimpfte oder von COVID-19 genesene Personen gestattet.
Nicht immunisierten Personen ist die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung nur nach Vorlage eines auf sie ausgestellten Antigen- oder PCR-Testnachweises mit negativem Ergebnis gestattet. Die zugrundeliegende Testung darf im Falle eines Antigen-Schnelltests maximal 24 Stunden, im Falle eines PCR-Tests maximal 48 Stunden zurückliegen. Ein Testnachweis ist ein Nachweis über einen Test, der von einem der folgenden Leistungserbringer vorgenommen oder überwacht wurde.
Zur Vornahme oder Überwachung des Tests sind berechtigt:
• die zuständigen Stellen des öffentlichen Gesundheitsdienstes und die von ihnen betriebenen Testzentren,
• die von diesen Stellen als weitere Leistungserbringer beauftragten Dritten und
• Arztpraxen, Zahnarztpraxen, Apotheken, medizinische Labore, Rettungs- und Hilfsorganisationen, und die von den Kassenärztlichen Vereinigungen betriebenen Testzentren.
Der Impf-, Genesenen- oder Testnachweis ist zur Kontrolle bereitzuhalten.
2. Abstandsgebot…
3. Mund-Nasen-Schutz
Die Beteiligten und ihre Bevollmächtigten sowie Zeugen, Sachverständige und Dolmetscher und die als Teil der Öffentlichkeit an der mündlichen Verhandlung teilnehmenden Personen haben im Gerichtssaal einen Atemschutz, welcher die Anforderungen der Standards FFP2 (DIN EN 149:2001), KN95, N95 oder eines vergleichbaren Standards erfüllt, zu tragen.“
Gegen diese Anordnung hatte der Kläger, der Rechtsanwalt ist und sich in dem Verfahren vor dem VG, in dem er sich gegen die Zahlung eines Rundfunkbeitrags wandte und die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht für eine Zweitwohnung rückwirkend ab 01.01.2013 begehrte, Beschwerde eingelegt. Ohne Erfolg. Hier die Leitsätze zu der Entscheidung:
1. Ein Rechtsbehelf gegen eine auf § 176 GVG gestützte sitzungspolizeiliche Anordnung ist grundsätzlich nicht statthaft.
2. Eine Ausnahme gilt, wenn der sitzungspolizeilichen Anordnung eine über die Dauer der Hauptverhandlung oder sogar über die Rechtskraft des Urteils hinausgehende Wirkung zukommt und Grundrechte oder andere Rechtspositionen des von einer sitzungspolizeilichen Maßnahme Betroffenen dauerhaft tangiert und beeinträchtigt werden.
3. Es ist nicht zu beansatnden, wenn ein Gericht eine Testung von Verfahrensbeteiligten zumindest mit einem Antigen- oder PCR-Test für geeignet hält/hielt, um das Risiko einer Ansteckung mit dem Corona-Virus SARS-Cov-2 während der mündlichen Verhandlung zu reduzieren.
Die Entscheidung/Grundsätze gelten nicht nur im Verwaltungsgerichtsverfahren, sondern auch im Straf- und/oder Zivilverfahren.